1603 - Der Geistertänzer
Kommode und zog die oberste der drei Schubladen auf. Sie griff hinein und umfasste etwas mit beiden Händen.
Erst als sie sich umdrehte, sah Isabel, was sie da hervorgeholt hatte.
Es war eine Kugel aus bläulichem Glas.
Sie lächelte Und kam mit dem Gegenstand zum Tisch, an dem die Besucherin noch immer saß. Isabel schaute zu, wie die Kugel auf den Tisch gestellt wurde. Dabei fand sie ihren Platz in einer flachen Schale.
Isabel versuchte zu lächeln. Der Anblick der Kugel befremdete sie etwas.
Darin sah sie alle Vorurteile bestätigt. Es war schon zum Schmunzeln, doch als sie den ernsten Ausdruck im Gesicht der Frau sah, da riss sie sich zusammen und wagte nicht, auch nur eine Frage zu stellen.
Paula Ashley nahm wieder Platz. Die Kugel berührte sie nicht. Sie schaute an ihr vorbei auf ihren Gast.
»Ich weiß, was du denkst, Isabel, aber es ist keine Schau. Ich brauche die Kugel, um einen Mittler zu haben.«
»Ich sage ja nichts.«
»Ich habe dein Befremden gespürt.«
»Tut mir leid.«
»Das braucht es nicht.« Paula lächelte. Dann sagte sie: »So, ich werde jetzt versuchen, Julius Crane in der anderen Sphäre zu finden. Dazu muss ich Ruhe haben, weil ich mich so stark konzentrieren muss.«
»Ich verstehe.«
Die Garderobiere hob den Blick. »Hast du noch einen besonderen Wunsch, den ich Julius mitteilen soll?«
»Nein, den habe ich nicht.«
»Dann ist es gut. Wir können beginnen und wollen hoffen, dass uns der Geist hört…«
Es war verrückt. Es war einfach unglaublich. Noch vor vierundzwanzig Stunden hätte sich Isabel nicht vorstellen können, einer Seance beizuwohnen. Das sah jetzt anders aus, und sie musste zugeben, dass sie daran zu glauben begann.
Das Leben ging schon seltsame Wege…
***
Wir hatten die Adresse der Tänzerin herausgefunden und auch ihre Telefonnummer.
Über das Telefon hatte sie sich nicht gemeldet, und so war uns nichts anderes übrig geblieben, als uns auf den Weg zu machen, was uns nicht mal unlieb war, denn über der Stadt stand eine wunderbare Wintersonne und durchbrach mit ihrer Wärme die eiskalte Luft, sodass an vielen Stellen der Schnee taute und auch das Eis allmählich schmolz.
Wir mussten raus nach Kensington. Beide wunderten wir uns, dass die Tänzerin in diesem schon recht teuren Stadtteil wohnte. Sie schien am Theater eine gute Gage zu beziehen.
Eine knappe halbe Stunde später waren wir schlauer. Isabel Kessler lebte nicht in einer der teuren Altbauwohnungen und war auch nicht die Besitzerin eines prächtigen Hauses, nein, sie lebte etwas versteckt in einer Seitengasse, die recht schattig war, sodass sich auf der Fahrbahn noch eine Eisschicht hatte halten können und Suko deswegen sehr vorsichtig lenken musste.
Mein Blick war auf die linke Seite gerichtet. Hier standen kleinere Häuser, wobei jedes Haus einen Vorgarten hatte, den der Winter in eine eisige Starre versetzt hatte.
Es war das letzte Haus in der Gasse. Und es sah so aus wie die anderen. Eigentlich hätte man mehr aus diesem kleinen Gebiet machen können, dann aber wären die alten Häuser verschwunden und damit auch der Charme dieser Umgebung.
»Wie schön«, lobte Suko. »Es gibt sogar einen Parkplatz, und das direkt vor den Haus.«
Es war wirklich selten, dass wir in London so schnell einen Parkplatz fanden.
Ich stieg zuerst aus. Um die Treppe vor der Haustür zu erreichen, musste ich den Vorgarten durchqueren, dessen Pflanzen in einem winterlichen Tiefschlaf lagen.
Ein Tor, das erst aufgeschoben werden musste, gab es hier nicht. Wir konnten den Garten vom Gehsteig aus betreten und dann auf die dreistufige Treppe vor der Haustür zugehen.
Wir hatten sie noch nicht erreicht, als die Tür geöffnet wurde. Eine recht dünne Frau mit hellblond gefärbten Haaren schaute uns entgegen, und wir wussten sofort, dass es nicht Isabel Kessler war, die da auf uns wartete.
Da die Sonne gegen das Haus schien, fror sie auch nicht. Sie schaute uns nur aus ihren Falkenaugen entgegen und hielt dabei die Arme vor der Brust verschränkt. Eine Haltung, die auf Abwehr hindeutete. Sehr willkommen waren wir hier nicht.
Ich lächelte, hob die Hand und sprach im Gehen. »Isabel Kessler sind Sie nicht?«
»Richtig. Und wer sind Sie?«
Ich hielt ihr meinen Ausweis entgegen, sagte Sukos und meinen Namen und sah, wie die Frau zusammenzuckte. Das musste nicht unbedingt auf ein schlechtes Gewissen hindeuten.
»Was will denn Scotland Yard hier?«
»Mit Isabel sprechen.«
»Die ist nicht da.«
»Und wer
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