170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
früher erzählt, als du die Schuhe der Männer vertauscht hast, die in der Halle deines Vaters schliefen und …“
„Onkel!“, rief sie verärgert aus und war doch froh, ein wenig abgelenkt zu werden. Sie hatte sich vorgenommen, nicht mehr an den beängstigenden Vorfall zu denken. „Fällt Euch nichts Besseres ein, als den Jungen mit diesen Geschichten zu unterhalten? Ich habe mich immer wie ein anständiges irisches …“
„Wie ein anständiger irischer Frechdachs benommen!“, hielt der Onkel dagegen.
Adam und Tiarnan brachen in lautes Lachen aus, und Keelin konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Obwohl sie in Wrexton mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, war Tiarnan wieder bei guter Gesundheit und wirkte ausgeglichen und zufrieden. Er hatte die Gesellschaft, die er brauchte, unterhielt sich mal mit Adam oder Marcus und dann wieder mit den Rittern, die einst mit ihnen die ärmliche Hütte geteilt hatten.
Er wird hier glücklich sein, dachte Keelin. Sie könnte ihn guten Gewissens in Wrexton zurücklassen, denn sie wusste, dass er auf seine alten Tage behütet war und umsorgt wurde.
Adams Wunde verheilte immer besser. Der Junge kam wieder zu Kräften und würde schon bald in der Lage sein, ohne Hilfe aufzustehen. Er begann bereits, feste Nahrung zu sich zu nehmen, und somit stand seiner baldigen Genesung nichts mehr im Wege.
All diese Umstände bedeuteten, dass ihr Aufbruch nicht länger hinausgeschoben werden musste, doch die Aussicht auf eine Rückkehr nach Carrauntoohil bereitete Keelin keine Freude. Ganz im Gegenteil. Ihr wurde bei dem Gedanken, fortzumüssen, ganz elend zumute. Doch sie nahm sich zusammen und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie traurig sie tatsächlich war.
„Ich werde dir noch beibringen, Meister Adam“, sagte sie mit gespielter Entrüstung, „dass ich die Tochter von Eocaidh O’Shea bin, dem angesehensten Führer in ganz Kerry. Es gehört sich nicht, seinen Spaß mit einer so hochgestellten Persönlichkeit wie mir zu treiben, wenn du verstehst, was ich meine.“
„Keelin!“
Gerade als sie glaubte, durch die Scherze mit Adam und ihrem Onkel innerlich zur Ruhe zu kommen, wurde die Tür aufgerissen und Marcus stand im Raum. Seine Kleidung war sehr verschmutzt – eine Mischung aus Dreck und Blut. Er sah abgespannt aus, und seine Erregung war ihm deutlich anzumerken.
Er hatte gewiss von dem Vorfall auf dem Pfad erfahren, und mit einem Mal überkam Keelin das sehnliche Verlangen, seine schützenden Arme zu spüren.
„Oh, Marcus“, sagte sie indes ruhig und erhob sich von Adams Bettkante. Als sie auf ihn zuging, gab sie ihm mit einem unmissverständlichen Blick zu verstehen, dass Tiarnan nichts von dem Unglück vor dem Bergfried erfahren durfte. Sie wollte den Frieden des alten Mannes nicht durch diese Schreckensnachricht erschüttern. „Wie geht es Frieda?“, fragte sie daher rasch. „Ist das Fohlen schon da?“
Die Miene des Grafen verdüsterte sich merklich, doch er ließ sich auf Keelins Spiel ein, da er ihre Absicht verstanden hatte. Er berichtete, dass die Stute ein prächtiges Fohlen zur Welt gebracht hatte, verschwieg jedoch nicht, dass es zu Schwierigkeiten gekommen war. Man müsse nun abwarten, fuhr er fort, ob das Pferd sich von der Geburt erhole und ob es jemals wieder trächtig werden könne.
„Wird sie sterben?“, fragte Adam mit trauriger Stimme. Sie hatten nicht damit gerechnet, dass der Junge sich Friedas Schicksal derart zu Herzen nehmen würde.
Keelin setzte sich erneut zu ihm aufs Bett und sah Marcus an. Sie hoffte, dass ihre Augen ihm nicht verrieten, wie sehr sie ihn brauchte. Keelin wusste, dass er hin- und hergerissen war. Einerseits musste er bei Adam bleiben, um den Jungen zu beruhigen, auf der anderen Seite konnte er es kaum abwarten, sie unter vier Augen zu befragen, was draußen vorgefallen war.
Sie hoffte auf seine Einsicht, dass Adam ihn im Augenblick nötiger brauchte.
„Frieda wird nicht sterben“, sagte Marcus nun und kniete neben dem Bett des Jungen. „Glaube mir, Marschall Boswell wird sich um sie kümmern. Bald schon wirst du aufstehen können, und dann kannst du dir das prächtige Fohlen ansehen.“
Adam beruhigte sich bei diesen Worten ein wenig.
„Aber was wird mit Frieda?“, fragte er hartnäckig weiter. „Wird sie wieder gesund?“
„Das kann ich dir nicht versprechen“, erwiderte Marcus, „aber ich denke, sie erholt sich bald. Die Geburt war nicht einfach, aber ich glaube, dass Marschall
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