1659 - Die Totengöttin
Seite zu bleiben. Was jetzt?
Ich schwitzte, ich hörte mich auch leise stöhnen und sah dann, wie die Nackte neben mir auf die Knie ging. Beten wollte sie sicher nicht mit mir. Sie verfolgte andere Pläne, bewegte ihre Hände, die sich meiner Kehle näherten. Wenig später spürte ich sie wie Ringe an meinem Hals. Sie hätten kalt sein müssen, was sie nicht waren, denn ich empfand sie als neutral.
Ich rechnete damit, dass ich kurz vor dem Erwürgen stand, aber das geschah noch nicht. Stattdessen wollte sie mir etwas sagen.
»Misch dich nicht ein. Wir wollen nur sie. Fahr nach Hause, wenn du kannst, aber lass Jane Collins in Ruhe, die uns gehört. Hast du das verstanden?«
Ich wollte antworten. Nur brachte ich kein Wort heraus. Doch es gab andere Methoden, sich bemerkbar zu machen. Ich gab dieser Gestalt einen Wink mit den Augen. Die Nackte begriff. Sie löste ihre Hände von meinem Hals und klatschte mir leicht gegen die Wangen. Ich hoffte, dass es so etwas wie ein Abschiedsgruß war. Sie sprach auch, aber nicht über mich, sondern über Jane Collins.
»Wir wollen nur sie, verstehst du? Sie ist wichtig für uns. Sie wird uns den Weg zeigen.«
Uns? Wer war uns? Gab es noch mehr von dieser Sorte?
Ich hatte keine Ahnung, musste jedoch davon ausgehen, dass sie nicht allein war. Mich traf noch mal der Blick ihrer irgendwie leblosen Augen, dann nickte sie zufrieden, drehte sich um und verließ mit lautlosen Schritten den Raum durch die Tür. Ich fluchte, aber ich fluchte nur innerlich, denn ich war noch nicht in der Lage, etwas von mir zu geben. Die Lähmung hielt an.
Ich wusste jetzt, was die Nackte wollte.
Jane Collins schwebte in großer Gefahr, und ich war nicht in der Lage, etwas für sie zu tun…
***
Jane lächelte, als sie daran dachte, wie der Plan ihres Freundes John Sinclair aussah. Er wollte bei ihr übernachten. Das wäre nicht das erste Mal gewesen, aber diese Nacht würde anders verlaufen. Kein Spaß im Bett, kein Sex, denn ihre Gedanken flogen in ganz andere Richtungen.
Jane überlegte, dass es vielleicht besser war, wenn sie sich im Haus verteilten. Dass sich einer von ihnen unten aufhielt und der andere in der ersten Etage blieb… Sie wollte das mit John besprechen und wunderte sich, dass er so lange im Dachzimmer blieb. Dafür musste es einen Grund geben.
Womöglich hatte er diese nackte Frau tatsächlich entdeckt. Dass sie auf dem Dach hockte, wobei ihr die Kälte nichts ausmachte, was Jane auch nicht begriff, und John zu ihr geklettert war.
Nur das nicht!, dachte sie. Die Pfannen sind eisglatt. Der kann sich den Hals brechen. Jane hielt es in ihrem Zimmer nicht länger aus. Sie wollte nach John schauen. Im kleinen Flur blieb sie stehen. Von oben herab wehte ihr Kälte entgegen und hinterließ auf ihrer Haut einen Schauder. Er hatte also doch das Fenster geöffnet. Ihre Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten.
Sie ging bis zur Treppe, schaute hoch und rief leise seinen Namen. Eine Antwort erhielt sie nicht. Dafür hörte sie leise Schrittgeräusche auf den Stufen, dann kamen zwei Beine in Sicht - und Jane hatte das Gefühl, innerlich einzufrieren. Die Beine gehörten nicht John Sinclair. Sie steckten auch nicht in einer Hose, sondern waren nackt.
Jetzt war ihr klar, dass John nicht mehr eingreifen konnte und die Totengöttin das geschafft hatte, was sie wollte…
***
Die Detektivin tat nichts. Sie machte sich auch keine Gedanken darüber, was sie hätte unternehmen können. Sie wusste nur, dass sie den Kürzeren gezogen hatte. Die Fremde dachte nicht daran, auf halber Treppe stehen zu bleiben. Sie ließ auch die letzte Stufe hinter sich und hielt erst dann an.
»Du bist Jane«, sagte sie leise.
»Ja, das bin ich.«
»Ich habe dich gesucht.«
»Ich dich aber nicht.«
»Das ist nicht wichtig, Jane. Es zählt nur, dass ich dich gefunden habe.«
»Und was ist mit meinem Freund John?«
»Keine Sorge, er lebt.«
Jane fiel ein Stein vom Herzen, obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie dieser seltsamen Frau glauben konnte.
Die Detektivin konnte sich noch immer nicht damit abfinden, dass die Person keinen Faden Kleidung am Leib trug. Es machte ihr offensichtlich nichts aus, sie fror auch nicht, und so kam Jane der Vergleich mit einem Vampir in den Sinn, dem extreme Temperaturen auch nichts anhaben konnten. Die Person schien sie gar nicht wahrzunehmen.
»Wer bist du?«, flüsterte sie wieder. »Du bist nackt, du frierst nicht, du siehst aus wie eine Frau. Das alles kann ich
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