1609 - Shaos Rachetour
es sehen?«
»Natürlich. Es gehört dir. Du bist seine rechtmäßige Besitzerin, Shao. Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dich lebend erreicht zu haben. Es hätte auch leicht anders ausgehen können.«
»Das habe ich ja gesehen.« Shao kam zurück zum Thema. »Und wo, bitte, hast du es versteckt?«
Er deutete ein Nicken an, bewegte danach seinen rechten Arm und ließ die Hand in die Tasche gleiten.
Shao sagte nichts. Sie spürte nur, dass sich in ihr eine fieberhafte Spannung aufgebaut hatte. Hinter ihrer Stirn tuckerte es, und sie merkte auch, dass sich ein leichter Schweißfilm auf ihrer Haut gebildet hatte. Sie hatte das Gefühl, an einem entscheidenden Punkt ihres bisherigen Lebens zu stehen.
Niemand vom Zoll hatte auf den Gegenstand geachtet, den der junge Mann in seiner Tasche gehabt hatte. Er war noch nicht zu erkennen, denn ein weiches, schwarzes Tuch verbarg ihn.
Behutsam legte er das Kleinod auf den Tisch. Er schien etwas traurig zu sein, weil er es abgeben musste. Zumindest hatte Shao diesen Eindruck.
»Da ist es, Shao!«
Noch zögerte sie und fragte mit leiser Stimme: »Darf ich es denn an mich nehmen?«
»Ich bitte darum.«
Shao nickte. Die Aufregung in ihr war gestiegen. In ihrem Kopf verspürte sie einen leichten Druck.
Dann griff sie nach dem Gegenstand, hob ihn an, legte ihn auf ihren Schoß und begann damit, ihn behutsam auszupacken…
***
Es kam nicht oft vor, dass unser Freund Chiefinspektor Tanner mit Suko und mir in unserem Büro saß, Kaffee trank und auch einen Schluck Whisky. Zur Feier des Tages hatte er praktisch darauf bestanden und auch dass ich mit ihm anstieß. Suko trank keinen Alkohol, er würde auch noch fahren müssen.
Glenda Perkins saß ebenfalls bei uns, trank auch, aber sie hielt sich an Wasser.
Tanner, der auch diesmal seinen grauen Hut nicht abgenommen hatte, stieß mir seine Hand mit dem Glas entgegen.
»Cheers und darauf, dass ihr es geschafft habt, London von dieser Bestie zu befreien.«
Damit hatte er den siebenfachen Frauenmörder gemeint, den wir zum Glück gestellt hatten. Dieser Riddick war ein Mensch gewesen, der die Hölle und den Teufel hatte erleben wollen. Der letzte Schritt war ihm nicht gelungen, denn er hatte sich als siebtes Opfer ausgerechnet eine Hexe ausgesucht. Und das war sein großes Pech gewesen.
Suko und ich hatten allerdings nicht viel dazu beigetragen, ihn zu stellen.
Zuletzt war alles anders gelaufen, aber es war uns gelungen, den Fall zu lösen.
Wir tranken das edle Gesöff aus Wassergläsern natürlich ohne Eis, um den vollen Geschmack genießen zu können.
Es gab keinen von uns, der nicht entspannt gewesen wäre, denn der letzte Fall hatte Nerven gekostet. Aber in London brauchte keine Frau mehr Angst vor diesem Killer zu haben.
Tanner nickte, als er sein Glas auf meinen Schreibtisch stellte.
»Ihr glaubt nicht, wie mir dieser Fall im Magen gelegen hat. Aber jetzt ist er gelöst, und ich hoffe, dass sich so etwas nicht so schnell wiederholt.«
Da waren wir einer Meinung.
Die Aussagen waren gemacht worden, die Protokolle geschrieben. Und die kleine Feier hier im Büro konnten wir uns ruhig gönnen.
»Was liegt denn für euch als Nächstes an?« wollte Tanner wissen und genehmigte sich wieder einen Schluck.
Ich sah Suko an, der den Kopf schüttelte, und das Gleiche tat ich auch.
»Im Moment nichts«, sagte ich, »und ich hoffe, dass es auch dabei bleibt.«
»Das verstehe ich.«
Suko übernahm das Wort. »Jedenfalls hoffen wir, dass ein paar ruhige Tage vor uns liegen.«
Glenda Perkins antwortete darauf mit einem Lachen und der folgenden Frage: »Glaubt ihr das wirklich?«
Ich griff nach meinem Glas und hob es an. »Ja, das will ich glauben. Und darauf stoße ich an. Auch dass es in London wieder normal zugeht. Die erste Schneewelle ist vorbei und…«
Glenda unterbrach mich. »Freu dich nicht zu früh, John. Es sind wieder neue Schneefälle angesagt worden.«
»Sicher?«
»Erkundige dich beim Wetterdienst.«
Das ließ ich bleiben. Ich glaubte nicht daran, dass Glenda mir etwas Falsches erzählte. Aber ich wusste auch, dass wir uns kaum ausruhen konnten, und deshalb lohnte es sich nicht, dass wir uns auf ein paar ruhige Tage freuten.
»Macht, was ihr wollt«, sagte Tanner.
»Ich verschwinde jetzt. Meiner Frau habe ich versprochen, früh zu Hause zu sein, und dieses Versprechen werde ich einhalten. Ich will sie nicht schon wieder enttäuschen wie so oft.«
Er griff noch mal nach seinem Glas und leerte es
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