1603 - In der Toten Zone
und versuchte dann, sich in eine Wandecke auf dem Tisch zu drücken, so daß er nicht in der Schwerelosigkeit abgetrieben werden konnte. „Ich muß nachdenken, Ma. Ich müßte wissen, was überhaupt passiert ist. Das Schiff fiel aus dem Hyperraum, etwas mehr als zehn Lichttage von Shakar entfernt. Gleichzeitig fielen wahrscheinlich alle Systeme aus, die technische 5-D-Komponenten enthalten. Sogar die beiden Syntroniken des SAL-Diskus gaben ihren Geist auf, und die Scheibe reagierte völlig unkontrolliert auf die letzten Steuerbefehle."
„Ich glaube, du beurteilst das richtig." Rhea sagte das mehr aus dem Grund, um ihrem Sohn Mut zu machen, denn von 5-D-Komponenten verstand sie nicht viel. „Allerdings ist mir eins ein Rätsel: Die Syntroniken des Diskus stehen doch in keiner Verbindung mit dem Raumschiff."
„Der Einfluß muß alle Systeme erfaßt haben. Der Hauptsyntron ist nur ein Opfer der Katastrophe."
„So könnte es sein."
„Wenn meine Beurteilung richtig ist", überlegte der Junge weiter, „dann bedeutet das, daß wir keinen Hyperantrieb mehr haben, keine künstliche Schwerkraft, keinen funktionsfähigen Syntron, keinen Hyperfunksender, um Hilfe zu rufen und vieles andere mehr. Sicher gibt es Folgefehler, die durch die Ausfälle bewirkt worden sind. Wir müssen völlig umdenken, um unsere Lage wenigstens einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen."
Er stieß sich ab und glitt hinüber zum Pilotenstand. Mehr als drei Viertel aller Anzeigen waren dunkel. Angus hielt sich mit einer Hand am Rand des Pultes fest und betätigte mit der anderen verschiedene Kontrollen.
Tatsächlich flammten ein paar Bildschirme mit Daten auf. Rhea wartete mehrere Minuten geduldig im Hintergrund. „Ma, es ist wohl so, wie ich vermutet habe", rief er schließlich. „Es funktionieren weitgehend all die Teilsysteme, die entweder vom Bordsyntron völlig unabhängig sind oder sich automatisch auf Eigensteuerung umgeschaltet haben, als die Anweisungen des Syntrons ausblieben. Andere Systeme konnte ich jetzt wieder in Betrieb nehmen, aber einige bleiben tot und stumm. Das bedeutet zum Beispiel, daß ich die Klimaanlage wieder aktivieren konnte und daß wir Energievorräte für mehrere Jahre haben."
„Für mehrere Jahre?" fragte Rhea verständnislos. „Es ist logisch", sagte Angus, „daß wir die Energiemengen nicht brauchen. Ich wollte nur sagen, daß die Vorräte vorhanden sind. Einen Ausweg aus unserer Lage sehe ich noch nicht, denn es steht fest, daß kein Antriebssystem mehr anspricht. Auch nicht für den Unterlichtflug, obwohl er 5-Dunabhängig ist. Aber ich weiß, was wir tun müssen."
Die Frau glitt zu ihrem Sohn und klammerte sich mit dem gesunden Arm an ihn. Ihre Augen funkelten unruhig. „Ich möchte noch nicht sterben", keuchte sie. „Und schon gar nicht hier in der Einsamkeit des Weltraums und in diesem Raumschiff neben dem toten Körper meines Mannes. Verstehst du das?"
„Natürlich, Ma. Bitte, bleib so ruhig, wie es nur geht! Panik hilft uns nicht. Nimm lieber noch einen Transquilator. Und dann laß uns einen notwendigen Schritt nach dem anderen tun. Ich sehe ein paar Möglichkeiten."
Rhea befolgte den Rat ihres Sohnes und kramte einen kleinen Behälter aus der Brusttasche. Sie holte vorsichtig eine kleine Pille heraus und schluckte sie hinunter. „Du auch?" Sie hielt ihm das Döschen hin. „Nein, danke", wehrte Angus ab. „Ich verzichte lieber auf das Zeug."
Er stieß sich vorsichtig ab und ruderte zu einem Wandschrank. Kurz darauf hielt er eine Taschenleuchte in der Hand. „Wir müssen umdenken, Ma", erklärte er. „Uns helfen nur solche Einrichtungen, die keine 5-D-Technik enthalten. Ein paar solche Sachen haben wir an Bord. Ich hoffe, daß die alten positronischen Systeme nicht von der Katastrophe betroffen sind. Positronentechnik ist schließlich keine 5-D-Technik. Ist das klar, Ma?"
„Ich verstehe nichts", gab sie zu. „Erinnerst du dich an den Roboter Xero?"
„Nein, Angus."
„Dad hat ihn einmal einem uralten Siganesen abgekauft. Er muß noch desaktiviert irgendwo in den unteren Lagerräumen herumstehen. Oder besser gesagt: herumschweben. Xero war einmal ein Meisterwerk mit einem großen Anteil siganesischer Mikrotechnik. Durch die Technik der Syntroniken ist er hoffnungslos veraltet, aber gerade das könnte uns jetzt nützen."
Die Frau antwortete nichts. „Wir haben auch ein paar alte Raumanzüge an Bord", fuhr der Junge fort. „Dad wollte sie an ein Museum der Ontaker verkaufen,
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