170 - Logbuch der Hölle

der Sturmfahrt in den Knochen.
    Parker schlief wie ein Toter, einen seltsamen, traumlosen Schlaf, aus dem er erwachte, ohne sich wirklich erholt zu fühlen. In der Kabine war es lauter geworden.
    „Ah, Mister Parker, gerade rechtzeitig zum Abendessen", sagte Pedro gutgelaunt. „Setzen Sie sich zu uns und essen Sie etwas, es wird Ihnen guttun."
    Parker warf einen Blick auf die Uhr. Es ging auf Mitternacht zu. „Wo ist Paco?"
    Pedro machte eine geringschätzige Geste nach oben.
    „Am Ruder", sagte er. „Er will einfach nicht abgelöst werden. Nur Kaffee hat er verlangt, sonst nichts. Dafür können wir es uns schmecken lassen."
    Die Vorräte der Jacht waren nicht nur reichlich bemessen, sie waren erlesen - es gab einen vorzüglichen Champagner zu riesenhaften Steaks, die Linnero kunstvoll gebraten hatte. Parker begnügte sich mit Salat.
    Sobald er gegessen hatte, verließ er die Kabine. Der Zigarettenrauch brannte ihm in den Augen.
    Der Anblick, der sich ihm an Deck bot, wirkte ein wenig beklemmend.
    Im fahlen Licht des Mondes, dessen Glanz von den Wellen zurückgeworfen wurde, stand Paco hoch aufgerichtet am Ruder. Er hatte die Augen geschlossen und murmelte ununterbrochen vor sich hin - Texte, die Parker nicht kannte, in einer fremden Sprache, aber dennoch seltsam vertraut wirkend.
    „Was war das?" fragte er, als Paco einmal innehielt.
    „Ein alter Abwehrzauber gegen das Böse", sagte Paco. „Uralt, noch aus der Zeit, als den Indianern der ganze Kontinent gehörte. Schon damals gab es Dämonen, die man damit bannen wollte."
    Parker wurde hellhörig.
    „Dämonen?"
    Paco nickte langsam. Er sah sich scheu um.
    „Es gibt zahlreiche Sippen dieser Kreaturen des Bösen", murmelte er. „Sie sind stark und mächtig, und jedermann hütet sich davor, sie sich zu Feinden zu machen."
    „Und du glaubst, ein Dämon will nach der ESTRELLA DEL SUR greifen?"
    Paco schüttelte den Kopf.
    „Kein Dämon", sagte er leise. „Etwas anderes, aber das ist auch nicht viel besser. Der Tod selbst ist unterwegs zu uns, und bald wird er uns erreicht haben."
    Unwillkürlich sah Parker sich um.
    Auf dem Meer trieben Gegenstände - Müll und Unrat, wie er von großen Schiffen immer wieder über Bord gekippt wurde. Sehr oft fand man auch Teerklumpen, die Reste von Reinigungsprozeduren an Bord von Öltankern. Natürlich war es verboten, diesen Dreck einfach ins Meer zu spülen, aber wer konnte dies hier, mitten auf dem Südatlantik kontrollieren?
    Parker sah in einiger Entfernung etwas vorbeitreiben - es sah wie ein Baum aus, der da auf dem Wasser driftete.
    Paco nickte. Er war Parkers Blickrichtung gefolgt.
    „Das hat der Sturm von der Küste weggespült", murmelte er.
    Parker setzte ein Fernglas an die Augen und suchte das Wasser ab. Paco hatte recht - Parker konnte Dosen und Eimer sehen, Bäume und Sträucher.
    „Dort hinten ist ein Boot, leer und vollgelaufen", sagte er. „Vielleicht…"
    Er kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden, denn in diesem Augenblick ging ein harter, hallender Schlag durch das Schiff. Die ESTRELLA DEL SUR war mit irgendeinem treibenden Gegenstand zusammengestoßen.
    „Das ist er", ächzte Paco und sein sonnenverbranntes Gesicht überzog sich mit wächserner Blässe.
„El Muerto!"

    Der Schlag gegen den Rumpf der ESTRELLA DEL SUR hatte auch die anderen aufgeschreckt. Sie kamen an Deck gestürzt.
    „Was ist los?" rief Jaime d'Alessandro. „Haben wir etwas gerammt?"
    „Etwas scheint uns gerammt zu haben", antwortete Parker. „Eine Taschenlampe her!"
    Unga hatte eine mitgebracht und gab sie an Parker weiter. Wieder dröhnte der Schlag durch das Boot, es war ein häßliches Geräusch, das sehr unangenehme Assoziationen heraufbeschwor.
    Parker beugte sich über die Reling. Der ovale Fleck, den die Taschenlampe auf das nachtschwarze Wasser malte, bewegte sich an der Bordwand entlang. Müll war dort zu sehen, aber nichts, was diesen hallenden Ton hätte hervorrufen können.
    „Es schien mir vom Heck zu kommen", sagte Unga.
    Parker ging nach hinten und beugte sich über die Reling. Er schluckte.
    „Was haben Sie gefunden?" wollte Jaime d'Alessandro wissen. „Hat ein Wal uns gerammt? Das kommt in diesen Breiten öfter vor."
    „Kein Wal", sagte er dann und wunderte sich selbst darüber, wie seltsam erstickt seine Stimme klang.
    „Ein Sarg!"
    Einen Augenblick lang standen die anderen wie versteinert.
    „Ich habe es gesagt", stieß Paco hervor.
„ElMuerto -
der Tod selbst will zu uns an Bord." Jaime