170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
und richteten die Große Halle wieder für den nächsten Tag her.
Marcus nahm eine Kerze und war im Begriff, die Steintreppe hinaufzugehen, als Sir William ihn ansprach.
„Auf ein Wort, Mylord“, sagte der Ritter.
13. KAPITEL
„Was gibt es, Will?“, fragte Marcus. Er war müde, aber dennoch plagte ihn eine seltsame Rastlosigkeit. Auch wenn er jetzt in sein Gemach ginge, würde er kaum Schlaf finden können.
„Mylord, Ihr wisst, dass ich nie ein Blatt vor den Mund nehme“, begann William, „und es wäre für uns beide von Nachteil, wenn ich es nun täte.“
„Ihr dürft frei sprechen.“
„Es geht um böswillige Streiche, Mylord“, fuhr er fort, „die immer weiter auf die Spitze getrieben werden, bis jemand zu Schaden kommt.“
„Wie meint Ihr das?“, fragte Marcus, doch er ahnte bereits, auf was Sir William hinauswollte.
Der räusperte sich und sprach mit gedämpfter Stimme, damit kein Unbefugter seine Worte verstand, aber mittlerweile war der Saal beinahe leer, und somit rief jedes Geräusch einen unerwünschten Widerhall hervor.
„Kommt mit in mein Gemach“, sagte Marcus schließlich.
Er ging mit der Kerze in der Hand voraus, und die beiden Männer sprachen kein Wort, bis sie das Gemach erreicht hatten. Der Kamin war bereits angezündet worden und hatte eine wohlige Wärme verbreitet.
„Mylord, erinnert Ihr Euch an den gestrigen Morgen, als wir beide mit Robert die Große Halle betraten?“
Marcus nickte. Er entsann sich des Augenblicks ganz genau. Als Keelin den Rittersaal betreten hatte, waren sich ihre Blicke begegnet, und sie hatten sich lange angeschaut. Der Zauber des Augenblicks war jäh unterbrochen worden, als sie stürzte.
„Isolda hat ihr ein Bein gestellt.“
Der Graf zog die Stirn in Falten. „Seid Ihr da sicher?“
„Es ist nicht meine Art, Gerüchte in die Welt zu setzen, Mylord“, sagte William mit fester Stimme. „Aber wie ich schon sagte, das war noch nicht alles. Heute Abend hat Isolda den Kelch von Lady Keelin mit Öl eingerieben, damit er ihr aus der Hand gleitet. Sie sollte sich vor aller Augen lächerlich machen.“
Marcus wollte den Worten des Ritters keinen Glauben schenken, obwohl es so leicht war, dieser Beschuldigung zu folgen. Er hatte zur Genüge erlebt, wie sehr die Bediensteten in Wrexton Isoldas Willkür ausgeliefert waren, besonders in den Tagen nach seiner Rückkehr. Jetzt stieg der Zorn in ihm auf, als er daran dachte, dass Keelin unter Isoldas Niedertracht zu leiden hatte, ohne sich darüber bei ihm zu beschweren.
Es bestand kein Zweifel. Lady Coule musste insgeheim gehofft haben, dass Keelin den Wein auf ihr Gewand und auf Bischof Delford verschüttete. Was für ein Anblick wäre das gewesen! Keelin hätte vor aller Augen wie eine unbeholfene Bauernmagd dagestanden.
Marcus hätte erkennen müssen, dass Isolda sich durch die Anwesenheit der jungen Irin in ihrer Stellung bedroht sah, doch seit der Rückkehr nach Wrexton hatten neue Aufgaben seine ganze Aufmerksamkeit beansprucht.
Und wenn er nicht an seine Verpflichtungen gedacht hatte, waren seine Gedanken ständig bei Keelin gewesen.
Er hatte versäumt, Isolda Beachtung zu schenken oder darüber nachzudenken, was sie bei Keelins Anwesenheit empfand. Und vermutlich hatte er die Angelegenheit noch zusätzlich ungewollt verschärft, als er Isolda mitgeteilt hatte, dass er für sie einen Gemahl suchen würde und sie alsbald Wrexton verlassen müsste.
„Ich habe dem gestrigen Ereignis nicht viel Bedeutung beigemessen. Bis heute Abend, Mylord“, fügte William hinzu. „Es wird zwangsläufig zu weiteren Vorfällen kommen …“
„Ihr habt recht, Will“, erwiderte Marcus.
„Und Lady Keelin hat so viel für uns getan … erst für Adam, dann für Edward, dessen Bein …“
„Ja, das hat sie“, unterbrach der Graf und schalt sich im Stillen für seine Unbedachtheit. „Macht Euch keine Sorgen. Ich werde mit Lady Coule reden.“
William senkte den Kopf. Dann nahm er die Kerze, die Marcus ihm reichte. „Gute Nacht, Mylord“, sagte er, als er sich abwandte und die Tür öffnete.
„Gute Nacht, Will“, antwortete Marcus. „Und habt Dank für Eure Wachsamkeit.“
Keelin verbrachte die Nacht in unruhigem Schlaf. Die unheilvolle Vorahnung hatte ein wenig nachgelassen, aber nach wie vor fühlte sie, dass etwas in Wrexton Castle nicht stimmte.
Wenn Ga Buidhe an Lamhaigh in ihrer Kammer wäre, hätte sie die Lanze vermutlich zur Hand genommen und deutlicher spüren können,
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