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1648 - Die Spiegelgeborenen

Titel: 1648 - Die Spiegelgeborenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Arzt erkannt habe und sich nun beruhigen würde.
    Doch das Gegenteil war der Fall. Sie schrie auf und schlug wild um sich, um irgendwelche unsichtbaren Bedrohungen zu verscheuchen. Allmählich erlahmten ihre Bewegungen jedoch, und sie sank, von der Überanstrengung geschwächt, an der Hauswand zu Boden.
    Der Medoroboter kam, und Doc Sporn ließ ihn Mila untersuchen. Sie versuchte wieder, ihren vermeintlichen Gegner abzuwehren. Aber sie war schon zu schwach, und über ihre Lippen kamen nur leise, klagende Laute. Sejer Sporn betrachtete stirnrunzelnd den Diagnosestreifen, den ihm der Roboter lieferte. „Beruhige sie, Sejer", verlangte Cadfael. „Gib ihr eine Spritze. Tu irgend etwas. Sonst stirbt sie. Verdammt, du mußt ihr helfen!"
    „Ich könnte sie in künstlichen Schlaf versetzen", sagte Sejer Sporn mit zittriger Stimme. „Aber ich habe Angst, .daß sie ins Koma fällt und für immer verloren ist. Besser ist, sie bleibt wach. Sie hat eine ausgezeichnete Konstitution und wird es überstehen. Ich gebe ihr eine kräftigende Spritze."
    Mila lag in dieser erbärmlichen Stellung 30 qualvolle Minuten wach. Sie war die ganze Zeit über bei Besinnung, aber ihr Geist schien in einer unerklärlichen Alptraumwelt gefangen zu sein. Als ihr Körper plötzlich erschlaffte und sie die Augen schloß, glaubte Cadfael schon, sie sei gestorben. „Alles .in Ordnung", konstatierte Doc Sporn erleichtert. „Sie hat endlich Ruhe gefunden."
    „Wie kommt dies so plötzlich?"
    Die mögliche Antwort auf diese Frage erhielt Cadfael postwendend. Der Shift landete, Nadja sprang heraus und legte sich neben ihre Schwester. Auch Nadja befand sich in einem bemitleidenswerten Zustand. Sie erweckte bei Cadfael den Eindruck, als hätte sie die schrecklichen Qualen ihrer Zwillingsschwester über die Entfernung miterlebt.
    Als Nadja später zu sich kam, besuchte Cadfael sie auf der Krankenstation. Die Zwillinge lagen in nebeneinanderstehenden Betten, die zusammengerückt worden waren, so daß Nadja die Hand ihrer Schwester halten konnte. „Verstehst du jetzt, wie unzertrennlich wir miteinander verbunden sind, Cadfael?" fragte Nadja mit noch schwacher Stimme. „Eine Trennung ist gleichbedeutend mit Wahnsinn, Siechtum und Tod."
    Er nickte, drückte mitfühlend den Arm, den sie der Schwester reichte. „Ich würde es gerne begreifen", sagte er beklommen.
    Nadja schwieg eine Weile, dann begann sie, wohl noch unter dem Eindruck des Schocks, der ihre Zunge löste, zu sprechen. „Wenn ich mich über eine gewisse Distanz von Mila entferne, dann verliert sie den Bezug zur Realität. Es ist, als könne sie in eine andere Welt... in eine Dimension voller Schrecken sehen.
    Sie hat dies als Kind die >Welt hinter dem Spiegel< genannt. Ich bin gespannt, welche Sichtweise sie nun als Erwachsene hat. Sie wird es mir erzählen. Das ist wichtig. Denn wenn wir diese Erfahrung teilen, können wir zusammen vielleicht ein Mittel finden, gegen diesen Zustand anzugehen, der uns aneinanderfesselt. Ich bin im Vergleich zu Mila eigentlich gut dran. Denn ich bin nicht wirklich in dieser Spiegelwelt gefangen, sondern bekomme lediglich empathische Eindrücke von ihr."
    „Das konnte ich nicht ahnen", sagte er, weil ihm nichts Besseres einfiel. „Ich habe immer geglaubt..."
    „Schon gut", sagte Nadja tröstend, als sei er der Patient. „Du kanntest nur Sairas mystifizierende Perspektive. Aber ich denke, wir haben heute den Beweis erbracht, daß wir keinem Zauber der Zwotterfrauen verfallen sind. Und jetzt möchte ich schlafen."
    Es war das erste- und letztemal, daß einer der Zwillinge sich ihm oder irgend jemandem sonst anvertraute.
    Es kam auch zu keinen derartigen Zwischenfällen mehr, denn Mila und Nadja achteten penibel darauf, daß sie nicht mehr getrennt wurden.
    Die Saira-Pioniere verlebten in der Folge ruhige Jahre in steigendem Wohlstand und bäuerlicher Bescheidenheit.
    Bis zu jenen Vorfällen im August 1199, als eine unvorstellbare fünfdimensionale Schockwelle den Yolschor-Sektor durchlief.
     
    7.
     
    Gucky „Der Rest der Geschichte ist rasch erzählt", fuhr Cadfael Benek nach einer Pause fort. „Zumindest kann ich ihn abkürzen, weil euch die Geschehnisse im großen und ganzen geläufig sind.
    Wir haben die Kolonie gut geführt und aus den ertragreichen Feldern einen beachtlichen Ernteüberschuß herausgeholt, so daß wir zu den anderen Welten des Yolschor-Sektors exportieren konnten. In erster Linie machten wir Tauschgeschäfte. Diese Art des Handels,

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