1648 - Geister der Vergangenheit
sein, dass wir an ihm etwas finden, das uns dem Killer näher bringt.«
Ich hörte nicht so recht hin, weil ich noch immer mit mir selbst beschäftigt war und mit dem, was ich hier erlebte, aber nicht deuten konnte. Umzingelt zu sein, war sicherlich übertrieben, aber es kam dem schon nahe, was ich fühlte.
Hier war noch jemand. Oder hier war etwas. So genau ließ sich das nicht definieren.
Ich setzte meine Runde fort und näherte mich auch den Wänden. Es war ein alter Keller. Bei seinem Bau hatte man noch keinen Beton verwendet. Im Mörtel zwischen den alten Steinen gab es hin und wieder Ritzen und Spalten. Löcher, in die Käfer und Würmer kriechen konnten.
Mir fiel auf, dass sich mein Unbehagen steigerte, je näher ich den Wänden kam.
Und dann passierte es. Es war keine besondere Stelle, als ich das verspürte, was eigentlich keine Überraschung mehr für mich war.
Auf meiner Brust lag das Kreuz. Und das gab plötzlich einen Wärmestoß ab.
Ich ging keinen Schritt mehr weiter und blieb so starr stehen, als wäre ich zu einem Denkmal geworden. In meinem Kopf hätten sich die Gedanken überschlagen müssen, was nicht eintrat. Ich fühlte mich leer und zugleich bestätigt.
So normal dieser Keller auch aussah, er war es nicht. Hier war etwas Besonderes vorhanden. Es konnte sich in die Mauer zurückgezogen haben, aber mich auch als unsichtbares Etwas umgeben.
Meine Starre hatte nur Sekunden angedauert. Sie wich, und ich bewegte meinen rechten Arm, um mein Kreuz ins Freie zu holen.
Es war eine routinierte Bewegung, mit der ich die Kette an der Rückseite meines Halses in die Höhe zog. Dann lag das Kreuz auf meiner Handfläche. Ich spürte die Wärme, aber das war auch alles. Ich sah kein Blinken oder Schimmern. Dennoch - das Kreuz hatte sich nicht grundlos erwärmt.
Jetzt merkte auch Suko, dass ich meine Haltung verändert hatte. Er richtete seinen Blick auf mich und fragte: »Ist was mit deinem Kreuz?«
»Ja, es hat sich erwärmt.«
Suko sagte zunächst nichts. Dann hatte er begriffen. »Wir sind nicht allein?«
»Scheint so. Das Böse hat sich hier gehalten. Wir sind nur nicht fähig, es zu sehen.«
»Hast du einen Verdacht?«
Ich hob die Schultern. »Nicht direkt. Ich gehe davon aus, dass es den gesamten Keller hier in Besitz genommen hat.«
»Aber man hat die Toten weggeschafft, John.«
»Das stimmt. Manchmal heißt es doch, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist.«
Er gab darauf keine Antwort, weil er mich nicht stören wollte. Dafür flüsterte er mit dem Kollegen, was mir im Moment sehr angenehm war. Denn hier konnte nur ich die Zügel in den Händen halten, eben weil ich das Kreuz besaß, und ich rechnete damit, dass es mir den richtigen Weg zeigen würde. Der Begriff vom Hort des Bösen kam mir in den Sinn, und ich spürte einen kalten Schauer auf meiner Haut.
Ich bewegte mich noch ein paar Schritte vor, sodass der Altar hinter mir lag. Hier gab es zwar Licht, das allerdings erfasste nicht alle Ecken des Kellers. Es war mehr auf die Mitte und den polierten Steinaltar fixiert.
Ich trat hinein in eine Dunkelheit, in der ich die Mauer nur als Schatten erkannte, und plötzlich hörte ich das Wispern der Stimmen, und ich hatte den Eindruck, dass diese Botschaft direkt aus der Mauer kam.
»Nichts ist vergessen - wir werden uns rächen - furchtbar rächen, das versprechen wir…«
Ich war perplex und spürte, dass sich die Haut auf meinem Rücken straffte.
Wer hatte da gesprochen? Wer hatte sich gemeldet? Dass ich keiner Täuschung erlegen war, stand für mich fest, aber es war auch niemand zu sehen gewesen.
Zudem ging ich nicht von normalen Stimmen aus. Die, die ich gehört hatte, bestanden aus einem geisterhaften Flüstern, und für mich stand fest, dass es keine Menschen waren.
Hier hielten sich andere Wesen auf. Gestalten, auf die der Ausdruck stofflich nicht passte. Da stimmte der Begriff feinstofflich - und so bezeichnete man Geister.
Als ich an diesem Punkt angelangt war, dachte ich einen Schritt weiter.
Es waren für mich nicht einfach nur irgendwelche Geister, sondern diejenigen, die einmal in den Körpern der jetzt erschossenen Menschen gewohnt hatten.
Etwa die Seelen der Toten?
Wenn das zutraf, dann waren es keine normalen reinen Seelen, wie man sie sonst sehen musste. Dann waren es Seelen, die unter der Kontrolle der Hölle standen.
Und ich hatte ihr Flüstern aus dem Unsichtbaren gehört. Seelen, Geister, die dem Teufel zugetan waren?
Es konnte sich um beides handeln,
Weitere Kostenlose Bücher