1700 - Hüter der Apokalypse
Kirche?«
»Genau. Dann hat er mir noch zu verstehen gegeben, dass er sich für alte Beichtstühle interessiert. Er wollte wohl darüber einen Artikel schreiben.«
»Das ist ungewöhnlich.«
»Ja.« Der Pfarrer räusperte sich. »So kam es mir auch vor. Sehr ungewöhnlich. Aber ich habe ihm die Bitte nicht abschlagen können.«
»Und was sagte er, nachdem er sich den Beichtstuhl genauer angeschaut hatte?«
»Nichts. Er hat sich bedankt und war anscheinend sehr zufrieden. Mich hat nur gewundert, dass er kein Foto schoss.« Er hob die Schultern. »Aber das ist nicht mein Problem.«
»Das stimmt.«
Viel weiter hatten mich die Aussagen des Pfarrers auch nicht gebracht.
Ich stand mal wieder am Anfang, was ich gewohnt war. Ich musste nur die Aussagen des Spaniers in die richtige Reihenfolge bringen. Noch war ich ein wenig überfragt.
Aber ich wollte dies nicht allein durchziehen. Auch musste ich von meinem Freund Father Ignatius verlangen, mir zu sagen, was er wirklich wusste. Und schon jetzt war ich mir sicher, dass ihm der Begriff Hüter der Apokalypse nicht neu war.
»Haben Sie sonst noch Fragen, Sir?«
»Nein, Hochwürden, die habe ich nicht. Ich darf mich aber bei Ihnen bedanken.«
Er war noch nicht in seine Kirche gegangen und fragte mich, ob sich dort etwas verändert hätte.
»Zwar kenne ich Ihre Kirche nicht, aber ich denke nicht, dass es zu einer Veränderung gekommen ist. Am besten schauen Sie selbst mal nach.«
»Ja, das werde ich.«
»Danke noch mal für Ihre Auskünfte.«
Hier hielt mich nichts mehr. Ich verabschiedete mich von den Kollegen und fuhr zurück nach London. Der Tag war für mich noch nicht vorbei, auch wenn sich schon die Dunkelheit über das Land gelegt hatte. Ich wusste, dass noch eine Menge Arbeit auf mich wartete …
***
Sophie Blanc war sich vorgekommen wie eine Wächterin. Ihr Mann war tatsächlich in sein Zimmer gegangen und dort auf der Liege wieder eingeschlafen. Die Tage im Kloster vergingen nie, ohne dass irgendeine Arbeit zu tun war, in die Godwin mit einbezogen wurde.
An diesem Tag allerdings mussten die Templer ohne ihren Anführer auskommen. Sophie wehrte alles ab und griff zu einer kleinen Notlüge, indem sie erklärte, dass sich Godwin nicht wohl fühlte, weil er unter einer Erkältung litt.
Sie blieb bei ihm, obwohl sie sich eigentlich vorgenommen hatte, nach Alet-les-Bains zu fahren, um dort einige Einkäufe zu erledigen. Es mussten Lebensmittel bestellt werden, und das in einer großen Menge, worüber sich die Händler im Ort bestimmt freuen würden.
Aber das wollte sie verschieben. Zumindest bis zum Nachmittag, denn dann war Godwin bestimmt erwacht.
Und so wartete sie, was ihr nicht gefiel. Einige Male ging sie in den Garten und half zwei Brüdern beim Einsammeln von Laub, das später verbrannt werden sollte.
Gegen Mittag betrat sie wieder ihre Wohnung. Sie wollte zu ihrem Mann, verschob dies auf später, weil sich das Telefon im Arbeitszimmer meldete.
Rasch hob sie ab.
Sie hörten die Stimme des Bruders, der Telefondienst hatte.
»Ich habe einen Anrufer in der Leitung, der sich nicht abwimmeln lässt und unbedingt Godwin sprechen möchte.«
»Hat er gesagt, um was es geht?«
»Leider nicht, er wollte es ihm persönlich sagen.«
Sophie überlegte und entschied sich dann blitzschnell. »Es ist okay, stellen Sie den Anruf durch, Pierre.«
»Gut.«
Ein paar Sekunden später hörte Sophie die fremde Männerstimme an ihrem Ohr.
»Spreche ich mit Godwin de Salier?«
Sophie Blanc überlegte, was sie antworten sollte. Sie musste sich innerhalb von Sekunden entscheiden. Zugleich dachte sie über den Klang der Stimme nach, der ihr alles andere als sympathisch war. Nur konnte sie sich nicht verstellen und so tun, als wäre sie ihr eigener Ehemann.
»Nein, das ist nicht der Fall.«
Pause. Abwarten. Dann die Frage, die recht barsch gestellt wurde. »Wer sind Sie dann?«
Sophie ließ sich nicht gern abkanzeln. »Ich gebe die Frage zurück«, sagte sie spröde. »Wer sind Sie?«
»Das hat Sie nicht zu interessieren.«
»Sehr schön, Monsieur Unbekannt. Dann ist für mich unser Telefonat beendet.«
»Halt, legen Sie nicht auf!«
»Was wollen Sie noch?«, fragte sie stöhnend.
»Sie können ihm etwas bestellen.«
»Und was?«
Erst hörte sie ein Lachen, danach wurde der Anrufer konkreter. »Fragen Sie Godwin de Salier, ob er sich noch an mich erinnert.«
»Ach. Und wer sind Sie?«
Diesmal erhielt sie keine Antwort mehr. Die Verbindung war
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