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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Weiler oder in mehren Meilen Umgebung hatte man uns hierher gebracht.
    »Fahrende Schauspieler?«, wiederholte der Gemeindebüttel Robert Anselm.
    Dariole trat neben mich und lächelte auf eine für einen jungen Mann viel zu gewinnende Art. Entweder glaubte sie, dieser Anselm neige zum englischen Laster (womit sie allerdings den Konservativismus der Bauernschaft weit unterschätzte), oder aber sie war davon überzeugt, dass er sie als Frau erkannt hatte. »Wir werden Eurer Gemeinde nicht auf der Tasche liegen, Sir. Wir befinden uns nur auf der Durchreise.«
    Wie lange waren wir nun schon hier? Eine halbe Stunde laut Kirchenuhr? Das bedeutete, dass Prinz Heinrichs Männer bestenfalls noch zwei Stunden hinter uns waren …
    Anselm, der Büttel, schloss die Kirchentür nicht. Meine Erklärung schien ihm zu gefallen.
    Extravagant genug sehen wir jedenfalls aus, dachte ich und bemühte mich, einen möglichst höflichen Gesichtsausdruck zu bewahren. Und da ich ja eine Begründung für mein seltsames Gewand finden und von hier entkommen musste …
    Verstohlen versuchte ich, mein Haarteil zu richten. Ich nahm an, dass es noch immer annähernd wie das eines Komödianten aussah, die in englischen Schauspielhäusern für gewöhnlich vor dem Hauptstück auftreten.
    »Fahrende Schauspieler?« Diesmal betonte Anselm es ein wenig anders.
    Ich bedachte ihn mit einer Erklärung, wie ich sie bei Aemilia Lanier aufgeschnappt hatte. »In London ist die Pest ausgebrochen. Deshalb ziehen wir es vor, über Land zu ziehen, um uns nicht anzustecken.«
    Saburo, der hinter mir in der Kirchentür stand, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und verzog das Gesicht. Ich glaube, ihm war nicht ganz klar, warum wir hierher gebracht worden waren – was auch ganz gut ist, kommt es so doch nicht zu unnötiger Gewalt. James verbarg sich hinter dem Samurai, beobachtete uns aufmerksam, schwieg aber.
    »Wir wollen nach Bristol weiterreisen«, sagte ich. »Dort wartet ein Schiff auf uns. Nein, wir werden Euch wirklich nicht zur Last fallen.«
    Anselm grunzte auf eine Art, die der von Monsieur Saburo derart ähnlich war, dass ich ein Lächeln hinter meiner Hand verbergen musste. »Dann seid Ihr aber ein gutes Stück vom Weg abgekommen«, bemerkte er.
    »Umso mehr Grund, uns zu beeilen.«
    Der Bauernbüttel verschränkte die Arme vor der Brust und blickte mich spöttisch an. Hinter Anselm sah ich einen Ketzerpriester, der aufgeregt mit den Händen wedelte und in einem unverständlichen Dialekt etwas zu dem Büttel sagte – irgendetwas von ›sündigen Schauspielern in Gottes Haus‹ vermutlich.
    »Ihr seid ein Froschfresser, stimmt's?« Anselm funkelte zu mir hinauf. »Wie kommt es dann, dass Ihr unsere Gemeindegesetze so gut kennt? Ihr seid nicht zufällig schon einmal als Bettler durch die Lande gezogen, oder?«
    »Auf keinen Fall. Bitte. Wenn wir unser Schiff noch bekommen wollen, müssen wir jetzt aufbrechen.«
    Dariole lächelte den Mann strahlend an. »Wir haben Freunde in den Theatern Londons, Sir. Als wir von Frankreich hergekommen sind, haben sie uns gewarnt, uns in den Landgemeinden nicht auspeitschen zu lassen.«
    »Was genau macht Ihr eigentlich?«
    Bevor ich darauf antworten konnte, sagte Dariole: »Wir könnten es Euch zeigen. Sollen wir Euch eine kleine Vorstellung geben, bevor wir nach Bristol weiterziehen? Wir würden auch nicht mehr dafür verlangen als etwas zu essen …«
    Ich habe ja gar nicht gewusst, dass Mademoiselle schon einmal außerhalb von Paris und noch dazu in der Gesellschaft von Bauern gewesen ist. Ihr Tonfall war eine feine Mischung aus Unschuld und Arglist: der listige Schauspieler, der einem Dorf ein paar Zwiebeln und Brotlaibe abschwatzt, während er prahlerisch sein Schauspieltalent zur Schau stellt …
    »Wir alle könnten für Euch spielen!«, fügte sie strahlend hinzu.
    »Hmmm.« Anselm nickte. »Ja … Ich nehme an … o ja …«
    Alle?
    Ich wagte es gar nicht erst, zu James Stuart zu blicken.
    Der Büttel drehte sich um, um sich mit dem Priester zu beraten. In ihrer Gegenwart zügelte ich meine Zunge, doch ich warf Mademoiselle Dariole einen Blick zu, der sie auf den Knien um Verzeihung hätte betteln lassen sollen. Sie grinste mich fröhlich an. Ich konnte nicht anders, als mich zu freuen, dass ihr Selbstbewusstsein zumindest teilweise überlebt hatte – auch wenn diese Freude von einem starken Verlangen begleitet wurde, sie zu ohrfeigen.
    »Bitte, gebt uns einen Augenblick«, sagte sie zu Anselm, »und wir

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