17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
Deirdre, Willis seniors Haushälterin, wäre höchstens eine bewaffnete Sturmtruppe vorbeigekommen. Mein Schwiegervater war ein umgänglicher Gentleman, der hin und wieder die Gesellschaft seiner Nachbarn genoss, jedoch gleichzeitig den Nutzen von robusten Zäunen zu schätzen wusste.
Im Gegensatz zu ihm konnte sich Mrs Amelia Thistle nirgendwo verstecken. Finchs Neuzugang hatte Pussywillows gekauft, das Cottage neben der Teestube, das den Blicken des ganzen Dorfes ausgesetzt war. Obwohl Mrs Thistle noch gar nicht eingezogen war, wusste man dank der vorauseilenden Berichte durch die herrlich indiskrete Maklerin, dass sie eine freundliche, begüterte Witwe in mittleren Jahren war, die beabsichtigte, Finch zu ihrem Hauptwohnsitz zu machen. Der frühere Besitzer von Pussywillows, ein Londoner, der das Cottage als Wochenendrefugium genutzt hatte, war nicht im Geringsten geneigt gewesen, sich am Dorfleben zu beteiligen, aber nun hoffte man, dass sich dies mit Mrs Thistle ändern würde.
Ein ungeschriebenes Gesetz gebot den Bewohnern von Finch, bei aller Neugier ein Mindestmaß an Diskretion zu wahren und ihrer neuen Nachbarin eine Schonfrist einzuräumen, damit sie sich in Ruhe und Frieden in ihrem neuen Domizil eingewöhnen konnte. Aber sobald diese Frist vorbei war, würden sie mit Anmeldelisten für Whist-Wettkämpfe, Blumenwettbewerbe und Flohmärkte bei ihr hereinschneien und versuchen sie für die Flut von Aktivitäten zu gewinnen, die den Lebensatem von Finch ausmachten. Würde sich Mrs Thistle an den allgemeinen Vergnügungen beteiligen oder aber als Fremde unter uns leben wollen? Die Zeit würde es zeigen.
Auch wenn keiner von uns es zugegeben hätte, so glaubten die meisten, dass bereits der Umzugstag wertvolle Hinweise auf Mrs Thistles Charakter liefern würde. Bestimmt würde ein näherer Blick auf ihre persönlichen Besitztümer, die ja vom Umzugswagen ins Cottage geschafft werden mussten, einige Rückschlüsse auf die neue Besitzerin zulassen. Und der strategisch beste Platz für eine Inaugenscheinnahme war, darin waren sich alle einig, Sally Pynes Teestube.
Wie das Glück es wollte, war ich an diesem Tag zufälligerweise in Finch. Nachdem ich meine Einkäufe in Taxman’s Emporium, dem gut sortierten Gemischtwarenladen von Finch, getätigt und in meinem Range Rover verstaut hatte, flitzte ich über den Dorfanger in die Teestube und wäre um ein Haar mit Henry Cook zusammengestoßen, der gerade zur Arbeit erschien. Mit einer wegwerfenden Handbewegung erstickte ich Henrys überschwänglichen Entschuldigungsversuch im Keim, sicherte mir einen Fensterplatz und bestellte mir eine Portion von Sallys köstlichen Apfelküchlein und eine große Kanne Lapsang-Souchong-Tee. Die Küchlein waren noch nicht abgekühlt, als auch schon sämtliche Tische belegt waren.
Ich teilte meinen mit Charles Bellingham und Grant Tavistock, zwei Männern in mittleren Jahren, die ein Paar waren und sich in ihrem behaglichen Heim, dem Crabtree Cottage, als Kunstrestaurator und Kunstschätzer betätigten. Die emsigen Mägde, allgemein eher bekannt unter den Namen Millicent Scroggins, Opal Taylor, Elspeth Binney und Selena Buxton, hatten vier separate Tische in Beschlag genommen, während Mrs Sciaparelli und ihre Tochter Annie Hodge, die auf Farmen außerhalb des Dorfes lebten, sich einen Tisch teilten, desgleichen Mr Barlow, ein pensionierte Automechaniker, und George Wetherhead, der schüchternste Mann im ganzen Dorf. Christine Peacock schien es indessen ihrem Mann Dick zu überlassen, sich allein um den Pub zu kümmern, und sicherte sich rasch den letzten Tisch in der Teestube. Mit einem selbstzufriedenen Lächeln auf den Lippen nahm sie Platz, um sowohl ihren Tee als auch ihren Triumph auszukosten.
Jene, denen ein strategisch günstiger Aussichtsplatz in Sallys Teestube verwehrt geblieben war, bezogen an den Kisten mit frischen Äpfeln, Pflaumen und Birnen vor dem Gemüse- und Obstladen Posten oder betrachteten geflissentlich die Auslagen in den Schaufenstern des Kaufladens, wieder andere nutzten jede sich bietende Gelegenheit, um ein Schwätzchen zu halten, während sie ohne erkennbare Eile den Dorfanger überquerten.
Das Wetter war ideal, um sich draußen aufzuhalten. Herbstlaub raschelte in der sanften Brise, und blauer Rauch stieg von den Laubfeuern in den Gärten auf und rief allen in Erinnerung, dass der Oktober gekommen war. Doch die Sonne schien, und der Himmel war wolkenlos blau, keine Wolke kündete von aufziehendem
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