1700 - Hüter der Apokalypse
plötzlich Früchte getragen. Das ist sonst nie geschehen, und die Menschen damals müssen fasziniert gewesen sein. Aber nicht nur die Menschen damals. Auch heute haben sich wieder Personen daran erinnert und sind auf der Suche.«
»Nach dem Baum?«, fragte ich.
»Das kann ich dir nicht sagen, John, ich glaube es nicht. Aber es muss etwas mit dem Baum zu tun haben, das hat Alvarez herausgefunden. Er war bestürzt. Er hat ja von den Hütern der Apokalypse gesprochen, aber was sie genau mit diesem Baum zu tun haben, das konnte er mir auch nicht sagen. Ich wollte ja, dass Alvarez mit dir redet. Er hat es nicht mehr geschafft, weil die andere Seite schneller war und auch vor einem Mord nicht zurückschreckte.«
»Das habe ich mit meinen eigenen Augen gesehen. Aber da ist noch etwas, über das wir reden sollten. Woher kam Alvarez?«
»Er war Spanier. Er hat einige Jahre im Kloster Montserrat verbracht. Dort hat er seine Forschungen betrieben und muss auf dieses alte Geheimnis gestoßen sein.«
»Also«, sagte ich, »wenn ich das alles richtig verstanden habe, dreht sich alles um den Baum, den es zu finden gilt. Oder liege ich da falsch?«
»Im Prinzip ist das richtig. Aber ich glaube nicht, dass es um den Baum selbst geht, sondern um dessen Frucht. Sie ist so wertvoll. In ihr muss eine große Kraft stecken, die leider in falsche Hände gefallen ist, wenn ich das mal so ausdrücken darf.«
»Ja, diese Gruppe, die Hüter der Apokalypse. Ist im Prinzip ganz einfach. Man muss sie nur finden.«
»Genau das hatte Alvarez vor. Ich denke, dass er ihnen bereits auf der Spur gewesen ist. Es ist möglich, dass sich die Bande in einem einsamen Tal der Pyrenäen versteckt hat. Ich habe Alvarez den Tipp gegeben, sich mit dir in Verbindung zu setzen. Er gab zu, dass ihm die Probleme über den Kopf wuchsen. Allerdings konnte ich nicht wissen, dass man ihm schon so dicht auf den Fersen war.«
»Das genau war die Tragik.« Ich wechselte den Hörer in die andere Hand. »Aber ich möchte noch auf etwas zurückkommen, das mir nicht aus dem Kopf will. Du hast vorhin von den Templern gesprochen. Habe ich da richtig zugehört?«
»Das hast du.«
»Und du weißt selbst, wie tief meine Freundschaft zu den Templern in Alet-les-Bains ist. Dann könnte es durchaus sein, dass sie etwas über diesen Baum wissen, denn sie beschäftigen sich gern mit der Vergangenheit, besonders, wenn es sich dabei um ihre eigene handelt.«
»Ja, das wäre eine Möglichkeit. Aussicht auf einen Erfolg sehe ich allerdings nicht. Es liegt alles zu weit zurück, und ob etwas darüber in den Geschichtsbüchern steht, kann ich nicht sagen.« Er räusperte sich. »Ich werde auch nachforschen lassen.«
»Das ist gut.« Ich kam wieder auf Alvarez zu sprechen. »Weißt du denn, ob er Kontakt gehabt hat zu Personen, die ihm mehr über diese Hüter der Apokalypse erzählen konnten?«
»Das weiß ich nicht, John, will es aber auch nicht ausschließen. Alvarez war ein Einzelgänger. Auch recht verschlossen, und er war jemand, der sich, wenn er mal Blut geleckt hatte, nicht so leicht von der Fährte hat abbringen lassen.«
»Wir müssen also davon ausgehen, dass wir das Geheimnis dieser anderen Gruppe nur in den Pyrenäen lüften können.«
»Das weiß ich nicht genau. Als Versteck oder Basis ist diese Einsamkeit nicht schlecht.«
»Gut, Ignatius. Ich werde mich darum kümmern. Jedenfalls kennt die andere Seite keine Rücksicht, wenn es um ihre Ziele geht. Und das kann man nicht so stehen lassen.«
»Ich weiß, dass du alles geben wirst, John.«
»Hoffentlich reicht das auch.«
Das Gespräch war beendet, und ich lehnte mich auf meinem Schreibtischstuhl zurück. Im Büro hielt sich niemand mehr auf. Auch das Vorzimmer war leer. Glenda Perkins hatte längst Feierabend gemacht. Danach sehnte ich mich zwar auch, doch so einfach war das nicht. Ich hatte einige Kollegen heiß gemacht und war gespannt, ob es ihnen gelingen würde, den Toten zu identifizieren. Unsere Kartei war gut bestückt, und es gab auch Verbindungen zwischen den einzelnen Polizeiorganisationen in anderen Teilen der Welt.
Ich hatte die Kollegen gebeten, mich anzurufen. Noch war dies nicht geschehen. Das lange Reden hatte meinen Mund trocken gemacht, und so ging ich in den Nebenraum, um mir einen Kaffee zu holen, den ich kurz nach meiner Ankunft selbst gekocht hatte.
Ohne Menschen waren die Büros irgendwie tot. Glendas Geist fehlte schon.
Nach dem zweiten Schluck meldete sich das Telefon. Auf der
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