165 - Olivaros Tod
„Brav, brav!" und beseitigte im Nu Viviana, indem er sie durch einen Zauber zu Asche verbrannte.
„Oho!" brüllte Dolfo und packte die Keule fest. „Willst du auch mir ans Leder, Don Hermano?" „Nein. Scher du dich an den Amazonas zurück und bleib dort. In den nächsten hundert Jahren brauchst du dich nicht mehr blicken zu lassen. Brich nur gleich auf."
„Mir soll es recht sein", brummte Dolfo. „Ich bin froh, der Großstadt den Rücken kehren zu können. Hier ist kein Leben für unsereins. Alles nur Streß und Hektik und nicht einmal vernünftig zu essen erhalte ich, jetzt wo Viviana tot ist. Hier ist alles Dreck. Aber meine Rippe hätte ich gern noch, bevor ich der Zivilisation den Rücken kehre. Das wäre mir schon lieber."
„Sie muß mitverbrannt sein", entgegnete Hermano, der in der Gestalt eines sechzigjährigen weißhaarigen Gauchos vor Dolfo stand. „Seltsam, daß dir das keinen Schaden zufügte. Aber sei es, wie es sei, du bist jedenfalls unversehrt. Ich habe deine Rippe nicht. Vergiß sie. Du brauchst sie ja schließlich nicht unbedingt, oder?"
Nein, nein."
Dolfo brummelte Unverständliches und wurde zu Nebel, der rasch davonzog, ehe Hermano es sich vielleicht anders überlegte und ihn doch noch zu weiteren Aufgaben in der Zivilisation einspannte, wie Dolfo befürchtete. Dolfos Rippe war übrigens nicht vernichtet, sondern Olivaro hatte sie mit sich genommen.
Er fügte die Rippe seinem magischen Sammelsurium zu. Vielleicht würde er sich ihrer einmal bedienen, um Dolfo für seine Zwecke einzusetzen. Olivaro hatte durch Astaroths Verrat verschiedene seiner Stützpunkte und Mittel an Luguri verloren und konnte die Verstärkung gebrauchen.
Hermano Munante gab den falschen Olivaro-Kopf in das Einmachglas, das schon bereitstand, und entfernte sich. Kurz danach brach in der Hütte ein Brand aus und äscherte sie ein. Man hatte Mühe, ein Übergreifen auf andere Hütten des Armenviertels zu verhindern. Die Macumba sollten sich eine neue Hexe suchen, dachte Hermano Munante. Er hatte den Überresten seiner Bastard-Tochter nicht einmal einen Blick gegönnt.
Dolfo zog derweil als Nebel dahin, bis ihm das zu mühsam wurde. Er nahm seine Gestalt an und verwandelte sich erst einmal in einen Steinklotz, um sich nach all den Strapazen in der Großstadt mehrere Monate lang richtig auszuschlafen.
„Wenn ich das dem Sumpfdämon und dem Uralten aus dem Fluß erzähle, werden sie es mir nicht glauben", brummelte er, schon im Halbschlaf. „Menschen in rollenden Käfigen und in geflügelten Röhren. Runde Dämonen, die keinerlei Antwort geben und sich ohne Gegenwehr in Trümmer schlagen lassen. Durch Drähte sprechende Stimmen. Da schwirrt einem ja der Kopf. Ich bin heilfroh, daß ich wieder nach Hause kann. Ich werde den Amazonas auch nicht mehr verlassen."
Selbst dem trägen Dolfo ging auf, daß Hermano Munante ihn deshalb weggeschickt hatte, weil er Luguri den Kopf Olivaros präsentieren und den Ruhm dafür, ihn seinem Träger genommen zu haben, mit niemandem teilen wollte. Dolfo war das egal. Er wollte nur seine Ruhe. Erst schlief er einmal. Wenn er ein paar Monate länger schlief, störte ihn das auch nicht weiter.
Er würde dann tüchtig essen und dann wohl wieder schlafen und danach ein Stück weiterziehen. Irgendwann in den nächsten hundert Jahren, falls er nicht unterwegs Wurzeln schlug, würde Dolfo die Heimat schon wieder erreichen.
Mit tröstlichen Gedanken fiel er in Tiefschlaf.
Hermano Munante posaunte seinen Ruhm, Olivaro eigenhändig getötet und enthauptet zu haben, sofort in alle Welt hinaus. Luguri erfuhr als erster davon. Überall hieß es: „Olivaro ist tot!" Luguri berief ein großes Dämonenfest ein, bei dem Olivaros Kopf zur Schau gestellt werden sollte. Astaroth und auch Viviana weinte in der Schwarzen Familie niemand eine Schwefelträne nach. Dolfo und die Rolle, die er gespielt hatte, blieben sowieso unbekannt.
Coco und ich verließen Rio zwei Tage nach der entscheidenden nächtlichen Auseinandersetzung. Wir flogen nach Trinidad, um einen alten Freund zu besuchen, den Dämon Makemake.
Weitere Kostenlose Bücher