1667 - Die Früchte des Wissens
halb verschüttet da. Aus dem Geröll ragten die Läufe eines Tiers, dazu der Schädel eines zweiten. Von den übrigen war nichts mehr zu sehen.
Niisu kletterte nach unten, so schnell er konnte. Den Tierleichen schenkte er keine Beachtung. Er trank, so hastig und soviel er konnte. Anschließend füllte er den Wassersack, den er bei sich trug, und kletterte so schnell wie möglich wieder hoch. Keine Sekunde zu früh: Das Rudel tauchte wieder auf. Jetzt endlich hatte es seine Witterung aufgenommen.
Aber es war viel zu spät.
Eine ganze Stunde lang kletterte Niisu weiter, bis er auf einen zweiten, gangbaren Pfad stieß. Er gab sich keinen Illusionen hin. Solche Zwischenfälle vergrößerten den Abstand zwischen ihm und seinem Stamm immer mehr. Aber vielleicht steckte in ihm das Zeug zu einem Einzelgänger; es gab deren nicht viele unter den Nomaden. Immer waren es Männer. Frauen waren aufgrund ihrer Gestalt nicht fähig, allein zu überleben. Auf der anderen Seite waren es die Sternpartnerinnen, die aus vielen Männern erst einen Stamm machten - dadurch, daß sie mit ihrer Verdauung und ihrer überlegenen Denkfähigkeit die anderen zusammenschweißten.
Das Gefalle ging allmählich in hügelige Landschaft über, je weiter sich Niisu nach oben arbeitete.
Und gegen Abend erreichte er einen Aussichtspunkt. Die wahre Höhe des Gebirges Rok lag vor ihm, in seiner ungeheuren Massivität und kargen Schönheit, mit den höchsten Gipfeln, die in roten und weißen Schnee getaucht waren, und den grünen Wolkenfeldern, die kurz darüber ihre Bahn zogen. Es gab tausend Pfade, die man begehen konnte. Von seinem Stamm entdeckte er jedoch nicht die geringste Spur. Und genausowenig entdeckte er Spuren von Tieren oder Vegetation.
Er hatte seinen Stamm verloren. Endgültig.
Ich bin ein Nomade. Einer, der immer vorwärts läuft und niemals zurück. Ich kann gegen den Drang nicht an, der in mir herrscht. Ich werde gehen. Aber ich gehe in mein Verderben, denn dies ist eine Höhen wüste.
Niisu betastete zunächst den Wassersack, dann die Reste der Zasavögel und sein Werkzeug. Für ein paar Tage reichte es, wenn er sparsam war. Hätte er nur die Ruhe gehabt, wieder zum Land Boor hinabzusteigen. Er konnte das Gebirge Rok umwandern, und wenn es ein ganzes Jahr dauerte. Aber nein ... Gegen den Drang vermochte sich Niisu nicht zu wehren. Es war dasselbe, was ein Tier zur Fortpflanzung trieb, ein Brehem dazu, sein Junges im Bau zu schützen, oder die Zasas, stets in Schwärmen aufzutreten. Es war seine Bestimmung.
Doch über eines war sich Niisu klar: Wenn er nicht bald die Frucht fand, hatte er das Ende des Weges erreicht
4.
Zwischenstopp Die Zeit verstrich so quälend langsam wie stets auf intergalaktischen Flügen. Wenn Atlan etwas kannte und haßte, dann das. Und der Schuldige an allem hieß wieder einmal Philip. Vor mehr als vier Jahren war es der Ennox gewesen, der die Expedition an die Große Leere angeregt hatte. Er hatte Rhodan, Atlan und der halben Milchstraße buchstäblich den Mund wäßrig geredet. An der Großen Leere, so hieß es, warteten unerhörte Geheimnisse, die unter anderem einen Zugang zur Dritten Ultimaten Frage böten.
Und 225 Millionen Lichtjahre später hatten sie das Ziel erreicht. Der Reihe nach erforschten sie jene Planeten, die der Ennox ihnen als besonders geheimnisvoll gepriesen hatte. „Sampler-Planeten" wurden sie genannt. Auf einem davon, einer Welt namens Noman, gab es die ersten Verluste. Eine ertrusische Kampfgruppe war verschollen und auf dem mehr als 200 Millionen Lichtjahre entfernten Mystery, einer Stützpunktwelt der Ennox, herausgekommen. Weshalb und warum, das wußte keiner.
Zumindest in einer Hinsicht jedoch hatte Philip die Wahrheit gesagt: Die Sampler-Planeten waren geheimnisvoll. Noman bot als erste Sensation nicht nur eine Art Gravo-Labyrinth, in dem eine völlig andere Schwerkraft herrschte als auf dem Rest des Planeten, sondern quasi als Zugabe freie Vorkommen von H5. Unter H5 verstand man eine chemische Unmöglichkeit: Wasserstoff mit dem Atomgewicht 5; ein solches Atom bestand aus einem Proton, vier Neutronen und einem Elektron. Sicher hatten die Wissenschaftler H5 unter Laborbedingungen längst hergestellt. Daß es aber stabil blieb, war absolut unmöglich.
Das waren die Gründe, weshalb Philip ihnen den Weg an die Große Leere gewiesen hatte. Die Ennox interessierten sich brennend für diesen Sektor des Kosmos. Sei es, weil ihnen als Kartographen des Universums die
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