164 - Der Todessarkophag
Jahre später."
„Wie ist sein Name?" fragte Rebecca drängend.
„Hermano Munante!"
„Don Hermano", sagte Rebecca leise. „Der Macho-Patron."
„Hast du von ihm gehört, Fremde?"
Rebecca nickte.
Alles war so gekommen, wie es Elia Gereon vorausgesagt hatte. In Europa sorgte Napoleon für Aufregung, und dort tobte auch ein erbarmungsloser Kampf innerhalb der Schwarzen Familie. Davon war auch die unbedeutende Munante-Sippe betroffen, die sich prompt für die falsche Seite entschied. Hermanos Vater und einige seiner Onkel verloren bei diesen Auseinandersetzungen das Leben, doch einige seiner Brüder und Schwestern konnten nach Südamerika entkommen.
Asmodi, der Herr der Finsternis, hatte alles andere als einen leichten Stand, denn seine Führungsrolle war nicht unumstritten. 1789 hatte er Haiti zu seinem Hauptquartier gemacht und sich angeblich in eine blutjunge Sterbliche verliebt. 1804 wurde auf Haiti die Unabhängigkeit proklamiert. Asmodi hatte wieder einmal einen Sieg errungen, und nun war auch seine Macht innerhalb der Schwarzen Familie so gefestigt, daß niemand seine Oberherrschaft anzuzweifeln wagte. Um Südamerika kümmerte sich Asmodi kaum, für ihn war Europa wichtiger, was Hermano Munante nur recht war, denn in den vergangenen zwanzig Jahren war er zum mächtigsten Dämon des Kontinents geworden.
Die noch verbliebene spärliche Macht der Indianer hatte er durch die übelsten Tricks, die man sich nur vorstellen konnte, endgültig zerstört.
Nach dem Eintreffen seiner Geschwister begann er mit der Jagd nach den wenigen Dämonen-Clans, die er mit einer unvorstellbaren Brutalität unterwarf.
Die Unzufriedenheit mit dem Imperium wurde von Tag zu Tag größer.
Unter den verschiedensten Masken mischte er sich unter die Menschen, beeinflußte sie und machte sie zu willenlosen Sklaven, die bedingungslos seinen Befehlen gehorchten.
In allen wichtigen Städten und Provinzen Südamerikas herrschten seine Brüder, die ihm täglich über ein kompliziertes Netz von magischen Kugeln Bericht erstatteten. So war er jederzeit über die Ereignisse informiert und konnte persönlich eingreifen, wenn es ihm notwendig erschien.
Meist hielt er sich ab 1805 in Buenos Aires auf, in dem sich einiges geändert hatte. Eine Universität war gegründet worden, am Marktplatz gab es ein Theater, die Hauptstraßen waren mit Kopfsteinen gepflastert, und am Hauptplatz wurden Straßenlaternen aufgestellt.
Nach seinen Plänen hatte er sich ein palastartiges Haus erbauen lassen, in dem er rauschende Feste gab, die auch gern der Vizekönig besuchte.
Ungeduldig sehnte er den Tag herbei, an dem endlich der Startschuß zur offenen Rebellion gegeben werden durfte. Von Elia Gereon, der ihn alle paar Monate kurz besuchte, wußte er, daß er sich noch gedulden mußte. Doch Geduld war eine Eigenschaft, die Hermano Munante nicht hatte. Er war herrschsüchtig, eingebildet und unerbittlich geworden. Seine eigenen Familienmitglieder zitterten vor seinen Wutausbrüchen, bei denen er zum rasenden Unhold wurde.
Wie üblich, tauchte eines Tages im Jahr 1806 Elia Gereon auf, den Hermano herzlich willkommen hieß.
„Alles ist vorbereitet, mein Freund", sagte Hermano. „Worauf warten wir noch?"
Elia Gereon trank einen Schluck Cognac, nickte anerkennend und stellte das Glas auf den Tisch. „Auf die Engländer, Hermano." Aber Buenos Aires lebt doch praktisch vom illegalen Handel mit den Briten", wunderte sich der Magier. „Vergangenes Jahr liefen an die hundert englische Schiffe in die La-Plata-Mündung ein."
„Das ist mir bekannt", sagte Gereon ungehalten. „Aber die Engländer wollen mehr. Sie wollen Buenos Aires und das dazu gehörige Hinterland in ihre Hand bekommen."
„Aber das ist doch lächerlich", meinte Hermano.
„Das Gegenteil ist der Fall. England hat Nordamerika mit Ausnahme Kanadas verloren. In Europa wütet der Krieg, und Spanien ist schwach. Eine englische Flotte hat Kapstadt erobert, und im Augenblick sind sechs Schiffe von Südafrika unterwegs, die Buenos Aires erobern wollen. Das soll ihnen auch gelingen."
„Mein Freund, dagegen muß ich protestieren, denn ich habe keine Lust, daß sich die verdammten Engländer hier einnisten."
„Davon ist auch gar nicht die Rede. Wir werden den Vizekönig der Lächerlichkeit preisgeben. Das wird eine Signalwirkung auf alle Vizekönigreiche haben. Der kommende Mann ist Santiago de Liniers."
„Ich kann ihn nicht leiden, denn er ist ein gebürtiger Franzose und ein treuer Diener
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