170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
Anblick die Vorstellung nicht schwer, dass er eines Tages sein eigenes Kind versorgen würde. Ein hübsches, blondes Baby, so wie die niedliche Peg.
Geschwind wandte sie sich ab und machte sich an dem Topf zu schaffen, da das Wasser inzwischen abgekühlt war. Sie kämpfte gegen eine Flut von Gefühlen an, als sie sah, wie behutsam Marcus die Kleine auf seinem Arm hielt, wusste sie doch, dass ihre eigenen Kinder eines Tages in Kerry geboren und aufgezogen würden. Fern von Wrexton.
Den Gedanken an die Abreise hatte sie bislang verdrängt und ihre Aufmerksamkeit allein auf die Rückkehr nach Kerry gerichtet. Doch der Tag des Abschieds von Marcus rückte näher. Jetzt bereitete es ihr großen Kummer, an das Leben zu denken, das er führen würde, wenn sie fort war.
Nie zuvor hatte Keelin ihre Pflicht als eine solche Last empfunden. Als sie gezwungen gewesen war, aus Kerry zu fliehen, hatte sie keinen Moment gezögert. Aber die Umstände hatten sich geändert. Zum ersten Mal in ihrem Leben hing ihr Herz nicht mehr am Clan der Ui Sheaghda. Doch sie wagte nicht daran zu denken, wonach ihr Herz sich nun sehnte.
„Keelin?“
Blinzelnd hielt sie die Tränen zurück, die in ihr aufstiegen, und wandte sich Marcus zu. „Ich wollte nur …“
„Was habt Ihr?“, fragte er mit sorgenvollem Gesicht. „Ihr grämt Euch.“
„Nein“, sagte sie gefasst und nahm den Topf mit Wasser. „Würdet Ihr mir bitte die Tür aufhalten?“
„Erst, wenn Ihr mir sagt, was Euch so beunruhigt.“
„Es ist das Kind … ich mache mir Sorgen …“
„Stellt den Topf hin“, sagte Marcus. „Ihr braucht ihn jetzt nicht zu leeren. Ruht Euch ein wenig aus, bevor ich wieder gehen muss. Der Schneesturm hat Vagabunden und Edelleute vor unser Tor getrieben, und ich fürchte, dass ich schon bald für Ruhe im Rittersaal sorgen muss.“
Keelin schluckte und stellte den Topf wieder auf den Tisch. Eine Flut undeutlicher Bilder begann ihren Blick zu trüben, doch sie schüttelte die aufkeimenden Visionen von sich ab, bevor sie ihr weitere Qualen bereiten konnten. Sie verspürte nicht den Wunsch, in die Zukunft zu sehen. Niemals hatte sie diese seltsame, machtvolle Fähigkeit gewollt, die ihr nicht nur Schrecken einjagte, sondern sie auch zum einzigen Hoffnungsträger ihres Clans machte.
Es war allzu schwer, sämtliche Anforderungen allein erfüllen zu müssen.
Wie stand es um ihre eigenen Hoffnungen und Träume, ihre heimlichen Wünsche, die sie immerfort in ihrem Herzen trug? Hatte sie kein Recht auf eigene Vorstellungen? Erwartete man von ihr, dass sie die wachsende Sehnsucht nach Marcus de Grant leugnete? Sollte sie etwa die Liebe und Sicherheit, die er ihr bieten könnte, ablehnen?
„Wir haben beide viel zu tun, Marcus. I…ich muss mich jetzt um Adam kümmern“, stotterte Keelin. „Ich habe länger nicht mehr nach ihm gesehen. Er wird sich schon fragen, wo ich bleibe.“
Als Isolda im Rittersaal erschien, hatten die Besucher bereits gespeist und stellten sich auf eine lange Nacht ein. Baron Albin Selby, seine Gemahlin und seine beiden Töchter hatten sich in ihre Gemächer im Südturm zurückgezogen. Marcus war im Begriff, in Adams Kammer zu gehen, da er hoffte, Keelin dort zu finden.
Er hielt inne und überlegte, ob er auf der Stelle mit Isolda reden sollte, entschied sich dann jedoch dagegen. Ein Gespräch am nächsten Morgen wäre früh genug.
Als er die Krankenstube betrat, sah er, dass Tiarnan an Adams Bett wachte, der in diesem Augenblick gerade einschlief. Marcus war sich sicher, dass der alte Mann den Jungen wieder mit Geschichten aus seiner Jugend unterhalten hatte, und gewiss hatte er ihm geheimnisvolle Ereignisse aus Irlands ruhmreicher Vergangenheit erzählt.
Keelin indes war nirgends zu sehen.
„Euer Junge erholt sich“, sagte der Greis leise, „aber es wird noch ein paar Tage dauern, bis er sich ohne Schmerzen im Bett aufrichten kann.“
Marcus sah, dass der alte Ire recht hatte. Der Junge sah nicht mehr so bleich aus und schlief friedlich auf der Seite.
Er setzte sich auf die Bettkante und streichelte seinem schlafenden Vetter sanft über den Kopf.
„Er hat schwer zu kämpfen gehabt“, fügte Tiarnan an.
„Ja, das ist wahr“, stimmte Marcus zu und dachte an jenen unheilvollen Tag zurück, an dem Adam von dem Pfeil getroffen worden war. „Ihr und Keelin habt so viel für uns getan, und ich möchte …“
„Ihr braucht Euch nicht zu bedanken“, erwiderte der Alte. „Es war unsere christliche Pflicht,
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