1643 - Psychospiel auf Akon
Linguiden, der ihm zum Dank und zur Erinnerung jenes Werk vollbringen könnte, das Yeni Zynok zu vollbringen versagt geblieben ist."
„Die Not legt deine Zunge in listige Schlingen", bemerkte Arinu Barras. „Und sie macht deine Sätze zu Fallstricken."
Er stand langsam auf. „Es ist euer Risiko", stellte er klar. „Ich bin ein einfacher Mann, jung an Jahren und kärglich an Kenntnissen und Erfahrungen. Wenn ihr das Schicksal eurer Welten in meine Hände legen wollt - ich bin bereit, das Wagnis einzugehen. Ich habe schließlich nicht so viel zu verlieren wie ihr. Ich setze lediglich mein Leben aufs Spiel dabei."
Cailman Tzyk richtete sich langsam auf. „Und was setzen wir außerdem noch aufs Spiel?"
Arinu Barras sah ihn nachdenklich an. „Die Illusion eurer Wichtigkeit in dieser Welt", sagte er lächelnd.
Arinu Barras ging zur Tür. Gepäck schien er keines mitnehmen zu wollen.
Die Vironer vor der Hütte saßen still, blickten den Friedensstifter an und schwiegen. „Ich werde euch verlassen", sagte Arinu Barras. „Vielleicht nur für kurze Zeit, vielleicht für länger, möglicherweise für immer. Wenn ich kann, kehre ich zurück. Lebt wohl!"
Cailman Tzyk sah, wie die Vironer sich langsam erhoben, die angespannten, halb erstarrten Glieder dehnten und sich dann auf den Heimweg machten. Die meisten hatten wahrscheinlich stundenlange Fußmärsche bis tief in die Nacht hinein vor sich.
Sie gaben sich keine Mühe, ihre Enttäuschung zu verbergen.
Aber sie küßten dem jungen Friedensstifter die Hände.
Cailman Tzyk bemerkte mit innerem Schaudern, daß die Aura dieses Friedensstifters so stark sein mußte, daß nicht einer der Vironer daran dachte, den Störenfried aus dem Volk der Blues auch nur mit einem schiefen Blick zu bedenken.
Cailman Tzyk hatte keine Zweifel mehr.
Mochte dieser junge Linguide auch anders sein als seine Kollegen, ganz anders, mochte er schrullig, absonderlich, ein Eremit und Asket sein - wenn es auf den bekannten Welten der Milchstraße eine Person gab, die eine unlösbare Aufgabe wie diese bewältigen konnte, dann war es Arinu Barras.
Cailman Tzyk setzte über einen kleinen Sender schnell eine Meldung an die TENTRA BLUE ab, daß er seinen Besuch auf Viron erfolgreich abgeschlossen habe und unverzüglich an Bord zurückkehren werde.
Der Linguide folgte Cailman Tzyk zum Beiboot und nahm auf einem der freien Sitze Platz. Der Friedensstifter bewegte sich in der technologischen Welt des Kleinraumschiffs mit der gleichen Gelassenheit und Ruhe, mit der er unter den primitiven Leuten der Vironer gelebt hatte. Arinu Barras schien ein Mann zu sein, der sich in vielen Kulturen und Lebensstilen einrichten und zu Hause fühlen konnte.
Der Flug hinauf zur TENTRA BLUE nahm nur wenige Minuten in Anspruch, das Anlegemanöver vollzog Cailman Tzyk in gewohnter Präzision.
Dann brachte er den Friedensstifter in eine Kabine, die unmittelbar neben der Unterkunft des Kommandanten lag. Aus Sicherheitsgründen, wie Cailman Tzyk dem Linguiden klarzumachen versuchte, dessen einzige Reaktion aus einem Lächeln voll ironischem Verstehen bestand.
Danach suchte Cailman Tzyk eilig die Zentrale der TENTRA BLUE auf. „Wir verschwinden von hier!" ordnete er an, kaum daß er auf seinem Sessel Platz genommen hatte. „Das war anzunehmen", antwortete Phyluhn Knyvallo mit einem leicht aggressiven Unterton in der Stimme. Nach dem allgemeinen Dienstplan war er zur Zeit Stellvertreter des Kommandanten. „Wir haben nämlich per Funk neue Anweisungen bekommen. Zielkoordinaten. Verschlüsselt natürlich, wie es sich für ein Forschungsschiff gehört."
Er übergab die Nachricht an den Kommandanten.
Es handelte sich in der Tat um Navigationsdaten; die Struktur der Zahlen und Buchstaben war eindeutig. Allerdings mußten diese Angaben noch umgerechnet werden, einem bestimmten, recht komplizierten Algorithmus folgend - dann erst ergaben sich die tatsächlichen Werte.
Cailman Tzyk hatte ohnehin schon einen bestimmten Verdacht gehabt, und der bestätigte sich in diesem Augenblick. „Wann ist dieser Befehl gekommen?"
Sein Stellvertreter nannte die genaue Uhrzeit.
Cailman Tzyk stand auf und ging zu einem der anderen Instrumente hinüber; Zugang zu den Speichern des Bordsyntrons hatte er von nahezu jedem Fleck der TENTRA BLUE aus. Cailman Tzyk hantierte an den Instrumenten, gleichzeitig gab er dem Syntron seine Befehle.
Die Daten erschienen auf einem der kleinen Monitore. Cailman Tzyk studierte sie eingehend. 16.45
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