1707 - Attacke der Abruse
im Vorfeld einzugreifen.
Doch die neuen Schneeflocken sammelten sich rascher, als die Ayindi-Reserve herankam. Es dauerte keine zwei Minuten, bis erneut Kugelformen gebildet waren - und keine weiteren zehn, bis sich sämtliche Einheiten der Abruse zu einem einzigen, gigantischen Gebilde vereinigten.
Streep fühlte sich auf fürchterliche Weise an den mittleren Kapselschirm erinnert; nur, daß das Verhältnis von Schneeflocken zu Rochenschiffen nun etwas besser aussah.
Aber sie fürchtete erneut die unermeßlichen Verluste an Ayindi und deren Material, viel zu geringe dagegen bei den Flocken. Die Kugel-Taktik schien perfekt, wenn auf der anderen Seite genügend Schiffe standen.
Erst langsam, dann mit hoher Beschleunigung setzte sich die Kugelformation Richtung Aariam in Bewegung. Bis zum Durchbruch blieben zweieinhalb Stunden; ausgehend von rund zwei Lichtstunden Kapseldurchmesser und der Tatsache, daß die Schneeflocken nicht ganz Lichtgeschwindigkeit erreichen würden.
Die längsten zweieinhalb Stunden der Ayindi-Geschichte standen bevor.
*
Streep griff mit ihrem Schiff, der DRINCH, nicht direkt in die Kämpfe ein. Sie beobachtete sorgfältig und möglichst ohne Regung, wie sich die Rochenschiffe auf die Kugelschale stürzten.
Die Orterschirme bildeten ein Durcheinander unzähliger Blitze, farbiger Punkte und treibender Wracks ab.
Immer wieder unternahmen einzelne Schneeflocken Vorstöße aus der Formation. Das bedeutete zwar ihr Ende; da aber die Reichweite der Todesstrahlung nur geringfügig die der Ayindi-Waffen unterschritt, brachte fast jeder dritte Vorstoß auch das Ende eines Rochenschiffs.
Nach einer halben Stunde waren die Rochen schon deutlich reduziert.
Nun schon 30.000 Verluste. So viele Ayindi die ich kannte.
Sie alle wurden von jung auf zur Härte erzogen. Das Überleben des Volkes stand im Vordergrund, auch wenn jedes Einzelwesen für sich stolz und unnahbar wirkte.
Streep zermarterte sich das Hirn nach einer anderen Lösung. Sie fand keine.
Nach einer Stunde reiner Flugzeit sank die Zahl der Rochen auf unter 190.000. Die Schneeflocken rückten dagegen unbeeindruckt vor; zwar mit gigantischen Verlusten, aber immerhin.
Eine einzige Schneeflocke nur ... Dann ist alles umsonst. Dann fällt die Heimat der Ayindi. Und unser Widerstand ist gebrochen.
Iaguuls und Eecrees Vorwürfe konnte sie schon gar nicht brauchen; Streep war nicht mehr bereit, in diesem Stadium der Schlacht den Befehl abzugeben. Sie hätten ihr das Vertrauen eher entziehen sollen, wäre das notwendig gewesen.
160.000 Flocken.
125.000.
Zum erstenmal kam ihr der Gedanke, daß sich im Inneren der Formation, vielleicht im direkten Zentrum, etwas befinden könnte. Etwas, das die Abruse vor ihnen verbarg und das den Ayindi vielleicht endgültig den Todesstoß versetzen sollte.
Die Kugelformation schmolz immer mehr zusammen; sie hatte mehr als drei Viertel ihres Umfangs eingebüßt. Allerdings wurde durch die schrumpfende Oberfläche das Zielgebiet für die Ayindi-Rochen kleiner.
Jetzt überstieg die Zahl der Rochenschiffe die ihrer Gegner.
Streep ließ die Kugel von ihren Ortern bis ins letzte Detail abtasten.
Nichts, nicht der geringste Hinweis auf irgend etwas Ungewöhnliches. Nur die Schneeflocken ... aber die waren schlimm genug.
Nach zwei Stunden Flugzeit rückten die abrusischen Todesboten bedrohlich nahe ans Aariam-System heran. Sobald sie die Schirmkapsel durchflogen hatten, brauchten sie nur in den Hyperraum zu verschwinden, und sie kämen in der Nähe eines beliebigen Planeten heraus. Eine einzige Flocke. Wenn diese gelandet war, bedeutete das das Ende. Dann würden sich die Kristalle ausbreiten, und alles Leben im Aariam-System wäre binnen kurzer Zeit ausgelöscht.
„Fünfzehn Minuten", rechnete Iaguul über die Funkleitung vor. „Und noch 88.000 Schneeflocken! Hast du vielleicht die Absicht, endlich härter vorzugehen?"
Streep zögerte lange. „Ja. Ich weiß. Es ist soweit."
Sie gab an alle Einheiten Befehl, ohne Rücksicht auf das eigene Leben anzugreifen. Die Anweisung galt nicht nur alten Ayindi, die das ohnehin taten, sondern auch für jüngere. Sie selbst verstärkte mit der DRINCH den Abschnitt der Front, der direkt zwischen Kugel und freiem Weltraum lag.
Es gab keine taktischen Anweisungen mehr, nichts mehr zu koordinieren, nur noch ein bloßes „Alles oder Nichts".
Erstmals stürzte sich Streep selbst in den Bannkreis der Kugel. Die Zieloptiken fixierten eine einzelne Schneeflocke,
Weitere Kostenlose Bücher