1655 - Sampler 1
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Der Haluter ließ den Haufen Metall liegen und wandte sich ab. Mit schwankenden Bewegungen machte er sich auf den Weg zum Imbißraum. In diesem Zustand wies er große Ähnlichkeit mit einem Betrunkenen auf, doch er selbst war es sich nicht bewußt.
Sein Planhirn arbeitete auf Hochtouren, testete den Zustand des Ordinärhirns und versuchte dessen Einfluß zurückzudrängen.
Ein orientierungsloser Fremder hätte sich ähnlich verhalten wie der Haluter, der zweimal den falschen Korridor betrat und sich unter Aufbietung aller geistigen Kräfte korrigierte.
Tarc Bottam und Muron Preyll erwarteten ihn mit gemischten Gefühlen, aber voller Verständnis. Sie hörten den Lärm, den er draußen im Korridor veranstaltete. Koul Laffal sprang gelegentlich hin und her und gebärdete sich absolut strotzend vor Bewegungsenergie.
Er hieb gegen die Wände, daß es sich anhörte wie explodierende Granaten, und hüpfte auf und ab.
Tarc Bottam und Muron Preyll zählten zu den jüngeren Halutern, doch auch sie hatten den Zustand der Drangwäsche schon mehrfach erlebt. Gedanklich vollzogen sie nach, was sich jetzt im Innern von Koul Laffal abspielte. Sie versetzten sich kraft ihres Geistes in einen Zustand der starken psychischen Assimilierung, und Koul Laffal erkannte es, noch ehe er den Raum betreten hatte. „Ich habe Sie gewarnt, meine Freunde!" verkündete er, und seine Stimme hallte wie Donnergrollen von den Wänden wider. „Es täte mir unendlich leid, wenn einer von Ihnen durch seine Unachtsamkeit' verletzt würde."
Stumm standen sie nebeneinander und erwarteten ihn, zwei riesige Kolosse in grünen Kampfanzügen wie er. Und doch gab es winzige, nur für Eingeweihte erkennbare Unterschiede. Das Grün von Laffals Anzug besaß die Spur eines goldenen Schimmers, und die Anfangs- und Endpunkte der Magnetverschlüsse waren mit winzigen Howalgoniumkristallen verziert. Auch der Schnitt der Kombination entsprach nicht dem, was in der heutigen Zeit auf Halut getragen wurde.
Mit raschen Schritten kam er auf sie zu und streckte ihnen die vier Arme entgegen. Tarc Bottam und Muron Preyll wichen zur Seite aus und bewegten sich synchron in Richtung Ausgang. Laffal fuhr überrascht herum. „Sie kneifen?" donnerte er. „Das ist feige und unredlich. Stellen Sie sich der Herausforderung."
Sie kniffen tatsächlich. Nicht, weil sie befürchtet hätten, in einer Auseinandersetzung mit ihm den kürzeren zu ziehen. Haluter waren sich untereinander so gut wie ebenbürtig. Und bei einem ernsthaften Kampf hätte der Ehrenkodex es untersagt, daß zwei gegen einen antraten.
Muron Preyll hätte Tarc Bottam den Vortritt gelassen und umgekehrt. Das Los hätte entschieden. Einen Sieger hätte es kaum gegeben, aber es bestand Gefahr, daß die FORN bei diesem Kampf vollständig zerstört wurde.
Und das lag nicht im Interesse der Haluter auf ihrem Flug in die Nähe der Großen Leere.
Sie sahen, wie schwer es Laffal jetzt fiel, sich zu konzentrieren und seine Sinne zusammenzuhalten. Einer der Schübe in seinem Innern klang ab, und er ließ sich rücklings auf einen der massiven Sessel fallen, der sich augenblicklich verbog und fast unter ihm zusammenbrach. „Es ist soweit", brachte er mühsam hervor. „Bitte lassen Sie mich allein, Bottamos und Preyllos!"
Nun bedurfte es keiner weiteren Worte mehr. Ein Zeremoniell, wie es bei jedem Abschied eines Haluters von Halut oder von einem Schiff stattfand, gab es im Fall einer Drangwäsche auch nicht. Der Betroffene blieb sich selbst überlassen.
Bottam und Preyll verschwanden und kehrten mit den Raumlinsen in ihre eigenen Schiffe zurück.
Inzwischen tobte Koul Laffal durch die FORN und reagierte den unbezähmbaren, inneren Drang ab, so gut es ging. Solange er sich in der Enge des Kugelraumers aufhielt, besaß er keine Möglichkeit, sich richtig auszutoben und nach dem ersten starken Schub eine Zeit der Ruhe und Klarheit einkehren zu lassen.
Ein Haluter in Drangwäsche brauchte mehr. Selbst ein Asteroid war zu klein, um ihn sein inneres Gleichgewicht wiederfinden zu lassen.
Koul Laffal würde sich darum bemühen, diesen unbefriedigenden Zustand zu ändern.
*
Selbst für einen Haluter mit seinem exakt arbeitenden Planhirn stellte das Innere eines Dreizackschiffes einen Ort dar, an dem es manchmal nicht mit rechten Dingen zuging. Da veränderte sich willkürlich und anscheinend völlig grundlos die Struktur ganzer Sektionen, und der Verlauf von Korridoren und Schächten stimmte nicht mehr mit
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