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1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist

Titel: 1610 Teil 1 - Der letzte Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Gentle
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erneut. »Eine Frau hätte ich nie … Ich habe es noch nie nötig gehabt, eine Frau zu zwingen …!«
    Sie stieß ein hohes Lachen aus.
    Der Wind zerrte an ihrem Wams. Im einen Augenblick sah ich einen halberwachsenen jungen Mann mit leicht weiblichen Zügen und im nächsten eine Frau von mittlerer Größe, mit monströs kurzgeschnittenem Haar und die Beine durch die Hose obszön zur Schau gestellt.
    Ich nehme an, dass es nicht eine Dame an Heinrichs Hof gibt, die sich nicht schon einmal als Page verkleidet hat, um ihrem Geliebten bei einem Duell zuzuschauen oder einem Stelldichein im Umfeld des Palastes eine gewisse Würze zu verleihen. Angetrieben von natürlichem Widerwillen dachte ich: Immerhin verfügen diese Frauen aber über genügend Anstand, das Schauspiel aufzugeben, nachdem sie ihr Ziel erreicht haben.
    Ich trat von den tückischen Felsen herunter, sank tief in den Sand ein, und das Salzwasser spülte um meine Fesseln.
    »Du bist ein netter Leckerbissen für den Gaumen eines übersättigten Mannes«, sagte ich deutlich genug, dass sie mich nicht missverstehen konnte. »Hast du dabei dieses Hurenstück gelernt? Hat ›Messire Dariole‹ sich solcher Tricks bedient, wann immer er Geld benötigt hat? Du warst sicher sehr beliebt mit deinem Jungenarsch und der Weiberfotze!«
    Sie folgte mir zum Rand der Felsen, nahm dort Haltung an, hob das Kinn und blickte mir in die Augen. »Ich bin keine Hure. Ich bin ein Fechter.«
    Ich hatte gehofft, sie wieder erröten zu sehen, doch stattdessen wirkte sie zufrieden. Ich erkannte, dass auf diesem unsicheren Untergrund ihr Gleichgewicht vom Bauch ausging. Normalerweise ging sie wie ein Mann aus der Schulter heraus. Als sie gegen mich gekämpft hat, hätte ich es bereits vermuten müssen. Aber Männer nehmen an …
    »Aber natürlich habe ich dieses ›Hurenstück‹ von einer Hure gelernt, Messire. Die Mädchen in Les Halles sind ausgesprochen hilfsbereit. Glaubt Ihr etwa, ich will ein Kind bekommen?«
    Es gelang mir, trocken zu klingen. »Bei dem, was wir versucht haben, wird das mit Sicherheit nicht passieren.«
    Trotz lange ausgelebter Wollust habe ich keine natürlichen Nachkommen – eine Tatsache, für die die meisten verheirateten Frauen dankbar sind, deren Bekanntschaft ich gemacht habe. Und in diesem Augenblick wollte ich Dariole noch nicht einmal darüber spekulieren hören.
    Von hinten erklang eine harte Stimme in stark akzentbehaftetem Englisch.
    »Ihr müsst Euren ungehorsamen Diener Gehorsam lehren, Lady-sama … Wenn er der Diener und nicht Ihr?«
    Der Fremde starrte mich auf eine Art an, die ich bei einem Europäer als Verlegenheit oder Misstrauen gedeutet hätte.
    Dariole senkte das Schwert.
    »Arcadie-Fleurimonde-Henriette de Montargis de la Roncière.« Sie verbeugte sich vor dem Fremden auf männliche Art. »Ihr könnt mich jedoch ruhig ›Dariole‹ nennen. Unter diesem Namen reise ich.«
    Der Fremde grunzte. Verständnis zeigte sich auf seinem Gesicht. »Frauen reisen aus Sicherheit als Mann verkleidet. Ihr seid eine ländliche Samuraifamilie?«
    Dariole warf mir einen Blick zu und fuhr in dem schwerfälligen Englisch fort, dass der Fremde offenbar besser verstand als Spanisch: »Was heißt das? Adel?«
    »Hai. Adel, Samurai, ja.«
    Wer sonst außer dem Adel verfügt über das Geld und die Muße jemanden von Kindesbeinen an im Schwertkampf zu unterweisen? Ihre Familie war mir vage bekannt. Sie war eine von vielen: provinziell, unbedeutend. Nur wenig an der Hofpolitik interessiert hielten diese Familien die Köpfe unten, so weit es Katholiken und Hugenotten betraf. Und vor solch einem prosaischen und konservativen Hintergrund … Was haben sie sich nur dabei gedacht, ihre Tochter zum Fechter auszubilden?
    Der Nihonese bellte mir ins Gesicht: »Du bist ihr Diener? Lehnsmann? Eta? Sklave?«
    »Das bin ich nicht!«, explodierte ich mit mehr Leidenschaft als Vorsicht. Das war der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Ich spie: »Ich bin Sieur Valentin Raoul St Cyprian Anne-Marie Rochefort de Gosse Brissac und niemandes Diener – ganz bestimmt nicht der einer solchen Hure mit schlechten Manieren!«
    Dem gelben Mann schien mein Wutanfall zu missfallen. Mademoiselle Dariole riss die Augen auf und sagte auf Französisch: »Oh, Ihr seid also niemandes Diener? Weiß der Duc de Sully, dass Ihr gekündigt habt?«
    Ich ignorierte ihre Sticheleien. Es gibt da einen Trost, sinnierte ich. Mademoiselle de la Roncière ist viel zu jung, als

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