1695 - Rasputins Erben
Gegenseite nicht schläft und bald hier antanzen wird.«
»Was wollen diese Leute denn?«
»Informationen holen. So wie ich. Und das habe ich mir nicht aus den Fingern gesogen.«
Helen senkte den Blick. Dann drehte sie den Kopf etwas, um auf ihre Freundin Lisa zu schauen, die noch immer am Boden hockte. Sie weinte nicht mehr. Die Hände hatte sie ebenfalls sinken gelassen und starrte ins Leere.
Borodin meldete sich wieder. »Ich habe Ihnen alles gesagt, was wichtig ist. Und ich denke, dass es besser ist, wenn Sie dieses Haus so schnell wie möglich verlassen. Die Gegenseite wird bald hier erscheinen.«
»Wenn Sie das sagen«, flüsterte Helen.
»Glauben Sie mir, ich meine es gut mit Ihnen.«
Helen Snider wusste, was sie zu tun hatte. Sie drehte sich der Wand zu, an der Lisa hockte. Ob sie alles mitbekommen hatte, was gesagt worden war, wusste sie nicht, aber Lisa musste mit, auch wenn ihr Zustand nicht eben optimal war.
Sie tippte Lisa an.
»Lass mich.«
»Bitte, wir können nicht länger hier in der Wohnung bleiben. Wir müssen weg. Ich mache dir einen Vorschlag. Wir gehen zu mir, da sind wir bestimmt sicher.«
»Vor wem denn?«
»Das erzähle ich dir unterwegs. Aber du darfst dich jetzt nicht sträuben. Ich will nicht noch mal mit diesen furchtbaren Kerlen zusammentreffen. Das eine Mal hat mir gereicht.«
Helen Snider hatte die richtigen Worte gefunden.
Lisa bewegte sich und wollte aufstehen. Ihre Freundin half ihr, und sie spürte dabei, wie sehr Lisa zitterte. Das kam bestimmt nicht durch die Kälte. Es musste an der Angst liegen, die sie erfasst hatte.
Als Lisa stand, richtete sie den Blick ihrer vom Weinen geröteten Augen auf Gabriel Borodin. »Ist das alles richtig, was wir hier machen?«
»Es ist das Beste.«
»Und die Mörder hatten es auch auf mich abgesehen?«
»Bestimmt.«
Lisa presste die Lippen zusammen. Sie flüsterte etwas, was die anderen nicht verstanden. Dann ließ sie sich von ihrer Freundin zur Wohnungstür führen.
Bevor sie sie erreichte, drehte sie sich noch mal um. »Und was werden Sie hier machen?«
»Ich muss nach etwas suchen, und wenn ich es gefunden habe, werde ich auch so schnell wie möglich verschwinden.«
»Bleiben wir denn in Kontakt?«
»Wir werden sehen.«
Es war alles gesagt worden. Helen führte ihre Freundin auf die Wohnungstür zu. Sie öffnete sie und schob Lisa als Erste in den dunklen Hausflur, in dem das Licht längst verloschen war. Bis zur Treppe waren es nur ein paar Schritte. Im Dunkeln wollten die beiden Frauen die kurze Distanz trotzdem nicht zurücklegen. Helen suchte bereits nach dem Lichtschalter, als sie in der Bewegung innehielt.
Sie hatte etwas gehört, das ihr gar nicht gefiel. Zum Glück nicht in ihrer Nähe, sondern unter ihnen. In der Nähe der Haustür. Es waren Schritte, die sehr verhalten klangen, als würde sich jemand bemühen, so leise wie möglich zu gehen. Und es war nicht nur eine Person.
Helen dachte sofort an die Warnung des Russen. Dabei schoss ihr das Blut in den Kopf, ihr Herz schlug schneller, und sie wusste, dass sie etwas unternehmen musste.
Nach unten war ihnen der Weg versperrt. Sie hatte zwar nicht gesehen, wer da gekommen war, trotzdem wollte sie keinem Fremden in die Arme laufen.
»Komm mit, Lisa!«
»Wohin denn?«
Helen deutete auf den Beginn der Treppe, die in die nächste Etage führte.
»Das ist unser Weg.«
Lisa Cameron tat alles, was man ihr sagte. Sie war nicht mehr sie selbst und ließ sich führen wie ein kleines Kind, wobei Helen darauf achtete, dass sie so leise wie möglich gingen. Auf keinen Fall wollte sie sich verraten, und sie machte sich nur den Vorwurf, Gabriel Borodin nicht gewarnt zu haben …
***
Suko war nicht nur ein guter Fahrer, sondern auch ein exzellenter Verfolger. Wir blieben dem Taxi auf der Spur und glaubten nicht, dass man uns entdeckt hatte.
Die Fahrt führte nach Brompton. Als wir eine Kirche passiert hatten, rollte der Wagen vor uns langsamer. Dann flackerte das rechte Blinklicht auf, und das Taxi bog in eine schmale Straße ein, die ich noch nie gesehen hatte. Suko erging es ebenso.
Wir ließen dem Taxi einen gewissen Vorsprung, und ich glaubte, dass wir uns in der Nähe des Ziels befanden. Da hatte ich mich nicht getäuscht. Die Bremslichter leuchteten auf, dann hielt der Wagen an.
Auch Suko stoppte. Das musste er, weil er an dem Taxi nicht vorbeikam. Es hatte mitten auf der Straße angehalten. Einen anderen Platz gab es nicht, weil rechts und links die Straße
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