1674 - Attacke der Grausamen
feststeckte.
Der Stress war nicht mehr so hoch und Ray Miller spürte wieder die Schmerzen auf seinem Kopf. Er hob den rechten Arm, um mit den Fingerspitzen über seine Kopfhaut zu streichen.
Einige Male zuckte er zusammen, als er die Wunden berührte. Er fürchtete sich sogar davor, die Finger zu betrachten. Schließlich tat er es doch und sah, dass seine Kuppen blutig waren.
Miller fluchte. Und er fluchte auch darüber, dass er sich in einer von Gott verlassenen Gegend befand, in der kaum ein Auto fuhr.
Wo steckte der Angreifer?
Noch immer glaubte Miller daran, dass er sich nicht zurückgezogen hatte. Doch er war nicht zu sehen, so sehr sich der Mann auch anstrengte, ihn zu entdecken. Er sah ihn weder in der Luft noch auf dem Boden über die Straße gleiten. Hätte er mit seinem Auto auf der Straße gestanden, wäre alles leichter gewesen. Nur steckte er fest. Er konnte den Wagen nicht mehr aus eigener Kraft aus dem Graben lenken. Wenn er flüchten wollte, ging das nur zu Fuß. Und er würde eine lange Strecke zurücklegen müssen, bevor er eine Ansiedlung erreichte.
Angeschnallt hatte er sich nicht. So konnte er sich einigermaßen gut bewegen. Er schaute in alle vier Himmelsrichtungen und suchte nach seinem Feind. Den sah er nicht. Weder in der Luft noch auf dem Boden. Allerdings war der Waldrand nur ein paar Schritte entfernt und Ray Miller konnte sich vorstellen, dass sich das Wesen dort versteckt hielt und ihn beobachtete. Das war auch schon vor dem Angriff so gewesen.
Miller schloss die Augen und atmete tief durch. Er musste einen Entschluss fassen. Die vor ihm liegende Nacht wollte er nicht in seinem Wagen verbringen. Noch war die Dunkelheit nicht da und auf sie konnte er sich auch nicht verlassen. Miller wollte flüchten, solange es noch hell war, und er hoffte, dass man ihn wegkommen ließ.
»Ja, ich muss es schaffen«, machte er sich selbst Mut und drückte die Fahrertür auf. Vorsichtig stieg er aus. Als er seinen Fuß aufsetzte, gab der Boden unter ihm nach. Er war in den Graben getreten, und auf dessen Boden lag eine Schlammschicht. Er richtete sich auf. Der erste Rundblick sorgte bei ihm für ein Gefühl der Erleichterung. Er schaute auch zum wolkigen und grauen Himmel, aber da bewegte sich nichts. Kein anderer Vogel war zu sehen: Jetzt sah er auch, was ihm zum Verhängnis geworden war. Die Straße führte nicht mehr geradeaus weiter, sie lief in eine Rechtskurve hinein, die er nicht hatte sehen können. Er stieg aus dem Graben. Dass er nasse Füße bekam, störte ihn nicht, wichtig war, dass er laufen konnte und auf der freien Strecke keinen Angriff erlebte.
Und es klappte. Zumindest auf den ersten fünfzig Metern. Da blieb er noch mal stehen und schaute sich um.
Es war kein Angreifer zu sehen. Das machte ihm kaum Mut, denn er wollte einfach nicht glauben, dass dieses Wesen aufgegeben hatte.
Er lief schneller und stellte bald fest, dass er das Laufen nicht mehr gewohnt war. Einige Male schwankte er wie ein Rohr im Wind. Aber er gönnte sich keine Pause. Sein Ziel, eine Ansiedlung zu erreichen, hatte er nicht aufgegeben. Wie weit war sie weg?
Das wusste er nicht. Dicht vor ihm gab es jedenfalls keine, denn er konnte die Straße einsehen, die weit vor ihm in ein flaches Tal führte und sich deshalb senkte. Ray Miller ging davon aus, dass sich seih Leben mit diesem Tag verändert hatte. Sollte er überleben, würde er sich etwas überlegen, denn diesen Angriff würde er nicht vergessen und auch nicht verkraften können.
Es dauerte nicht mehr lange, da verspürte er so etwas wie eine Erschöpfung in den Beinen. Auch sein Atem ging schwerer. Er fluchte über sich selbst, weil er zu viele Abende in Bars verbracht hatte und nicht in einem Fitnesscenter. Trotzdem musste er weiter. Oder sich, wenn er kein Dorf fand, ein Versteck suchen, um dort die nächsten Stunden und auch die Nacht zu verbringen. Es war für ihn schon kein Laufen mehr, sondern ein Vorankämpfen. Der Atem pfiff über seine Lippen, ein normales Laufen war nicht möglich, weil er immer wieder von einer Seite zur anderen schwankte. Die Angst saß ihm im Nacken und sie empfand er wie eine unsichtbare Peitsche, der er gehorchen musste.
Dann passierte es.
Ein Geräusch war plötzlich da. Den Verursacher entdeckte er nicht, aber er wusste, woher es ihn erreicht hatte.
Ray Miller blieb stehen und drehte sich um.
Weit riss er seinen Mund auf. Er gab trotzdem keinen Schrei ab, denn das Entsetzen hatte ihm stumm werden lassen.
All
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