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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verschenken!“
    „Habe ich es nicht geschenkt erhalten?“
    „Ja, als Lohn deiner großen Verdienste um den Stamm, welcher ohne dich vernichtet worden wäre, und als Zeichen der großen Freundschaft des Scheiks, welcher Sohn und Anführer dieses Stammes war.“
    „So schenke ich es dir aus denselben Gründen. Habe ich dich nicht noch lieber, als der Scheik mich haben konnte? Bist du nicht mein bester Freund auf Erden? Hast du dir nicht große Verdienste um mich erworben? Lebte ich wirklich noch, wenn du nicht stets mein Freund und Beschützer gewesen wärst?“
    Das ging ihm tief zu Herzen. Die Tränen traten ihm in die Augen, und er sagte wehmütig:
    „Ja, ich bin dein Freund und ich habe dich so lieb, so lieb, daß ich mein Leben tausendmal für dich hingeben würde, wenn das möglich wäre. Ich würde sogar vielleicht Hanneh verlassen, wenn es zu deinem Glück notwendig wäre. Aber doch spottest du meiner!“
    „Denke das nicht! Hast du nicht bereits Hanneh vernachlässigt um meinetwillen? Hast du sie nicht verlassen, sie und dein kleines Söhnchen, um mir zu folgen durch jede Not und alle Gefahren? Und ich sollte deiner spotten!“
    „Ja, denn du nennst mich deinen Beschützer!“
    „Du nennst dich ja selbst oft so!“
    „O Sihdi, du weißt gar wohl, wie das zu nehmen ist. Nicht ich bin dein Beschützer, sondern du bist der meinige. Oft hast du mir das Leben gerettet, indem du das deinige wagtest. Und das ist die Wahrheit. Du weißt gar wohl, daß mein Mund zuweilen mehr sagt, als ich selbst glaube. Du nimmst es ruhig hin und lächelst im stillen über deinen kleinen Hadschi, der froh ist, wenn du deine Hand nicht von ihm nimmst. Und nun sollte ich für meine Verdienste, welche ich gar nicht kenne und besitze, den Hengst bekommen? Das ist nicht möglich! Denke, wie stolz du auf ihn sein kannst, wenn du einreitest in das Land deiner Väter! Die Söhne deines Volkes werden staunen und dich beneiden; in allen Städten wird man reden und erzählen von diesem Pferd und von seinem Reiter, und in allen Dscherideler (Zeitungen) wird dein Bildnis erscheinen, wie du auf dem Rappen sitzest, die Büchse am Sattel und den Czakan an der Seite!“
    „Nein!“ lachte ich. „Man wird weder davon sprechen, noch davon schreiben. Nur wenige Menschen werden sich darum kümmern, ob ich überhaupt ein Pferd habe oder nicht. Die Verhältnisse meines Landes sind nicht diejenigen des deinigen. Bringe ich Rih mit nach Hause, so kostet er mich so viel Geld, wie ich gar nicht habe; davon hast du keinen Begriff. Ich müßte ihn verkaufen, sonst würde er mich aufzehren.“
    „Nein, nein, Sihdi, verkaufen darfst du ihn nicht! Wer versteht dort die Behandlung dieses Pferdes, welches der König der Rappen ist!“
    „So bist du also meiner Ansicht. Und selbst wenn ich ihn verkaufen wollte, so würde er beim reichsten Besitzer langsam dahinsiechen und sich nach dem freien Leben sehnen, welches er gewohnt ist. Du beobachtest ihn nicht so, wie ich es tue. Er ist die Wüste gewohnt und den Sonnenbrand. Er braucht das Futter, welches er nur dort haben kann. Er wird sich beim ärmsten Araber wohler fühlen, als in meiner Heimat im herrlichsten Stall. Wer wird ihn dort behandeln wie ein Kind des Hauses? Wer wird ihm des Abends vor dem Schlafengehen die Suren des Koran in das Ohr sagen, so wie er es seit dem Tag seiner Geburt gehabt hat? Noch sind wir im Land des Großherrn, und doch ist er bereits krank. Sein Haar ist nicht mehr wie der Faden der Spinne; seine Augen sind hell, aber nicht mehr voll Feuer. Suche nach den drei Locken: zwischen den Ohren, am ersten Halswirbel und an der Wurzel des Schwanzes, welche sichere Zeichen der drei Vortrefflichkeiten eines echten Blutes sind. Das Haar ist nicht mehr gelockt; es ist schlicht und straff geworden. Er würde vielleicht elend aussehen, aber er liebt mich, und dies erhält ihm die Munterkeit und Spannkraft. So wird er auch dich lieben, aber keinen andern. Er weiß, daß du sein Freund bist, und wird dir gehorchen, wie er mir gehorcht hat, wenn du des Abends die Sure nicht vergißt. Also um seinetwillen darf ich ihn nicht behalten. Ich muß ihn der Heimat zurückgeben aus Dankbarkeit für das, was er mir geleistet hat. Und wenn ich, indem ich das tue, zugleich dich glücklich mache, so ist das ein Grund mehr, ihn dir zu schenken. Sobald wir das Wasser der See erreichen, ist er dein Eigentum. Dann kannst du ohne Verdruß sehen, daß Osco und Omar die Schecken reiten, denn sie sind mit Rih nicht

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