17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
Hand alles in das Gegenteil zu verwandeln pflegt. Nicht Ihr habt uns, sondern wir haben Euch gerettet. Soll ich Euch dafür den Rappen schenken?“
„Wer hat das verlangt? Es fällt mir nicht ein, eine Belohnung von Euch zu begehren; aber Ihr wißt, wie sehr ich mich nach dem Besitz des Pferdes sehne. Ich hätte es Euch abgekauft. Ich hätte Euch eine Anweisung gegeben, ein Blankett, welches Ihr mit der von Euch gewünschten Summe ausfüllen konntet, ohne daß ich hingeschaut hätte, sie wäre Euch ausgezahlt worden. Rih hätte einen Stall erhalten, in welchem ein Fürst wohnen könnte, und wäre aus marmorner Krippe mit dem aromatischen Heu aus Wales, dem besten Hafer aus Schottland und dem saftigsten Klee aus Irland gefüttert worden!“
„Und wäre dabei zugrunde gegangen. Rih will in der Wüste wohnen und ihre Kräuter fressen. Einige Bla Halefa (geringste Sorte getrockneter Datteln, Pferdefutter) sind die größte Delikatesse für ihn. Nein, Sir; Ihr seid ein reicher Mann, ein Millionär, und habt die Mittel, alle Eure Wünsche erfüllt zu sehen. Halef aber ist ein armer Kerl, der nichts wünschen darf, weil er weiß, daß er nichts bekommen kann. Dieses Geschenk geht ihm über alle Freuden und Wonnen, welche Mohammed den Gläubigen bereits hier auf Erden verheißt. Er soll es haben. Ich habe es gesagt und kann nicht zurück.“
„So! Ihn wollt Ihr selig machen; ihn hebt Ihr in den siebenten Himmel; aber meinen Freuden und Wonnen gehen Euch nichts an. Hole Euch der Teufel, Sir! Wenn jetzt ein Spitzbube käme, der Euch mir stehlen wollte, ich würde nichts dagegen sagen, sondern ihn vielmehr flehentlichst bitten, Euch mitzunehmen und beim Trödler für sechs oder acht Para zu verkaufen!“
„Danke für diese Wertschätzung! Acht Para sind noch nicht ganz vier Pfennige. Ich habe wirklich nicht geahnt, daß ich ein gar so billiger Artikel bin. Aber was habt Ihr denn? Leidet Ihr an Kopfschmerzen, Sir?“
Er hatte nämlich mehrere Male, bald mit der linken, bald mit der rechten Hand nach seinem Kopf gegriffen, den Fez in die Stirn oder in das Genick geschoben und dabei mit den Fingern diejenigen energischen Bewegungen gemacht, welche geeignet sind, ein gewisses Wildbret aufzustöbern.
„Kopfschmerzen? Wieso?“ fragte er.
„Weil Ihr so oft nach dem Kopf greift.“
„Davon weiß ich nichts; das geschieht ganz unwillkürlich, wohl weil der Fez nicht ganz richtig sitzt.“
Aber noch während er sprach, kratzte er sich abermals.
„Seht, soeben geschieht es wieder, und der Fez hat doch ganz richtig gesessen.“
„Ja, hm! Wißt Ihr, es scheint, ich habe verdorbenes Blut. Es setzt sich in der Kopfhaut fest und beginnt zu jucken. Ich werde, wenn ich nach Altengland komme, eine Blutreinigungskur vornehmen, Lindblüten- und Holundertee mit strengster Diät und einem achtpfündigen Plumpudding täglich.“
„Quält Euch nicht mit einer solchen Hungerkur! Die Pflaumen und Rosinen des Puddings würden Euch den Magen verderben. Ein wenig Fett mit Quecksilber tut es auch, und zwar erfordert diese Kur die Zeit von nur fünf Minuten.“
„Meint Ihr?“
„Ja. Wolltet Ihr warten bis zum Holundertee in Altengland, so würdet Ihr jedenfalls nur als Skelett dort ankommen; die weicheren Körperteile wären indessen verspeist worden.“
„Von wem?“
„Von dem, was Ihr unreines Blut nennt. Diese sonderbaren Blutstropfen haben nämlich ganz eigentümlicherweise sechs Beine und einen Rüssel, welcher höchst unangenehm wirken kann.“
„Wie – wa – waaas?“ fragte er, mich erschrocken ansehend.
„Ja, mein lieber Herr! Vielleicht habt Ihr das Latein Eurer Jugendjahre noch einigermaßen fest. Wißt Ihr noch, was Pediculus capitis bedeutet?“
„Hab's jedenfalls gewußt, ist mir aber entfallen.“
„Oder wißt Ihr, welches liebliche Geschöpf der Araber ‚Khamli‘, der Türke aber ‚Bit‘ nennt? Der Russe sagt ‚Woschj‘, der Italiener ‚Pidocchio‘, der Franzose ‚Pou‘ und der Hottentott ‚t' Gada‘.“
„Seid still! Laßt mich mit Türken und Hottentotten in Ruh'! Ich verstehe keins dieser Wörter!“
„So habt die Güte, Euer Haupt zu entblößen und einmal das Innere Eures Fez zu untersuchen. Vielleicht macht Ihr eine wichtige Entdeckung, welche Euch den Ruf eines berühmten Insektenkenners einbringen wird.“
Er riß die Mütze vom Kopf, blickte aber nicht hinein, sondern fragte ganz betroffen:
„Wollt Ihr mich beleidigen? Oder meint Ihr etwa, daß da drin –?“
„Ja, ich
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