1709 - Die Blutprinzessin
den Benz blitzschnell nach links zog. Das erschreckte Gesicht des Fahrers war noch zu sehen, dann kam es zur Kollision.
Es war nicht mehr als ein Streifen. Dem Wagen machte es nichts aus, dem Biker schon.
Er riss die Arme hoch, fiel nach links und verschwand aus Elton Marlowes Blickfeld, als hätte es ihn nie gegeben. Auch sein Fahrrad war verschwunden, beide waren in den Graben neben der Straße gestürzt.
»Halt an!«
»Ja, ja, keine Panik.«
Elton war nur ein paar Meter gefahren, dann bremste er. Der Benz stand noch nicht ganz, als Sina die Tür bereits aufstieß und sich fast aus dem Auto fallen ließ.
Marlowe hatte es nicht so eilig. Er wusste ja, was kam. Zudem wollte er die Umgebung im Auge behalten. Welling, das bereits hinter ihnen gelegen hatte, lag jetzt wieder vor ihnen.
Sina aber war in ihrem Element. Mit einem Sprung hatte sie die letzte Distanz überwunden und war im Graben gelandet. Sie musste noch ein paar Schritte in die entgegengesetzte Richtung laufen, um den Mann zu erreichen.
Er war in den Graben gefallen, dessen Boden wie ein weiches Bett war. Nur eben schmutzig, mit Wasser und irgendwelchen Gräsern und abgebrochenen Zweigen gefüllt, an denen noch altes Laub hing.
Sina hörte den Mann fluchen. Ihm war offenbar nicht viel passiert.
Sie lachte in wilder Vorfreude auf. Es war genau dieses Lachen, das den Mann aus seiner Lethargie riss. Er richtete sich auf, seine Augen weiteten sich, als er die Gestalt sah, die auf ihn zuhetzte, sich am Rand des Grabens abstieß und auf ihn zusprang.
Er riss noch seine Arme hoch.
Der Tritt traf ihn trotzdem und war so hart geführt worden, dass seine Hände zur Seite gefegt wurden. Das hatte Sina gewollt, denn jetzt lag sein Gesicht frei.
Zudem war der Mann nach hinten gekippt. Mit dem Rücken lag er auf dem Hinterrad. In seinem Gesicht malte sich ein Ausdruck ab, der nur schwer zu beschreiben war.
Dann warf sich Sina Wang auf ihr Opfer. Es war ihr egal, ob auch sie schmutzig wurde, sie dachte nur an das Blut in den Adern des Mannes und packte mit einer Hand das Haar, um den Kopf zur Seite zu drehen. Mit den Knien sorgte sie für den nötigen Druck auf seiner Brust. Er sollte sich nicht befreien können.
Der Mann wollte seinen Kopf befreien. Er versuchte, ihn hin und her zu schütteln, was ihm nicht gelang, denn Sina Wang griff hart zu. Sie überlegte schon, ob sie ihre Finger in die Augen stechen sollte, doch davon nahm sie Abstand, denn sie erlebte keine Gegenwehr mehr.
Und dann kam sie zum Biss!
Sina senkte den Kopf. Erst langsam, dann schnell – und dann hackte sie ihre Zähne in die linke Halsseite. Sie spürte das Reißen der Haut und schmeckte das Blut, das aus der Wunde in ihren weit geöffneten Mund sprudelte.
Danach gab es nur noch eins für sie. Schlucken und trinken. Es war etwas Wunderbares für sie. Ein Genuss. Das Höchste, was sie sich als Vampirin vorstellen konnte.
Einen Widerstand erlebte sie nicht mehr. Zwar zuckte der Körper unter ihr noch einige Male, dann lag er still, und sie konnte sich endlich satt trinken.
Sina saugte, sie schmatzte, und sie gab hin und wieder auch ein leises Stöhnen von sich. Dabei lag sie in einer so guten Deckung, dass sie von der Straße von einem Autofahrer kaum gesehen wurde.
Zudem hielt Elton Marlowe Wache. Er stand am Rand der Straße und hatte sich gegen seinen Wagen gelehnt. Es machte ihm nichts aus, dass er mehrmals von Autofahrern passiert wurde, denn sie nahmen von ihm keine Notiz.
Sogar zwei Lastwagen verließen den Hof der Firma und rollten in Richtung Autobahn. Durch den Ort mussten sie dabei nicht.
Elton wusste nicht, wie lange Sina brauchte, um satt zu werden. Er hatte auch nicht auf die Uhr geschaut und wurde erst aufmerksam, als er aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm.
Sina hatte sich aufgerichtet. Noch stand sie im Graben. Glücklich und grinsend. Um ihre Lippen herum klebte noch das Blut des Opfers, als sie nickte.
»Alles in Ordnung?«, fragte Elton.
»Und wie es in Ordnung ist.«
»Okay, was machen wir jetzt?«
Sie stieg in den Wagen. »Jetzt geht die Party der Blutprinzessin richtig los …«
***
Konstabler Matt Franklin saß hinter seinem Schreibtisch und schaute den jungen Mann mit starrem Blick an, der ihm eine Geschichte erzählt hatte, die unglaublich klang. Beinahe so unglaublich, dass sie schon wieder wahr sein konnte.
»Ja, Konstabler, so ist das gewesen. Und hätten Sie anders gehandelt, dann wäre dieser Elton Marlowe mit seinem Wagen nicht
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