1648 - Geister der Vergangenheit
da hatte ich Schon viel erlebt. Ich ging zwei weitere Schritte vor, und meine Blicke wechselten dabei zwischen der Wand und dem Boden. Ich hoffte darauf, etwas zu sehen und einen Beweis zu erhalten.
Noch war es nicht möglich, aber die andere Kraft nahm an Stärke zu. Das wurde mir durch das Kreuz gezeigt, denn es fing an zu leuchten. Nicht stark, und doch stellte es sich auf eine Abwehr ein, was sich ebenfalls auf mich übertrug.
Suko hatte mich dabei nicht aus den Augen gelassen. Er fragte: »Was spürst du jetzt?«
»Sie sind nahe.«
»Und wer ist das?«
»Allmählich bin ich davon überzeugt, dass es die Geister der Toten sind.«
Dieser Satz regte auch Voltaire auf.
»Geister?«, rief er leise. »Totengeister?«
»Ja.«
»Aber das ist, das ist - ach, ich sage gar nichts mehr.«
Der Kommissar war noch nicht so weit, dass er alles akzeptierte, mit dem Suko und ich zu tun hatten. Für ihn war unsere Arbeit teilweise ein Buch mit sieben Siegeln.
Dass er uns trotzdem geholt hatte, mussten wir wohl seinem Instinkt zurechnen, denn hier passierte etwas, was nicht in das Raster des Normalen passte.
Ich ging noch einen Schritt vor. Das Kreuz leuchtete auf, und genau in dem Moment passierte es.
Die andere Seite zeigte sich mir!
***
Obwohl ich sehr nahe stand und mich ab jetzt nicht bewegte, war für mich nicht genau zu erkennen, woher diese Wesen kamen. Sie konnten aus dem Mauerwerk gehuscht sein, aber es war auch möglich, dass sie sich zwischen mir und der Mauer materialisiert hatten, und es waren keine starren Körper, sondern Erscheinungen.
Geister sind in der Regel unsichtbar. Ich konnte sie auch als Gespenster bezeichnen, die sich vor dem dunklen Hintergrund sogar relativ gut sichtbar abhoben.
Ich erinnerte mich an Begegnungen, da hatte ich direkte Feindseligkeit gespürt. Das traf hier nicht zu. Ich hatte mehr das Gefühl, dass mir diese Gestalten etwas mitteilen wollten, und das auf ihre Weise.
Und sie wollten alle daran teilhaben. Sie materialisierten sich in einer leicht gekrümmten Reihe. Es gab keine Unterschiede bei ihnen. Sie berührten sich, wobei eine Gestalt in die andere hineinfloss. Dass Geister sprechen konnten, erlebte ich in diesen Augenblicken erneut. Das vergaß ich jedoch im Moment, denn ich fühlte mich gezwungen, sie zu zählen. Ich wollte wissen, wie viele es waren, um mich bestätigt zu fühlen. Zehn!
Und zehn Tote hatte es gegeben!
Es passte alles zusammen, denn jetzt war ich hundertprozentig sicher, dass es die verfluchten Seelen derjenigen waren, die unter den Kugeln eines Killers gestorben waren.
Ihre Leiber gab es nicht mehr in dieser Umgebung. Sie waren weggeschafft worden.
Aber es gab ihre Seelen oder Astralkörper, was besser passte, und die standen unter dem Einfluss der Hölle. Die hatte der Teufel nicht in sein Reich gezogen, weil er noch etwas mit ihnen vorhatte. Es gab für mich keine andere Erklärung. Sie standen unter dem direkten Einfluss der Hölle.
Gesichter gab es nicht. Dort, wo sie bei einem Menschen vorhanden waren, existierten bei ihnen nur bleiche Flecken. In der Farbe konnte man sie auch mit schmutzigen Tüchern vergleichen.
Sie standen sehr dicht zusammen. Sie wollten zeigen, dass sie zueinander gehörten.
Sie berührten sich gegenseitig und bildeten einen Pulk oder eine Mauer.
Ich stand vor ihnen. Ich wurde nicht angegriffen, weil mein Kreuz sie auf Distanz hielt. Ich überlegte zudem, was ich mit ihnen anstellen sollte. Als direkte Feinde sah ich sie noch nicht an. Sie kamen mir eher vor wie Böten, die etwas loswerden wollten.
Das passierte auch. Zuerst vernahm ich ein hohes Sirren, dann wieder das ungewöhnliche Flüstern, aus dem ich die Worte förmlich herausfiltern musste.
»Wir werden uns den Mörder holen. Er hat es nicht grundlos getan, wir sind auch im Tode mächtig. Er und sie werden uns nicht verlassen, das sollte jeder wissen.«
Okay, ich wusste es. Aber ich wusste nicht, um was es hier genau ging, und das sollte sich ändern.
»Wer ist er, und wer ist sie?«, fragte ich.
»Er ist der Teufel!«, flüsterte es mir entgegen, als hätten sich zahlreiche Stimmen zu einem Chor versammelt.
»Und sie?«
»Sie heißt Samael!«
Jetzt hatte ich die Lösung und konnte damit nichts anfangen. Wer war Samael? Einen Samuel hätte ich akzeptiert, aber Samael brachte mich doch in arge Schwierigkeiten.
Das merkte auch die andere Seite. Prompt wurde ich gefragt: »Du kennst Samael nicht?«
»Nein, tut mir leid.«
»Sie ist in den alten
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