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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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englischen Weilers hinaus. Gänse und Schweine stieben mir lautstark aus dem Weg. Ich beschattete meine Augen vor dem Licht des Himmels, der nach dem Regen strahlendblau geworden war. Suor Caterina, blickt vom Himmel zu uns herab, und sagt mir, ob Ihr richtig gerechnet habt …
    Ich zog einen Korb mit Kohlköpfen zu mir heran, den ich mir hatte bringen lassen. Dann nahm ich einen der Kohlköpfe, warf ihn hoch in die Luft und sah, wie die Bauern die Köpfe hoben, um ihn zu beobachten.
    Sonnenlicht spiegelte sich auf blankem Metall wie auf einem Spiegel, als Monsieur Saburos gekrümmte Klinge den Kohlkopf im Flug in zwei Hälften teilte …
    Wieder blitzte Metall auf, zwei Mal, gefolgt von geräuschvollem Knirschen: Darioles Rapier und Dolch spießten die beiden Hälften auf, bevor sie den Boden berührten.
    Sie hielt ihre aufgespießte Beute in die Höhe und grinste triumphierend. Die gut fünfzig versammelten Bauern lachten ausgelassen und applaudierten.
    Das reichte, um die Leute dazu zu motivieren, sich das Duell zwischen Dariole und dem Samurai anzuschauen. Die Bauern bildeten einen Kreis im Gras, tranken Bier und debattierten lautstark die Vorzüge von Breitschwert, Rapier und dieser seltsamen, fremden Klinge. Während ich hinter den Zuschauern entlangging, hörte ich technische Fachausdrücke, die schon seit dreißig Jahren nicht mehr in Gebrauch waren.
    Niemand schenkte mir sonderlich viel Aufmerksamkeit; man ging davon aus, dass ich gerade mit der Vorbereitung irgendeines anderen Teils der Schau beschäftigt war. Ich stieg den Kirchturm hinauf und beschattete meine Augen, um über das Land zu blicken. Norden, Osten, Süden, Westen … in diesem flachen Land kann man meilenweit sehen.
    Nirgends fand sich eine Spur unserer Verfolger, keine Reiter am Horizont.
    Habt Ihr Recht gehabt, Suor Caterina? Ist es wirklich so merkwürdig, so unwahrscheinlich, dass sie uns auf dem Weg nach Bristol überholt haben oder im falschen Teil der Sümpfe nach uns suchen, weil sie unsere Spur verloren haben? Oder wollen die Jäger einfach vermeiden, dass ihre Beute sie sieht, bevor sie zuschlagen?
    Aus dieser Höhe sah ich Dariole und Sabino als zwei winzige Gestalten, die sich duellierten: Dariole sprang beim Kämpfen umher und genoss sichtlich den seltsamen Kampf mit einer geraden gegen eine krumme Klinge, während Saburo mit seinen Bewegungen haushielt und bei seinen Hieben auf größtmögliche Effektivität achtete. Ich stieg wieder hinunter. Die beiden näherten sich dem Ende ihrer Übung. Saburo stand breitbeinig auf dem Gras, den Oberkörper gerade und die Klinge hoch erhoben. Dariole hingegen kauerte in Kampfstellung und schützte den Bauch mit Dolch und Rapier.
    Er schlug zu. Sie bewegte sich. Alles in nur einer Sekunde. Kattanklinge und Rapier trennten sich, als die beiden voneinander wegsprangen und mit Applaus belohnt wurden. Der Samurai steckte seine Schwerter weg und verschränkte die Arme vor der Brust, während Dariole sich auf eine blumige Art vor den Dörflern verneigte, wie sie sie nur von den Schauspielern im The Rose hatte lernen können.
    Sie kam zu mir. »Der König wird seinen Monolog aus dem Maskenspiel halten. Und was werdet Ihr tun?«
    »Ich, Mademoiselle?«
    Sie lächelte mich an. »Erzählt mir jetzt nicht, Ihr hättet noch nicht darüber nachgedacht, Messire.«
    Ihre Haltung strahlte etwas aus, das mich glauben ließ, sie ging davon aus, dass mir die Knie unterm Rock schlotterten. Ich verneigte mich vor ihr. Der Applaus verstummte, und ich ging an ihr vorbei in die improvisierte Arena.
    Man hat mich noch nie für meine schauspielerischen Talente gelobt – abgesehen von jenen Fähigkeiten, wie sie in meiner Profession normal sind –, aber das ein oder andere lernt man auch in der Armee. Da ich annahm, dass Seine Majestät ernsthaft beleidigt sein würde, wenn er nicht als Letzter und Bester an die Reihe kam, baute ich mich einfach vor den Bauern auf und sang ihnen ein schier unglaublich schmutziges Trinklied vor, das ich in den Niederlanden gelernt hatte.
    Wie sich herausstellte, war dieser Ort der Zeit tatsächlich so weit hinterher, wie ich vermutet hatte, und so reichte das Lied, um mir Beifall einzubringen.
    Ich blickte über die Köpfe hinweg und sah Dariole auf der uralten Friedhofsmauer sitzen und mich beobachten. Sie winkte mir, weiter zu singen.
    Als zweites sang ich ein Klagelied.
    In Tavernen und Feldlagern habe ich gelernt, dass einem ein Klagelied fast immer Applaus beschert, und diese

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