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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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denke!“
    „So sind wir einer Meinung, und das ist gut.“
    „Kannst du es beweisen?“
    „Ja. Ich bin nach Rugova gekommen, um hier das Beweismaterial zu vervollständigen. Er kann mir nicht entgehen.“
    „O Allah, wenn das wäre! Dann würde das Land von seinem Schrecken befreit. Herr, ich habe vorhin gesagt, daß ich und der Perser einander nichts getan hätten. Ich mußte so sagen, denn ich kannte dich nicht. Jetzt aber gestehe ich dir, daß ich ihn hasse wie den Teufel, und daß ich sehr wünsche, dir beistehen zu können, um ihn unschädlich zu machen, ihn, den ehrlichen, frommen, geachteten Menschen, welcher doch der größte Bösewicht der Erde ist!“
    Man sah es ihm an, daß es ihm mit diesen Worten voller Ernst war. Das Zusammentreffen mit ihm konnte uns nur von Nutzen sein. Darum trug ich kein Bedenken, ihm mitzuteilen, was wir in Rugova tun wollten und was wir erlebt und über den Schut erfahren hatten. Besonders ausführlich war ich bei der Schilderung der Ereignisse am Teufelsfelsen und im Tal des Köhlers. Er unterbrach mich oft mit Ausdrücken des Staunens, der Angst und der Befriedigung. Er hielt im Eifer über das, was er hörte, sein Pferd so oft an, daß unser Ritt dadurch wesentlich verzögert wurde. Am schärfsten wurde seine Aufmerksamkeit, als ich ihm von dem Karaul, dem Schacht und Stollen erzählte. Als ich geendet hatte, rief er aus:
    „Man sollte dies gar nicht für möglich halten; aber es stimmt ja alles auf das genaueste, und ich selbst bin bereits auf den Gedanken gekommen, daß dieser Perser Menschen bei sich zurückbehält. Es sind schon viele verschwunden, die vorher bei ihm eingekehrt waren. Und warum fährt er so oft auf dem Fluß spazieren? Er wohnt außerhalb des Ortes und hat doch einen Kahn auf dem Wasser. Kaum hat man ihn einsteigen und fortrudern sehen, so ist er verschwunden. Jetzt begreife ich es: er fährt in den Stollen ein!“
    „Ist dir nichts über die Mündung des alten Schachtes bekannt?“
    „Nein, gar nichts. Was gedenkst du zu tun, Herr, wenn du angekommen bist. Willst du etwa zum Stareschin (Ortsvorsteher, Ortsrichter) gehen und Anzeige machen? Dieser Mann ist sein Busenfreund.“
    „Fällt mir gar nicht ein. Noch habe ich keine direkten Beweise gegen den Perser; ich will sie mir erst holen und werde zu diesem Zweck den Stollen aufsuchen.“
    „Da kannst du dich eines meiner Kähne bedienen. Wenn du es mir erlaubst, so fahre ich mit.“
    „Das ist mir lieb, da du mir dann als Zeuge dienen kannst.“
    Wir hatten den Fluß erreicht und ritten hart am Ufer desselben hin. Die Wasser schossen, eng eingezwängt, in heimtückischer Stille dahin. Diesseits war das Ufer eben, jenseits aber stieg eine Felswand hoch und senkrecht empor.
    Diesen Felsen bedeckte ein mächtiger Nadelwald, zwischen dessen Grün alte Mauern hindurchschimmerten. Das war der Wachtturm, über welchen vielleicht fast ein ganzes Jahrtausend dahingegangen war. Grad unter ihm machten Fels und Fluß eine Krümmung, hinter welcher das Dorf versteckt lag.
    Als wir die Krümmung hinter uns hatten, sahen wir den Ort und auch die Brücke, über welche wir reiten mußten. Doch beeilten wir uns gar nicht, sie zu erreichen. Es galt, den Eingang des Stollens zu entdecken.
    Er war sehr bald gefunden, obgleich wir das Loch nicht sehen konnten. Grad vor der Krümmung, wo die Strömung in voller Gewalt den Felsen traf, gab es eine Stelle, an welcher einige Ellen über dem Wasser ein Felsenvorsprung dem Flugsamen der Pflanzen Gelegenheit gegeben hatte, festen Halt zu fassen. Von dieser Stelle hingen dichte Ranken hernieder, die einen natürlichen Vorhang bildeten, hinter welchem der Eingang des Stollens verborgen lag.
    Wegen der heftigen Strömung war es nicht ungefährlich, diese Stelle mit dem Kahn zu befahren. Es gehörten kräftige Hände dazu, den Druck des Wassers zu überwinden und nicht an den Felsen gedrückt zu werden. Nachdem wir hierüber Klarheit erhalten hatten, ritten wir schneller und kamen bald über die Brücke, die man zu Pferd nur mit großer Vorsicht benutzen durfte. Die Planken derselben waren durchfault und hatten zahlreiche Lücken, durch welche man das Wasser unten fließen sah.
    Das Dorf lag ziemlich eng zwischen den Höhen eingeklemmt und machte keineswegs den Eindruck einer wohlhabenden Ortschaft. Links sah man eine Straße nach dem Berg hinansteigen. Es war diejenige, welcher wir später folgen mußten.
    Die Brücke mündete auf ein freies Plätzchen, das von armseligen

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