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170 - Logbuch der Hölle

170 - Logbuch der Hölle

Titel: 170 - Logbuch der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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Halluzination? In diesem Augenblick, in dem die Nerven aller Beteiligten überreizt waren, wäre das nicht weiter verwunderlich gewesen. Parker schluckte.
    Da war das Geräusch wieder zu hören gewesen.
    Ein schwaches Klopfen…
    Und es kam aus dem Sarg…
    Mondejos Augen weiteten sich vor Grauen. Ohne sich noch einmal umzusehen, stürzte er den Niedergang hinunter.
    „ElMuerto”,
sagte Paco leise. Es klang, als verkünde er ein Todesurteil.
    Evita brach mit einem leisen Seufzer zusammen.
    Es war Carina, die sich als erste faßte; als Stewardeß war sie wohl an kritische Lagen gewöhnt.
    „Los, wir müssen dem armen Menschen helfen", sagte sie. „Holt einen Meißel, einen Hammer."
    „Nein", begehrte Jaime d'Alessandro auf. Sein Gesicht war kreideweiß geworden. „Bei der Madonna von Guadelupe, nein, über Bord mit dem Ding."
    Carina hielt ihn zurück.
    Sie deutete auf den Sarg. Das Klopfen war immer noch zu vernehmen - schwach, als zehre es die letzten Lebensreserven auf.
    „Dort drin ist ein Mensch", schrie Carina. „Er braucht unsere Hilfe."
    „Kein Mensch", sagte Paco halblaut.
„ElMuerto -
der Tod selber."
    Carina drehte sich herum. Sie funkelte Pedro an, der schreckensbleich an der Reling lehnte und dessen Magen offenkundig zu revoltieren begann.
    „Los, faß mit an. Oder hol wenigstens deine Tasche!"
    Unga zog das Tauchermesser, das er am rechten Unterschenkel trug. Er rammte die Klinge in eine Ritze des Deckels, dann setzte er seine Kraft ein. Kreischend und ächzend bog sich das Brett in die Höhe. Aus dem Innern des Sarges war ein Wimmern zu hören.
    Das nächste Brett. Unga arbeitete wie ein Besessener. Eines der seltsam dünnen Bretter nach dem anderen barst unter seinem Griff, die Trümmer flogen über Bord.
    Parker hob die Taschenlampe.
    Paco rührte sich nicht. Die anderen bekreuzigten sich in immer kürzeren Abständen.
    Das grelle Licht fiel in das Innere des Sarges.
    Eine Gestalt wurde sichtbar.
    Das erste, was Parker sah, war ein hageres, altersfaltiges Gesicht, von wirren weißen Haaren umgeben, mit eingefallenen Wangen. In den dunklen Augen flackerte der Wahnsinn…
    Parker versuchte sich vorzustellen, was dieser Greis erlebt haben mochte…
    Vielleicht hatte er einen Schlaganfall gehabt, hatte sich nicht mehr rühren, nicht mehr reden können. Für einen ordentlichen Arzt hatte das Geld der Familie wahrscheinlich nicht gereicht. Irgendein Kurpfuscher und Stümper, vielleicht einer der eingeborenen Zaubermediziner hatte den Kranken untersucht und ihn für tot erklärt.
    Was mochte sich im Hirn eines Menschen abspielen, der das bei vollem Bewußtsein erlebte und nichts daran ändern konnte?
    Dann das gräßliche, stundenlange Warten, der grauenvolle Augenblick, angehoben, in ein weißes Tuch gewickelt, hineingelegt in den roh zusammengezimmerten Sarg. Hören zu müssen, wie der Tischler die Nägel ins Holz hämmerte.
    Und wieder warten.
    Nur Geräusche und Bewegungen, mehr nicht. Warten, der Transport zum Friedhof. Gesänge, Wehklagen, Gebete, vielleicht eine kurze Ansprache. Das Schaukeln des Sarges auf den Schultern der Sargträger - keine Bewegung möglich, kein Laut äußerbar, so sehr der Wahnsinn auch nach dem Bewußtsein greift.
    Dann das jähe Absinken, das Poltern, mit dem die Erde auf den Sargdeckel fällt. Die Gesänge und Litaneien verklingen in der Ferne. Während die Verwandten sich zum Leichenschmaus treffen, reißen die Totengräber vielleicht dumme Witze, während sie das Grab mit Erde decken.
    Vielleicht war der Sturm schon losgebrochen und hatte die Totengräber abgelenkt.
    Warten…
    Wann geht die Atemluft zu Ende?
    Wann endet der leise Atem in erstickendem Röcheln?
    Dann Regen und Sturm.
    Das tosende Wasser des Meeres greift nach dem Sarg, spült ihn hoch. Als Küstenbewohner hatte er das Meer wahrscheinlich gekannt, gewußt, was mit ihm geschah. Im Sturm herumgeworfen, um und um gekehrt, bis die Sinne schwinden, weil sie all das nicht mehr verarbeiten können.
    Und danach - wieder Stille. Sanftes Schaukeln auf den Wellen.
    Nichts außer Wasser und dem grausigen Gefährt… bis zum Ende…
    Parker schauderte. Alles in ihm krampfte sich zusammen.
    Die Züge des Alten waren von Grauen verzerrt. Nichts rührte sich in dieser Schreckensmiene. Die Augen sahen starr und reglos in den Lichtschein.
    Die Hände, langgliedrig, mit pergamentener Haut und Altersflecken darauf. Schwielen, die von harter körperlicher Arbeit zeugten.
    Einzig die Hände schienen noch Leben zu

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