1700 - Hüter der Apokalypse
trotzdem war da ein gewisser Druck vorhanden, dem er nicht entkommen konnte.
Er fragte sich auch, ob es die Angst vor der Zukunft war. Das konnte durchaus sein, denn in einem Fall wie diesem war alles möglich! Jedenfalls lag für ihn eine Bedrohung in der Luft, und das hatte etwas mit seiner Vergangenheit zu tun.
Wieder schaffte er es, sich an seinen Traum zu erinnern. Er hatte den Baum gefunden, er hatte die Früchte gepflückt und sie ausgepresst. Er hatte den Saft in das Gefäß laufen lassen, und es war alles perfekt gewesen, bis zu dem Zeitpunkt, als er niedergeschlagen worden war.
»Jerome Cassel!«, mehrmals flüsterte er den Namen des Mannes, der ihn so enttäuscht hatte. »Gibt es dich noch? Hast du das gleiche Schicksal erfahren wie ich?«
Er wusste keine Antwort und wie hypnotisiert starrte er das Telefon an.
Würde sich der Anrufer noch mal melden? Wenn ja, wann würde es geschehen?
Obwohl er sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen ließ, war so ein Nervenkrieg nichts für ihn. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn er allein gewesen wäre, so aber lastete eine Verantwortung auf seinen Schultern. Sie galt nicht nur ihm allein, sondern auch seiner Frau und den Brüdern hier im Kloster, das im Laufe der Zeit immer wieder Angriffe hatte erleben müssen.
Urplötzlich änderte sich alles.
Da meldete sich das Telefon.
Godwin stand auf der Stelle und erstarrte. Sekundenlang rührte er sich nicht, bis er sich überwand und zum Apparat ging. Er hob ab und wollte etwas sagen, doch dazu kam er nicht, denn der Anrufer war schneller.
»Jetzt habe ich dich endlich am Ohr, mein Freund …«
***
Sophie Blanc hatte den Clio aus der Garage geholt und fuhr damit in den Ort. Der Tag war inzwischen dabei, sich zu verabschieden. Allmählich dunkelte der Himmel ein und Sophie wusste, dass sie sich beeilen musste, um die Einkäufe zu erledigen. Sie selbst würde nichts ins Kloster bringen, sie gab nur die Bestellungen bei den Geschäften auf. Die Kaufleute brachten die Waren dann später zum Kloster.
Sie stellte den Wagen in der Ortsmitte auf einem Parkplatz ab und ging die nächsten Wege zu Fuß. Das war bei ihr schon Routine. Sie ging die einzelnen Händler der Reihe nach ab, und sie begann bei einem Metzger, der Biofleisch verkaufte. Um diese Zeit war sie die einzige Kundin.
Hinter der Theke stand die Frau des Metzgers. Ein breites Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, als sie sah, wer da ihren Laden betreten hatte.
»Hallo, Sophie, so spät noch?«
»Ja, leider, ich hatte heute wenig Zeit und möchte noch die Bestellung aufgeben.«
»Das ist kein Problem.«
»Danke. Dann fangen wir mal an.« Sophie holte einen Zettel aus der Tasche. Dort hatte sie sich alles notiert und zählte auf, was man ihr liefern sollte.
Die Frau schrieb mit und war sehr zufrieden, denn jede Bestellung war ein gutes Geschäft.
Normalerweise plauderte Sophie noch, an diesem Tag drängte bei ihr die Zeit. Nach dem Versprechen, die Waren so rasch wie möglich geliefert zu bekommen, verließ sie den Laden wieder.
Ihr nächster Weg führte in einen Supermarkt, auch hier wollte sie nur bestellen. Sie hatte den Geschäftsführer schon im Blick, winkte ihm auch zu und wollte auf ihn zugehen, als sie mitten in der Bewegung stoppte und dabei direkt vor einem Regal stehen blieb, in dem Fast Food angeboten wurde.
Es war mehr Zufall, dass sie auf die Produkte schaute, doch dann stieg ihr das Blut in den Kopf, als sie den Namen der Firma las, die diese Produkte herstellte.
»Cassel«, flüsterte sie und legte für einen Moment ihre Hand gegen das Kinn. Das Blut wich wieder aus ihrem Gesicht, und jetzt merkte sie, dass sie blass wurde.
Der Geschäftsführer hatte sie beobachtet und schlenderte langsam auf sie zu.
»Haben Sie Probleme, Madame?«
»Nicht wirklich.«
»Aber …«
Sie nahm eine Dosensuppe aus dem Regal. »Es geht mir nicht um die Suppen, sondern um die Firma, die sie herstellt.«
»Cassel, meinen Sie?«
»Genau.«
Der Mann im weißen Kittel rückte seine Brille zurecht. »Ist etwas damit?«
»Nein, nein, ich habe nur einen bestimmten Gedanken damit verbunden. Können Sie mir sagen, wo die Firma ihren Sitz hat?«
»Nicht mal weit von hier, in Narbonne.«
»Oh, das wusste ich nicht.«
Der Mann schaute ihr in die Augen. »Wenn Sie Probleme mit den Produkten haben, sagen Sie es mir. Ich werde Ihre Beschwerde gern weiterleiten.«
»Nein, das ist nicht nötig. Außerdem habe ich keine Probleme damit. Sie fiel mir nur
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