Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
168 - Das fremde Leben

168 - Das fremde Leben

Titel: 168 - Das fremde Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Ziebula
Vom Netzwerk:
Verschwinden des Schwarzen Ackh'man die Flucht ergriffen hatten, waren zum größten Teil den vereinigten Streitschwärmen der Ditrydree unter Ardi'bud in die Hände gefallen. Nach letzten Schätzungen war es nicht einmal zehntausend Westbarbaren gelungen, ins offene Meer zu fliehen.
    Das Wasser innerhalb der Stadtkuppel und über der Talmulde war von Blut verseucht. Um es auszutauschen, hatten die überlebenden Einwohner Quallenpumpen an den vier Toren installiert. Dabei sah es außerhalb der Stadt nicht viel besser aus: Noch lange nicht hatte die Meeresströmung über dem Steilen Sund das dort vergossene Blut abtransportieren können.
    Die Schwärme des Ersten Kriegsmeisters zogen an Transportfischen befestigte Schleppnetze durch das Meer, um die unzähligen Leichen einzusammeln und zur Küste zu transportieren. Dort, auf Trockenrotgrund, sollten sie verbrannt werden. An eine würdevolle Zeremonie war nicht zu denken.
    Gilam'esh schwamm zum Innentor der Zentralkuppel. Er wich einem Schildpanzerfisch aus, mit dem zwei Ikairydree ein Netz voller Toter abtransportierten. Wer immer in der Stadt unverletzt geblieben war und noch ein wenig Kraft hatte, half mit, die vielen Leichen nach draußen zu schaffen.
    Kurz vor dem Innentor sah Gilam'esh auf halber Kuppelhöhe die zierliche Gestalt eines Silberschuppigen wie tot im Wasser treiben. Sie trug eine Kappe und einen Ganzkörperanzug aus dunkelblauem Fischleder. Der Ikairydree war aber nicht tot. Gilam'esh erkannte es an seinen bebenden Kiemenklappen und den ständigen Verfärbungen seines Scheitelkamms. Er schwamm zu ihm und sprach ihn an.
    »Rotgrunds Wärme und das Lachen seiner Schöpfer sei mit dir. Ich bin Gilam'esh, der Kriegsmeister von Tarb'lhasot. Ich möchte die technische Anlage sehen, in der ihr jene Strahlen erzeugen könnt, die so viele Patrydree vernichtet haben. Geleite mich bitte dort hin.«
    »Gilam'esh…« Der Ikairydree flüsterte. Es war ein Gebärer, eine ziemlich alte Mutter. »Gilam'esh von Tarb'lhasot …« Ihre Unterlippe zitterte, ihre Augenmembranen waren trüb.
    »Nur drei… so viele, Gilam'esh … so viele sind gestorben … mein Volk… nur drei …«
    Und plötzlich erkannte er sie. »Bei den Schöpfern! Du hier, Wanil'ama?« Ja, es war tatsächlich die Erste Forscherin von Quirb'an'mazut. Einst hatte sie zu einer Expedition gehört, der Gilam'esh vor vierzig Umläufen auf Trockenrotgrund begegnet war. Er hatte die Silberschuppigen damals aus den gefräßigen Klauen der Patrydree befreit.
    »So viele gestorben, so viele…« Wie im Fieber stammelte Wanil'ama.
    Es gelang Gilam'esh nicht, einen zusammenhängenden Satz aus ihr heraus zu bekommen. Wenn er sie richtig verstand, gehörte sie zu den einzigen drei überlebenden Ikairydree ihrer vor zehn Lichtern zerstörten Stadt. Irgendwann schließlich wandte sie sich ab, tauchte zum Innentor und bedeutete ihm mit einer Handbewegung, ihr zu folgen.
    Ein paar Ditrydree schleppten ein Netz aus dem Tor in die Zentrumskuppel. Diesmal keine Leichen, sondern drei Gefangene. Apathisch hingen die Quastenschuppigen in den Maschen. Wanil'ama und Gilam'esh schwammen durch das Tor in die Verteilerröhre und von dort über eine Brücke in einen südlichen Stadtteil von Ikairy'danut. Durch eine spiralartig gewundene Röhre stiegen sie bis zur höchsten Ebene der Kuppelstadt auf. Sie lag direkt unter dem Zenit der Kuppel.
    Ein Kreis aus mächtigen Maschinenblöcken stand in der Mitte des Kuppelraums. Sie schwammen darüber hinweg. An einer Wand entdeckte Gilam'esh ein bionetisches Netz.
    Gefangene Patrydree hingen in den Maschen. Vier Ditrydree-Krieger bewachten es. Vermutlich warteten die Gefangenen auf den Abtransport.
    Im Inneren des Maschinenkreises gab es eine runde Plattform aus rotem Kristall. Sie durchmaß ungefähr achtzehn Längen. Vor ihr, in einem von neun Sesseln, saß ein Ikairydree.
    Wie Wanil'ama war er mit einem dunkelblauen Fischlederanzug bekleidet. Vor ihm ließen sie sich zu Boden sinken.
    »Rotgrunds Wärme und das Lachen seiner Schöpfer sei mit dir!«, begrüßte Gilam'esh den Ikairydree. Beim zweiten Hinsehen erkannte er Leg'wanot, den Hochrat von Quirb'an'mazut. Seine silbrigen Schuppen glänzten nicht, sein Scheitelkamm war von einem matten Blau. Auch er hatte zu jener Forschungsexpedition aus Quirb'an'mazut gehört, die Gilam'esh vor vierzig Umläufen während seiner Reifeprüfung getroffen hatte.
    Leg'wanot hob die Rechte so langsam und matt, als würde diese Bewegung ihn seine

Weitere Kostenlose Bücher