1609 - Shaos Rachetour
Dinge nicht gehören. Aber Ihnen stehen sie zu.«
»Und was?«
Kenny gab keine direkte Antwort. »Es ist ein Instrument der Macht, und es darf nur einer Person gehören.«
»Und das bin ich?«
»So ist es.«
Shao lächelte. »Dann hängt es mit meiner Vergangenheit oder Herkunft zusammen?«
Kenny Han schaute sie sehr ernst an.
»Damit liegen Sie genau richtig, und ich bin gekommen, um es Ihnen zu übergeben.«
Shao nickte und überlegte. Zwar hatte sie einiges erfahren, aber das meiste blieb noch im Dunkeln.
Sie sah, dass Kenny Han seine Nervosität noch nicht verloren hatte. Nur der Blick war nicht mehr unstet wie noch bei seiner Ankunft.
»Worum geht es denn?«, fragte sie.
»Um eine große Macht.«
Shaos Lippen zuckten, ohne dass sie lächelte. Leise fragte sie: »Und was genau wollen Sie mir überbringen?«
Kenny beugte sich vor. Seine Stimme zitterte plötzlich.
»Es ist das Licht.«
»Bitte?«
»Ja, Sie haben schon richtig verstanden. Es ist das Licht oder die Kraft. Das wunderbare Strahlen, das darin eingefangen wurde. Es ist ein kleines Wunder.«
Shao hatte die Sätze gehört und versuchte, im Gesicht des Mannes zu lesen. Sie wusste nicht, ob er es ehrlich meinte, aber wenn die Augen der Spiegel der Seele eines Menschen sind, so sah sie deutlich, dass diese Augen ehrlich blickten. Sie erkannte keine Falschheit darin.
Lächelnd fragte sie: »Darf ich denn mehr wissen?«
»Warum nicht? Es ist das alte Erbe der Sonnengöttin. Man nennt es auch das Auge der Amaterasu.«
Jetzt war es heraus.
Und nicht nur Shaos Besucher saß starr. Auch sie selbst rührte sich nicht. Plötzlich hörte sie ihren eigenen Herzschlag überlaut.
Sie war nicht so leicht durcheinanderzubringen, in diesem Fall hatte sie aber das Gefühl, leicht zu schwanken.
Die Worte waren über sie gekommen wie ein Windstoß. Einen Moment glaubte sie sogar, leicht zu schweben, denn was sie gehört hatte, das war in einem gewissen Sinn unglaublich. Sie war die Letzte in der Ahnenreihe der Sonnengöttin Amaterasu. Shao wusste viel über diese mythische Gestalt, die sich noch immer in Gefangenschaft befand, aber es war ihr bisher nicht bekannt gewesen, dass so etwas wie ein Erbe existierte, und zwar dieses Licht, das ihr Besucher das Auge der Amaterasu genannt hatte.
Eine Kraft, irgendwo eingefangen, sehr mächtig, sodass auch andere Personen hinter ihr her waren, sonst hätte man den Boten nicht durch die halbe Welt gejagt.
Sie räusperte sich, um die Kehle frei zu bekommen. Dann erst konnte sie sprechen.
»Ich setze mal den Fall, dass dies alles stimmt, was Sie mir gesagt haben. Dann stelle ich mir die Frage, wie Sie an dieses Auge gekommen sind.«
»Es war nicht schwer. Es hat sich immer im Besitz unserer Familie befunden. Es wurde über Generationen hinweg weitergegeben. Einer aus dem Clan war der Hüter. Und er musste alles dransetzen, um es der wahren Besitzerin zurückzugeben.« Kenny schüttelte den Kopf.
»Pardon. Ich habe mich nicht korrekt ausgedrückt. Wir haben in unserer Familie über lange Zeit hinweg gesucht. Aber nie ist jemand gefunden worden, der würdig war. Aber wir wussten, dass jemand existiert, der dafür infrage kommt. Und die Suche hat sich ja gelohnt. Ich sitze jetzt vor dir. Ja, du bist die wahre Bestimmung.«
Shao räusperte sich. Sie war noch immer leicht durcheinander, auch wenn die Erklärung sich logisch angehört hatte. Aber hierbei das richtige Maß zu finden war schon schwer. Mit verlegenen Gesten strich sie sich immer wieder durch das Gesicht und schluckte auch, obwohl sie nichts im Mund hatte.
»Das ist natürlich schwer zu glauben«, murmelte sie. »Es - es - kommt alles so überraschend für mich.«
»Ja, das weiß ich. Nur…«, er hob die Schultern, »… musst auch du mich verstehen. Ich durfte keine Spuren hinterlassen. Hätte ich dich angerufen, ich weiß nicht, ob du mir geglaubt hättest. Wahrscheinlich nicht. Und so habe ich nur die eine Möglichkeit gesehen, dich aufzusuchen. Ich darf dich doch duzen, oder?«
»Sicher.«
»Danke.«
Kenny Han war sehr höflich und zugleich respektvoll. Da passte alles zusammen und sie sah keinen Grund, ihm nicht zu trauen. Auch wenn sich Shao noch immer nicht damit abfinden konnte. Einige Male leckte sie mit der Zungenspitze über ihre Lippen, dann nickte sie ihrem Besucher zu.
»Wenn das alles stimmt, was du mir da gesagt hast, dann muss ich davon ausgehen, dass du dieses Auge der Amaterasu bei dir hast.«
»Das stimmt.«
»Und ich darf
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