1660 - Geistersturm über London
wünschte der anderen etwas Schlechtes, und deshalb war Glendas Reaktion verständlich.
»Alles klar?«, fragte Suko.
»Jetzt schon.«
»Da fällt mir etwas ein, John. Ich bin doch mit diesem Adam Goldman vorgegangen und allein gewesen. Du kannst dich erinnern?«
»Ja, am Friedhof.«
»Gut.« Suko nickte gegen das Lenkrad. »Ich habe ihn gefragt, was passiert ist. Er war schließlich ein Zeuge. Aber das war ein Schuss ins Leere, wie ich zugeben muss. Er hat nichts gesagt. Ich weiß also nicht, was auf dem Friedhof passiert ist.«
»Wollte er nicht reden?«
»Nein, er konnte nicht. Er hatte nicht die Spur einer Erinnerung. Da ist einiges aus seinem Gedächtnis gelöscht worden.«
»Dachte ich mir. Er ist nur Mittel zum Zweck gewesen. Und er kann froh sein, dass er noch lebt. Die Totengöttin scheint wohl eine gute Phase gehabt zu haben.«
Suko stimmte mir zu und kam dann auf Justine Cavallo zu sprechen. »Man kann ja von ihr sagen, was man will, John, aber jetzt wünsche ich mir, dass sie bei Jane wäre. Eine bessere Leibwächterin kann man sich nicht vorstellen.«
Dagegen konnte ich nichts sagen. Doch auf die blonde Vampirin konnten wir uns nicht verlassen. Sie war unterwegs auf der Suche nach Mallmanns Erbe, den Halbvampiren. Da hatte sie genug zu tun. Wir waren erst mal aus ihrem Gedächtnis gestrichen.
»Wir ziehen es allein durch, Suko. Das ist besser so. Ich hoffe nur, dass der Einfluss der Totengöttin nicht zu groß gewesen ist. Ich möchte auf keinen Fall, dass Jane Collins einen Rückfall in alte Zeiten erleidet.«
»Da hast du mir aus der Seele gesprochen, John…«
***
Jane Collins hatte die Haustür kaum hinter sich geschlossen, als sie sich von innen dagegen lehnte, den Mund öffnete und erst mal tief durchatmete. Sie war allein, und das hatte sie gewollt. Das sollte auch so bleiben. Sie brauchte keinen Besuch, der sie ablenkte. Sie musste mit sich selbst klarkommen. Nach knapp einer Minute löste sie sich von ihrem Platz und zog ihre Jacke aus. Der Schnee darauf war geschmolzen. Nasse Flecken waren zurückgeblieben. Sie hängte die Jacke an der Garderobe auf und betrat die Küche, deren Fenster zur Straße zeigte.
Sie stellte sich so hin, dass sie von draußen nicht gesehen werden konnte, wobei sie einen Teil des Gehsteigs und der Straße überblickte. So sah sie auch den Rover, der jetzt wieder von zwei Männern besetzt war.
Jane war gespannt darauf zu erfahren, wie John und Suko reagierten. Dass sie misstrauisch waren, daran gab es nichts zu rütteln, aber Jane hatte ihrem Freund auch klargemacht, dass sie allein sein wollte, und dies wurde offenbar auch akzeptiert, denn Suko ließ den Rover langsam anrollen. Die Detektivin glaubte nicht daran, dass die beiden aufgegeben hatten. Sie hatten sich nur für den Moment zurückgezogen, was ihr entgegenkam, denn sie musste sich zunächst mit dem beschäftigen, was hinter ihr lag. Vergessen hatte sie nichts. So wusste sie sehr gut, wer sich in ihr Leben eingemischt hatte. Ihr war auch bekannt, dass die Kräfte der Totengöttin die ihren bei Weitem überstiegen. Auch wenn es nicht zu sehen war, konnte man sie als Präsent bezeichnen, und zwar durch das, was sie bei Jane Collins hinterlassen hatte. Sie war zwar allein und war es trotzdem nicht. Jemand hatte sie übernommen, da machte sie sich keine Illusionen, denn die Zeit auf dem Friedhof war ihr noch sehr präsent. Die Geister der toten Hexen hatten einen Wirtskörper gesucht und ihn in Jane Collins gefunden. Drei Geister für einen Körper, das war mehr, als ein Mensch verkraften konnte. Aber Jane musste damit fertig werden. Und man hatte sie ausgesucht, weil es in ihr noch schwache Hexenkräfte gab, die sie selbst kaum wahrnahm, anderen Personen aber nicht verborgen geblieben waren. Jane ging durch die untere Etage. Den Grund kannte sie selbst nicht. Sie wollte einfach nur herausfinden, ob sich etwas verändert hatte, was nicht der Fall war. Alles war so geblieben, auch im Wohnzimmer der verstorbenen Lady Sarah Goldwyn, von der Jane Collins das Haus geerbt hatte. Sie hörte nichts. Es gab keine fremden Geräusche. Auch aus den oberen beiden Etagen drang nichts an ihre Ohren.
Ihre Wohnung lag in der ersten Etage. Mit langsamen Bewegungen schritt Jane die Treppe hoch und war noch immer stark in ihren Gedanken versunken. Sie konnte sich nur mit der Vergangenheit beschäftigen, denn sie wusste nicht, was die Zukunft alles brachte. Gut würde es für sie nicht aussehen, dessen war sich Jane
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