1667 - Die Früchte des Wissens
verstrich. Und endlich tauchte ein dürrer, hochgewachsener Mann mit schneeweißen Haaren auf. „Mein Name ist Mirrit", begrüßte er sie reserviert. „Du bist die ExoÖkologin, korrekt?"
„Das stimmt."
„Dann muß ich dir sagen, daß wir an Bord der ATLANTIS sehr gut ohne deine Hilfe auskommen. Aber es ist zu spät. Du erhältst deine Kabine und deine Mahlzeiten wie jeder andere an Bord."
Cessie erhob sich. Sie war zwei Köpfe kleiner als der andere. Wenn er jedoch gehofft hatte, sie so leicht abzufertigen, hatte sich dieser Mirrit sehr getäuscht. „Mir wurde gesagt, daß an Bord der ATLANTIS bisher kein ExoÖkologe mitfliegt", sagte sie. „Wir haben Spezialisten genug", entgegnete der Arkonide abweisend. „Aber keinen ExoÖkologen."
„Du verstehst mich nicht, Cessie. Wir brauchen so etwas nicht. Du weißt ganz genau, weshalb du an Bord bist. Weil auf der BASIS ein Teil der Expeditionsleitung uns nicht über den Weg traut. Ich weiß nicht, wer es war, der uns deine Anwesenheit eingebrockt hat. Aber ich weiß, daß wir uns gewaltig darüber ärgern."
„Das ist nicht meine Schuld."
„Nein", räumte er ein. „Dann bitte ich dich, folgendes zur Kenntnis zu nehmen: Die Coma-Flotte untersteht dem Galaktikum. Du kennst die Gesetze, was den Umgang mit fremden Welten und fremden Völkern angeht. Sie dienen dem Schutz dieser Fremden. Sie sind nicht dazu da, den Arkoniden Steine in den Weg zu legen."
„Theorie." Mirrit verzog abfällig die Lippen, seine rötlichen Augen blitzten empört. „Die Praxis sieht anders aus, und das weißt du."
„Deshalb bin ich dabei. Wir Galaktiker haben nicht das Recht, einfach in der Gegend herumzufliegen und andere zu schädigen."
„Ich weiß nicht, was für Gedanken du in deinem Hirn wälzt. So etwas wird nicht geschehen. Du kannst alles überprüfen, Cessie Briehm, und hinterher fertigst du deinen Bericht an. Ich denke, damit hätten wir es."
„Keineswegs", gab sie unerschrocken zurück. „Ich verlange jederzeit Einblick in die Entscheidungen der Schiffsführung, soweit sie fremdes Territorium betreffen. Und das ist hier an der Großen Leere so ungefähr alles. Ferner verlange ich Zutritt zur Kommandobrücke.
Hinzu kommt das übliche Vetorecht." Sie lächelte sarkastisch. „Natürlich nur für den Fall, daß eine Handlung dieser Expedition gegen geltendes Recht verstößt."
Nun hatte es Mirrit die Sprache verschlagen. Er hob den Kopf und starrte sie aus fassungslos geweiteten Augen an. „Das hat uns gerade noch gefehlt ...", sagte er nach einer Weile. „Du mußt beschränkt sein, wenn du glaubst, dich hier so aufführen zu können."
„Ich kann, Mirrit. Und ich empfehle dir, die entsprechenden Passagen nachzulesen."
Cessie machte auf dem Absatz kehrt. Hinter sich ließ sie einen fassungslosen 1.
Kosmonauten zurück, mit grimmigem Gesicht und geballten Händen. Arkoniden mochten es nicht, wenn man ihnen in die Entscheidungen hineinredete. Wie verzogene Kinder, dachte sie und nahm sich vor, ein wachsames Auge zu haben
2.
Das Land Boor Es war der Tag, an dem Niisu und seine Sterngefährtin Cahlie von ihrem Stamm getrennt wurden. Und das war gleichbedeutend mit dem Tod.
Schuld hatte das Unwetter. Morgens strichen erste Vorboten über den Wald: grünlich schimmernde Wolkenfelder unter einem Himmel aus Violett, dazu die Schwärme von Zasavögeln, die auf dem Weg ins nahe Gebirge waren. Dort gab es Schutz vor den tödlichen Windböen. Im Fels existierten tausend Nischen und Überhänge, die der furchtbare Fallwind nicht erreichen konnte. Niisu starrte auf die eisbedeckten Gipfel.
Ganz nahe schienen sie ihm, obwohl er wußte, daß es nur an der dünnen Luft des Hochlands lag.
Sie waren ein Volk von Läufern. Aber dieses Ziel war viel zu weit. Ein halber Tageslauf durch das umliegende Dickicht - während der Sturm in spätestens zwei Stunden beginnen würde. Außerdem wären sie dem Sturm nur entgegengerannt, denn genau vom Gebirge her zog das Wetter auf.
Cahlie war die erste, die das nahende Verhängnis sah.
Er spürte, wie sich in seinem Nacken der Griff ihrer Beine versteifte. „Wir kriegen Schwierigkeiten, mein lieber Niisu... echte Schwierigkeiten!"
Cahlie war schwanger. Niisu spürte über ihre Nabelschnur den pulsierenden Strom. Sei ganz ruhig, Sterngefährtin. Die Aufregung wird unserem Nachkommen schaden. Er hatte keine Ahnung, was ein Sturm im Land Boor exakt bedeutete. Die Frauen wissen es, dachte er, denn sonst wären wir
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