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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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Achsel und zog auch ihn hinter mir her. Ich freute mich an meiner Kraft, die es mir erlaubte, ein solches Gewicht zu schleppen. Das kann sie mir nicht nachmachen! Und nicht nur sie, sondern auch die meisten anderen Männer nicht …
    Es ist keine Übertreibung, wenn ich sage, dass ich von Kopf bis Fuß mit Blut besudelt war. Ich ließ das meine Entschuldigung dafür sein, dass ich bis zur Hüfte in die Wellen watete, bevor ich die Leichen losließ. Dann tauchte ich meinen Kopf unter, schüttelte das Wasser wieder aus meinen Haaren und zitterte im kalten Wind.
    Wie lange es dauern würde, das Blut aus meinen Kleidern zu waschen – oder ob das überhaupt möglich war –, wusste ich nicht, und es kümmerte mich auch kaum. Zitternd stand ich da und erkannte, dass ich meinen Körper nur dieser Kälte ausgesetzt hatte, weil er es gewagt hatte, sich gegen mich aufzulehnen. Denn wenn ich den jungen Mann ansah, der eine junge Frau war, richtete mein Schwanz sich auf, und ich würde eher sterben, als sie das sehen zu lassen.
    Ich blickte über die Wellen aufs Meer hinaus. Gischt und Dunst verbargen den Strand vor der St Willibrod. Die Mannschaft hatte sicherlich nichts von dem mitbekommen, was hier geschehen war. Die Männer würden noch nicht einmal einen Verdacht haben, was das Gefecht betraf – oder die Morde, je nachdem, wie man es betrachtete.
    Kann ich genauso besessen von ihr sein wie zu der Zeit, da ich sie noch für einen Jungen gehalten habe? Unmöglich. Unnatürlich. Das ist pervers!
    Ich kämpfte gegen die Unterströmung an und watete an den Strand zurück. Mademoiselle warf eine Leiche für mich in den Sand, wo die Wellen ihre Stiefel umspülten, und machte kehrt, um eine weitere zu holen. Soll sie ruhig wie ein Mann arbeiten, dachte ich bitter, wo sie Leichen doch so bereitwillig produziert.
    Ich blickte nach unten. Das Haar des Mannes war schon schmutzig-blond gewesen, bevor das Meerwasser es beschmutzt hatte. Er hatte einen kurzgeschorenen Bart, trug ein Flickenwams und eine lederne Pluderhose; zusammen mit einem Rapier, das unmittelbar unter dem extravaganten Stichblatt zerbrochen war. Das Meerwasser färbte seine Kleidung schwarz. Ich kenne seinen Namen nicht, aber nun hat er sein Ende gefunden.
    Dariole erreichte die restlichen Leichen weiter entfernt auf dem Sand. Der Nihonese befand sich zu meiner anderen Seite und stocherte im Tang oberhalb der Flutlinie herum.
    Plötzlich bückt er sich und holte etwas aus dem Seetang heraus. Metall blitzte auf, und Farbe.
    Wild entschlossen schaufelte er den Sand beiseite, als erwarte er, noch mehr zu finden. Dann rannte er bis zu den nächstgelegenen Felsen, trat nach dem Seetang, und da er offenbar nichts gefunden hatte, sank er auf die Knie und stieß einen Schrei der Wut und des Elends aus.
    Ich vermochte nicht zu sagen, ob der Schrei der Qual oder der Angriffslust entsprang. In jedem Fall zog ich sofort mein Rapier und ließ meinen Blick über den Strand schweifen.
    Dariole – windabwärts und zu weit entfernt, als dass sie den Schrei über das Meeresrauschen hinweg hätte hören können – folgte den Spuren der andalusischen Stute über den nassen Sand. Sie blickte nicht in unsere Richtung.
    Außer uns waren nur die Leichen am Strand zu sehen.
    Der Fremde schrie erneut.
    Ich konnte sein Schwert nicht sehen und wusste auch nicht, wo er es hingesteckt haben könnte. Ich packte mein eigenes Heft mit festem Griff – wohlwissend, dass ich nicht den geringsten Anhaltspunkt hatte, um seine Reaktion zu deuten. Ich stapfte durch den Seetang auf den Strand.
    Ein Mann mit einem Schwert ist eine Quelle körperlicher Gefahr; das gilt überall auf der Welt. Wie verstört er war, schloss ich aus der Tatsache, dass es ihn nicht im Mindesten zu kümmern schien, dass ich mich ihm mit blankgezogener Waffe näherte. Er stand auf und klopfte den Sand aus seinen Kleidern. Ich hielt es für angebracht, nichts zu seiner mangelnden Selbstbeherrschung zu bemerken; er sah ohnehin verlegen aus.
    Was er in der Hand hielt, war ein Helm. Der Stahl war seltsam gefärbt und noch merkwürdiger geflochten, dennoch war es ein Helm.
    Er blickte zu mir hinauf. Wie als Anmerkung zu etwas, was niemand ausgesprochen hatte, sagte er: »Ihr seid sehr groß, selbst für einen Gaijin.«
    »Ja«, stimmte ich ihm ernst zu.
    Dann sagte er etwas, was ich nicht verstand. Ich musste ihn bitten, es noch mehrmals zu wiederholen, bevor ich es richtig gehört hatte. Es war sein Name. »Tanaka

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