1699 - Wolfshatz
schrie auf. Das musste sein. Dieser Schrei war nötig, um sich Mut zu machen. Er hatte einen Teilsieg errungen, der Wolf war weg. Zumindest einer. An die anderen drei Tiere wollte er nicht denken.
Er hätte den Wagen eigentlich drehen wollen, um in die Richtung zu fahren, aus der er gekommen war. Das tat er jetzt nicht. So schnell wie möglich fuhr er geradeaus weiter, und er achtete auch nicht auf den Untergrund, der alles andere als glatt war.
Er raste weiter. Der Jeep schlingerte manchmal über den Boden, und erst als die großen Steine im kalten Licht der Scheinwerfer erschienen, da musste er mit dem Tempo heruntergehen oder bremsen.
Er entschied sich für den Halt, ließ den Motor aber laufen, das gab ihm Sicherheit.
Der Atem floss keuchend aus seinem Mund. Tim spürte den Druck hinter seinen Augen. Sein Herz schlug längst nicht mehr normal. Und wenn er auf seine Hände schaute, dann sah er das leichte Zittern der Finger.
Noch etwas war hinzugekommen. Er fühlte sich wie aus einem Bad entstiegen. Der Schweiß bedeckte seinen gesamten Körper und hatte auf der Haut so etwas wie eine zweite Schicht gebildet.
Hatcher bemühte sich, seinen heftigen Atem zu beruhigen. Er hatte es geschafft, er war dieser tödlichen Gefahr entkommen. Aber war wirklich alles wieder normal geworden?
Tim wollte nicht aussteigen. Ihm standen die Spiegel zur Verfügung, und in sie schaute er hinein.
Die Gegend hinter ihm lag in der Dunkelheit. So sehr er sich auch anstrengte, er sah darin keine Bewegung. Die Wölfe schienen ihre Angriffe aufgegeben zu haben.
Aber hatten sie das wirklich?
Der Ranger konnte sich darauf keine Antwort geben. Aber es ging ihm jetzt besser, denn auch knapp eine halbe Minute später sah er keine Verfolger mehr.
Erst jetzt erlebte er die Reaktion auf den Angriff. Bei ihm begann das große Zittern. Er sah nach vorn und berührte mit der Stirn das Lenkrad. Seine Hände legte er gegen die Wangen, flüsterte etwas vor sich hin, was er selbst nicht verstand, und hatte sich erst nach einigen Minuten so weit gefangen, dass er wieder zu sich kam und auch normal reagieren konnte.
Zuerst warf er einen Blick in die Spiegel.
Darin malte sich nichts ab. Keine hektischen Bewegungen irgendwelcher vierbeinigen Verfolger. Sie schienen das Interesse an ihm verloren zu haben, aber umgekehrt war es nicht der Fall, denn diesen Angriff der völlig aus der Bahn geworfenen Wölfe wollte er nicht einfach hinnehmen.
Da musste etwas geschehen, und er wollte die Initiative ergreifen.
In seinem Kopf hatte sich bereits ein Plan gebildet. Das hier war ein Ereignis, bei dem er Verbündete brauchte. Und er wusste schon, an wen er sich wenden konnte.
Nachdem sich dieser Gedanke bei ihm festgesetzt hatte, startete er den Jeep …
***
Dr. Maxine Wells war froh, den Tag hinter sich zu haben. Ihre Tierarztpraxis war über Stunden hinweg voll gewesen, als gäbe es nur einen Tierarzt in Dundee. Sie war gezwungen gewesen, eine Frau zu holen, die früher einmal als Hilfe in einer Praxis gearbeitet hatte, um der Arbeit Herr werden zu können.
Alles ging vorbei, auch dieser Tag, und sie glaubte nicht mehr daran, dass sich der so leicht wiederholen würde. Bei Dunkelheit hatte sie die Praxis geöffnet und sie bei Dunkelheit wieder geschlossen. Dann war sie froh gewesen, sich in ihre privaten Räume zurückziehen zu können, denn nur dort konnte sie richtig durchatmen. Privathaus und Praxis bildeten eine Einheit. Sie musste nur durch eine Verbindungstür gehen, um sie zu betreten.
Maxine Wells lebte nicht allein. Mit ihr zusammen wohnte ihre Ziehtochter.
Carlotta, das Vogelmädchen. Eine Person, die tatsächlich Flügel hatte und deshalb fliegen konnte, was der Traum vieler Menschen war. Ihr Fliegen war durch eine Veränderung der Genstruktur geschaffen worden. Sie war eine Gefangene in einem Gen-Labor gewesen. Ihr war schließlich die Flucht gelungen, und nach einigem gefährlichen Hin und Her hatte sie bei der Tierärztin Unterschlupf gefunden.
Carlotta und Maxine bildeten ein perfektes Team. Da konnte sich die eine auf die andere verlassen, und Maxine hatte es bisher geschafft, das Geheimnis ihrer Ziehtochter vor den Augen der Öffentlichkeit zu verbergen, was nicht immer leicht gewesen war, aber sie hatte es letztendlich geschafft.
Manchmal half Carlotta ihr auch in der Praxis, aber nur, wenn sie allein waren. Ansonsten zog Carlotta ihre Ausflüge durch, und auch da musste sie achtgeben, dass man sie nicht entdeckte. Und sie hatte
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