164 - Der Todessarkophag
lange Jahre war Rebecca die Sklavin Skarabäus Toths gewesen, seine Spionin, die auf seinen Befehl hin mit den verschiedensten Dämonen-Clans Verbindung hatte aufnehmen müssen. Das erwies sich nun als recht nützlich. Die wesentlichsten Clan-Führer kannte sie persönlich, und mit einigen war sie sogar befreundet.
Aber in Südamerika gingen die Uhren anders. Dort hatten die Vampire immer eine unbedeutende Rolle gespielt, einige Zeit waren sie sogar von Mitgliedern der Schwarzen Familie gnadenlos gejagt worden. Das war nun vorbei, doch sie waren übermäßig ängstlich und scheu und wagten ihre Meinung nicht offen zu sagen.
Vor zwei Tagen hatte sie in Nordchile mit den Besuchen begonnen, und dabei je einen Clan in Arica und Iquique besucht, war dabei jedoch nur auf Ablehnung und Unverständnis gestoßen.
Einen dritten Versuch wollte sie noch unternehmen, obzwar sie sich davon nicht viel erwartete, doch da es sich dabei um eine Vampir-Sippe handelte, die direkt von den alten Inkas abstammte, reizte sie dieser Besuch.
Der Verkehr auf der Panamericana in Richtung Norden war äußerst gering. Die gut ausgebaute Straße führte durch eine trostlose Ebene.
Die Vampirin lehnte sich bequem zurück. Um ihre telekinetischen Fähigkeiten nicht einrosten zu lassen, schaltete sie mittels ihrer geistigen Kräfte, und der Wagen schien von selbst gesteuert zu werden.
Auf dem Beifahrersitz hockte Eric, das riesige Fledermausgeschöpf mit den gelben Augen, das einmal ein Mensch gewesen war.
Immer wieder fuhr sie an großen Schildern vorbei, die es deutlich machten, daß man sich in einem Militärstaat befand.
En cada chileno es un soldato,
in jedem Chilenen steckt ein Soldat, konnte man zu linker Hand lesen. Und zweihundert Meter weiter auf der rechten Seite:
En cada soldato es un chileno,
in jedem Soldaten steckt ein Chilene.
„Mein Süßer, das ist eine der abscheulichsten Gegenden, die ich kenne", sagte Rebecca.
Eric hob den häßlichen Schädel, blickte aus dem Fenster und krächzte zustimmend.
„In ein paar Minuten erreichen wir Huara, Eric. Da gibt es mal wieder eine Polizeikontrolle. Du wirst dich unsichtbar machen, verstanden?"
„Verstanden, Herrin. Wozu sind diese Kontrollen gut?"
„Sie suchen nach Obst. Ja, du hast schon richtig verstanden, mein Liebling. Aber das betrifft hauptsächlich Reisende, die aus dem Norden kommen. Die Kontrollen sollen das Einschleppen von Obstseuchen nach Süden verhindern. Aber ich glaube, daß dies nur ein Vorwand ist. Sie wollen sicher sein, daß man nicht Waffen einschmuggelt."
Eric stieß einen schrillen Laut aus, der eine Art Lachen darstellte.
Rebecca griff nach dem Lenkrad und stieg vorsichtig auf die Bremse, als sie den Schranken erblickte.
Sie ließ den Wagen ausrollen, und Eric machte sich unsichtbar. Zwei Polizisten mit Maschinenpistolen kamen auf sie zu. Einer salutierte und grüßte höflich.
Unter den bewundernden Blicken der Beamten stieg sie aus, reichte ihnen ihren britischen Reisepaß, die Wagenpapiere und öffnete den Kofferraum. Die Polizisten begnügten sich mit einer flüchtigen Durchsuchung.
Nach Huara bog Rebecca in eine schmale Straße ein, die eher einem Feldweg glich. Für die dreißig Kilometer nach Tarapaca benötigte sie fast eine Stunde.
Bei der Suche nach dem Tupac-Haus, das in einem versteckten Seitental stand, half ihr Eric. Bei Einbruch der Dunkelheit hatte sie es endlich gefunden.
Vorsichtig stieg sie den schmalen Weg hoch, der zum alten herrschaftlichen Haus führte, das verwahrlost war und nur wenig einladend wirkte.
Eric zog einen Kreis um das Gebäude und kehrte dann zu Rebecca zurück.
„Da haust nur ein alter Vampir, Herrin", stellte das Fledermausgeschöpf fest.
Ihre Informationen waren äußerst spärlich. Auf ihre Fragen nach dem Tupac-Clan hatten ihre Freunde betreten geschwiegen. Das war, ganz offensichtlich ein Thema, das allen unangenehm gewesen war, doch gerade dies hatte ihre Neugierde geweckt.
„Der Vampir ist erwacht, Herrin", sprach Eric weiter.
„Das habe ich auch gemerkt", meinte Rebecca. „Du kommst nicht mit, Eric."
Sie schlug mit der Faust gegen die Tür, und die Schritte im Hausinnern verstummten.
„Aufmachen!" rief Rebecca.
Ein tiefes Brummen war zu vernehmen, dann knurrte der Vampir irgend etwas auf Ketschua.
„Mein Name ist Rebecca", sagte die Dämonin. „Ich will mit dir sprechen, Tupac."
Schlurfende Schritte näherten sich.
„Du bist von meiner Art, Weib, aber doch anders. Willst du mich
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