1697 - An Bord der STYX
Mila beachtete es nicht. „Bitte, Nadja, tu mir ein einziges Mal diesen Gefallen. Es ist nichts damit verbunden. Keine Verpflichtung. Rein gar nichts." Nadja packte Alaska am Arm. „Red du mit ihr. Auf mich hört sie ja nicht." Der Terraner nickte und wandte sich an Moira: „Unter einer Bedingung stimmen wir zu. Du benutzt nicht den Übergang.
Sobald du siehst, daß Mila nicht mehr kann, kehrst du mit ihr um. Sofort!"
„Sieh an, Alaska Saedelaere. Das wollte ich gerade vorschlagen." Die Söldnerin verdunkelte ihr Visier und wartete, bis Mila ihren SERUN geschlossen und getestet hatte. Alle Systeme arbeiteten wieder einwandfrei.
Langsam folgte die Gäanerin Moira zum Höhleneingang. Alaska und Nadja hielten sich dicht hinter den beiden. Sie sanken in das Labyrinth hinab und schwebten die Stollen und Gänge entlang.
Und dann sahen sie im Licht ihrer Helmscheinwerfer den Schacht. Sein Durchmesser fiel etwas kleiner aus als bei Shaft oder Canaxu, rund hundertzwanzig Meter. Der Querschnitt war nicht kreisrund, sondern oval. Und die Tiefe betrug nicht viel mehr als knapp neunhundert Meter. Nadja konnte sich also aussuchen, ob sie oben am Rand wartete oder im Schacht selbst. „Willst du nicht doch ...", begann Nadja. Ihre Schwester schüttelte stumm den Kopf. Sie blickte nach vorn, wo Moira bereits über den Rand des Schachtes trat und sich in die Tiefe fallen ließ. Zehn Meter legte sie zurück, dann berührte sie irgendwo einen Sensor an einem der Geräte an ihren Beinen und bremste ihren Fall ab. „Voltago ist ein Krüppel", hörten sie die Stimme der Söldnerin. „Er kann nichts und weiß nichts. Komm jetzt, Mila Vandemar. Bei mir bist du gut aufgehoben."
„Mila!" Alaskas Ruf ließ die Gäanerin herumfahren. Ein dunkler Schatten flog auf sie zu, und sie griff geistesgegenwärtig danach. Aus großen Augen starrte Mila auf die Waffe, die ihr der Terraner zugeworfen hatte. „Für alle Fälle", schärfte er ihr ein. „Dort unten nützt sie vielleicht sogar etwas gegen Moira. Viel Glück!" Mila warf ihm die Waffe vor die Füße und sprang der Söldnerin hinterher. Nadja und Alaska blieben am Rand zurück und starrten den beiden nach. Fünfzig Meter, hundert, zweihundert.
Die beiden Körper sanken schneller und wurden nach der Fünfhunderter-Marke wieder langsamer.
Nadja griff Alaskas Handschuh und hielt ihn fest. „Gib mir die Waffe", verlangte sie. Saedelaere schüttelte den Kopf. „Wir brauchen sie nicht. Du hast die Geste deiner Schwester doch verstanden, oder?" Mila hatte längst zu Moira aufgeschlossen. Nebeneinander sanken sie im Zentrum des Schachts abwärts; optisch waren sie nur noch durch die Lampe an Milas Helm auszumachen. „Jetzt", ächzte Nadja. „Neunhundert. Gleich geht‘s los. Gib mir deine Hand, Alaska." Die Anzeige stieg auf neunhundertdreißig, dann auf neunhundertfünfzig. Kurz vor der Tausend-Meter-Marke hielten die beiden Körper an und verharrten zwanzig, dreißig Sekunden. Vier Minuten! Das war das Maximum. Mehr war nicht drin. Sie wußten es beide, Nadja und Alaska. Und die beiden dort unten wußten es auch, Mila ganz besonders. Nadja stieß einen unterdrückten Schrei aus. Milas Körper fiel nach unten, frei und ohne Einwirkung eines Schwerkraftneutralisators.
Tausend Meter. Der Körper kam zum Stillstand, sank dann in Zeitlupe weiter. Moira hielt sich immer dicht neben der Spiegelseherin, jederzeit bereit zum Eingreifen. „Sie bringt sie noch um", zischte Nadja und ließ Alaska los. „Sei still." Alaska war überzeugt, daß dort unten eine rege Kommunikation stattfand. Doch nichts drang zu ihnen herauf. Sie sahen nur an den Anzeigen ihrer Anzüge, daß die Bewegung der beiden wieder zum Stillstand kam. „Spürst du etwas, Nadja?"
Die Frau schüttelte den Kopf. „Nein. Doch, ich glaube es. Vielleicht ist es nur Einbildung. Mila, komm zurück!" Hilflos kauerten sie am Rand des Schachtes und starrten in die Tiefe. Wieder bewegten sich die beiden dort unten. Drei weitere Meter sanken sie abwärts. Moira umkreiste Mila und schien auf sie einzureden. Zehn Meter trieben sie nach oben, dann wieder ein paar Meter hinab. Auf tausendundfünfzehn Meter schafften sie es und nochmals vier Meter dazu. Dann mußten sie auf die Marke tausendundelf zurückkehren. Schließlich wagte sich Mila auf tausendzweiundzwanzig, doch folgte sofort die Flucht nach oben unter die Tausender-Marke. Die vier Minuten waren jetzt um.
Aufatmend verfolgten die beiden Beobachter, daß sich die beiden
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