1673 - Brennendes Atlantis
sodass der Eindringling freie Bahn hatte.
Purdy blieb nicht stehen. Sie ging zurück. Ihre Schritte waren unsicher. Sie hörte erneut das Knurren und war erst jetzt richtig in der Lage zu begreifen, was ihr widerfahren war.
Der Eindringling stand zwischen ihr und der Tür. Er sah aus wie ein großer Hund, aber das war er nicht.
Sie brauchte keinen zweiten Blick, um zu erkennen, dass es sich bei diesem Tier um einen Wolf mit weißem Fell handelte…
***
Diese Entdeckung machte die Staatsanwältin sprachlos. In ihrem Kopf herrschte Leere. Sie hatte das Gefühl, dass alles Blut aus ihrem Schädel gewichen war, und sie stand da, schaute dem weißen Wolf in die Augen und wunderte sich darüber, dass sie nicht zitterte. Sie tat gar nichts. Sie war einfach nur starr geworden.
Dann konzentrierte sie sich auf die Augen des Vierbeiners. Für Purdy war die gelbe Farbe nicht normal. Die Schnauze des Tieres war nicht unbedingt lang gezogen. Sie sah breiter aus als die eines normalen Wolfes.
Dann war da noch das Fell. So wunderbar hell. Weiß und sandfarben. Wunderschön eigentlich. Ein Fell zum Kuscheln, was sie allerdings auf keinen Fall wollte. Auch Bären sahen oft genug kuschelig aus. Diesen Irrtum hatten schon manche Menschen mit ihrem Leben bezahlen müssen.
Was wollte das Tier?
Purdy Prentiss glaubte auf keinen Fall, dass es sich verlaufen hatte. Nein, der Besuch galt ihr. Als wäre der Wolf so etwas wie ein Botschafter, der ihr etwas mitzuteilen hatte. Und dann stellte sich die Frage, woher das Tier kam. Es war bestimmt nicht aus einem Zoo entwichen, um sie aufzusuchen.
Die Frau mit den rötlichen Haaren beruhigte sich wieder, nachdem sie sah, dass der Wolf sie nicht angriff. Er schien sich sogar entspannt zu haben und auch der Blick seiner Augen hätte sich verändert. Es sah aus, als würde das Tier sie interessiert anschauen und dabei über etwas nachdenken.
Das ist ja verrückt!, dachte sie. Aber sie kam von diesem Gedanken nicht los.
Der Wolf bewegte sich auf der Stelle. Er schüttelte sein Fell, öffnete weit sein Maul und schien die Staatsanwältin angähnen zu wollen. Es war eine List, denn so träge war er nicht. Er hatte das Maul noch nicht ganz-geschlossen, als er sich tappend in Bewegung setzte und auf Purdy zuging.
Plötzlich stand sie wieder unter Strom. Sie wusste im Moment nicht, wie sie sich verhalten sollte. Stehen bleiben oder zur Seite gehen?
Vielleicht doch einen Fluchtversuch starten?
Das Nachdenken dauerte zu lange. Der Wolf hatte sie schon beinahe erreicht. Sie ging automatisch zurück und bewegte sich dabei in ihrer Wohnung wie eine Fremde. Sie schaute weder nach links noch nach rechts, bis sie zusammenzuckte, als sie in Höhe ihrer Kniekehlen einen Widerstand spürte.
Purdy fiel nach hinten - und landete in einem der beiden Sessel. Leicht federte sie nach, während ihr durch den Kopf schoss, dass sie sich durch diese Aktion selbst den Fluchtweg versperrt hatte. Aus dem Sessel kam sie nicht so rasch wieder heraus. Diese Tatsache beschleunigte ihren Atem.
Der Wolf würde leichtes Spiel haben, ihr an die Kehle zu springen und zuzubeißen. Allerdings hätte er damit nicht so lange warten müssen. Das hätte er schon längst haben können, aber er hatte es nicht getan. Genau diese Überlegungen sorgten bei der Staatsanwältin für eine große Unsicherheit. Sie riss sich zusammen und wollte dem Tier gegenüber ihre Angst nicht zeigen.
Die Gedanken wirbelten trotzdem durch ihren Kopf, und sie fragte sich, ob sie es hier mit einem normalen Tier zu tun hatte oder mit einem Werwolf.
Auch das war möglich, denn Purdy Prentiss gehörte zu den Menschen, die darüber Bescheid wussten. Sie kannte zahlreiche Geheimnisse, die hinter dem Sichtbaren lagen und wusste, dass es so etwas wie eine zweite Welt gab. Der Wolf schlich näher. Purdys Gedankenkette brach ab. Sie hatte nur Augen für das Tier mit dem weißen Fell, das sich immer näher an sie heranschob.
Noch eine halbe Armlänge, dann hatte es sie erreicht, und diese Distanz war innerhalb einer Sekunde überbrückt, sodass es zu einer nächsten Berührung zwischen den beiden kam.
Sie war weniger hart als die erste. Purdy konnte sie sogar als zärtlich bezeichnen. Das Tier schnüffelte und rieb dann seine Schnauze gegen ihre Knie.
Das konnte sie nicht fassen. Damit hätte sie niemals gerechnet. Das Tier benahm sich wie ein Freund.
Die Anspannung, die sie bisher unter Kontrolle gehalten hatte, wich allmählich. Purdy fühlte sich zwar
Weitere Kostenlose Bücher