1648 - Geister der Vergangenheit
mit ihm spielen. Er durfte keine Zeit mehr verlieren. Er packte die Bewegungslose und zerrte sie von der polierten Platte, während sich der Druck in seinem Rücken verstärkte. Kein Leder hielt der Spitze stand. Der erste ziehende Schmerz war auf seinem Rücken an einem bestimmten Punkt zu spüren.
Es war ihm egal. Er riss die junge Frau mit sich und warf sich zusammen mit ihr auf den Boden. In seinen Armen hielt er ein völlig apathisches Wesen. Aber die Altarplatte war leer. Und das Schwert senkte sich weiter, um drei, vier Sekunden später ein Ziel zu finden.
Kein Mensch, kein Körper. Die Spitze der Klinge kratzte über die polierte Platte.
Duras schaute nicht hoch. Es interessierte ihn nicht, was mit dieser Waffe geschah.
Seine Aufgabe war erfüllt. Er hatte getötet, aber er hatte auch ein Leben gerettet.
Darauf war es ihm letztendlich angekommen.
Er kannte den Namen der jungen Frau nicht, die vor ihm auf dem Rücken lag. Sie hielt die Augen offen, ohne ihn jedoch zu sehen. Ja, das mussten die Drogen bewirken.
Leicht schlug er gegen ihre Wangen. Es war ein leises Stöhnen zu hören, nicht mehr.
Das hatte sich Duras anders vorgestellt. Er hätte die junge Frau gern mitgenommen. In ihrem Zustand war sie eine Belastung. Sie würde irgendwann wieder zu sich kommen, aber er wollte nicht, dass dies zwischen all den Leichen geschah.
Deshalb änderte er seinen Plan. Er würde die Polizei anrufen. Allerdings nicht von seinem Handy aus, denn man hätte den Anruf zu leicht zurückverfolgen können.
Er bewegte sich schnell. Er nahm sich die erste Leiche vor, die in seiner Nähe lag. Es war ein Mann, dessen Kinn von einer Kugel zur Hälfte weggerissen worden War.
Unter der Kutte trug er ein Jackett, in dessen Taschen Marc Duras nachsuchte und schon beim ersten Mal Glück hatte.
Er fand ein Handy.
Duras richtete sich auf, um einen letzten Blick in die Runde zu werfen. Hier hatte der Tod durch ihn reiche Ernte gehalten, aber er empfand kein Bedauern.
Um sicher zu sein, auch einen Empfang zu haben, verließ er den Keller. Dabei passierte er den Toten, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. Erst am Ende der Treppe nahm er seine Mütze ab. Dann trat er ins Freie, und ein hartes Lächeln umguckte seine Lippen, als er sah, dass sich der Dunst in der Gasse verdichtet hatte. Seinen abgestellten Wagen konnte er nicht mehr sehen. Das Licht der Laterne erinnerte ihn an einen zerfaserten Ball. Da hatte er die sehr schmale Zufahrt bereits hinter sich gelassen und stand an der Mauer.
Auch, jetzt war niemand zu sehen, sodass er in Ruhe telefonieren konnte. Duras verstellte sogar seine Stimme, als er die Meldung machte. Er beschrieb genau die Gegend, bevor er das Handy zu Boden warf und es zertrat.
Danach lief er zurück zu seinem Wagen, setzte sich hinter das Lenkrad und war wenig später wieder unterwegs…
Marc Duras hatte sich so schnell aus der bestimmten Gegend entfernt, dass er nicht mal das Wimmern der Polizeisirenen hörte. Da befand er sich bereits auf der Fahrt nach Süden und erlebte, dass es auch eine Zeit gab, in der eine Stadt wie Paris Atem holte, um sich auf den folgenden Tag vorzubereiten.
Der ehemalige Söldner saß wie eine Steinfigur hinter dem Lenkrad. Die Spannung in ihm war nicht verflogen. Es gab kein Gefühl der Erleichterung, das ihn durchströmte.
Er fühlte sich auch nicht als Sieger. Er hatte einfach das getan, was getan werden musste. Er hatte zerstört, was nicht bleiben durfte. Er war seinen Weg konsequent bis zum Ende gegangen. Es war einzig und allein seine Sache, und er würde Martine, seiner Frau, nichts davon sagen.
Sie hatte es sich abgewöhnt, Fragen zu stellen, wenn er spät in der Nacht nach Hause kam. Er hatte ihr auch versichert, dass keine andere Frau im Spiel war und er nur gewisse Dinge noch erledigen musste. Ins Detail war er nicht gegangen.
Dunkel, trübe und regnerisch war die Nacht. Dunstwolken quollen ihm entgegen wie feuchte Tücher, die vom Licht der Scheinwerfer zerrissen wurden.
Recht schnell fuhr er in einen Kreisverkehr hinein und bog dann in eine lange Straße ein, die von Wohnblocks flankiert wurde. Es waren alte Häuser und nicht die Plattenbauten am Rande der Stadt, in denen eine multikulturelle Gesellschaft lebte und ihrem Frust hin und wieder freie Bahn schaffte, indem sie Autos anzündete.
Die Straße endete vor einer Kreuzung, die ein großes T bildete. Hier bog er nach rechts ab, sah das feuchte Laub auf der Straße liegen, das von den rechts und links
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