171 - Höllen-Gladiatoren
Sensation zu kommen. Sie werden bald hier sein, eine sensationslüsterne, kläffende Meute, der nichts heilig ist, nicht einmal die Ruhe eines Toten. Ich hoffe, Sie verstehen mich nicht falsch, Mr. Ballard. Berichterstattung muß sein, dafür bin ich, solange sie seriös bleibt, aber was manche Reporter tun, um ihr Geld zu verdienen, ist oft nicht mehr feierlich.«
George Skelton saß auf dem aufgeschlitzten weißen Ledersofa und starrte mich geistesabwesend an, als ich ihn ansprach. Ich nannte ihm meinen Namen, war aber nicht sicher, daß er ihn behalten hatte. Meine Detektivlizenz würdigte er keines Blickes.
Der Kontakt zur Realität schien ihm teilweise abhanden gekommen zu sein.
»Barry war ein verdammt guter Boxer, der es noch sehr weit gebracht hätte«, sagte er heiser. »Ich hätte ihn groß gemacht, wir waren auf dem besten Weg dorthin… und plötzlich ist alles aus und vorbei. Wer bringt einen so wertvollen Menschen wie Barry Jagger um, Mr. Ballard?«
Es erstaunte mich, daß er sich meinen Namen gemerkt hatte.
Ich hätte ihm sagen können, wer seinen Schützling getötet hatte, doch mit den Namen der drei Höllen-Gladiatoren hätte George Skelton nichts anfangen können, deshalb schwieg ich.
Für George Skelton war es nicht nur eine menschliche, sondern auch eine berufliche Katastrophe.
Der Trainer hatte mit Barry »Fist« Jagger hart gearbeitet.
Seine ganze Energie hatte er in diese Partnerschaft investiert.
Er hatte auf Barry Jagger gesetzt – und verloren. Nun mußte er wieder ganz unten anfangen, sich einen andern Boxer suchen, aus dem sich möglicherweise etwas machen ließ, und ihn in mühevoller Kleinarbeit aufbauen.
»Sie waren mit Barry Jagger häufig zusammen, Mr. Skelton«, sagte ich.
»Ich war ein Teil seines Lebens«, entgegnete der Trainer.
»Ist Ihnen in jüngster Vergangenheit irgend etwas Merkwürdiges aufgefallen?« wollte ich wissen.
Skeltons Blick ging durch mich hindurch wie ein Röntgenstrahl. »Was sollte mir aufgefallen sein? Wir haben wie die Tiere geschuftet, damit wir voller Zuversicht dem bevorstehenden Kampf entgegensehen konnten.«
»Hatte Jagger das Gefühl, heimlich beobachtet zu werden?«
Skelton schüttelte den Kopf.
»Interessierte sich jemand auf irgendeine ungewöhnliche Weise für Jagger?«
»Überhaupt nicht. Alles verlief ungestört und programmäßig; seit Wochen schon. Barry hätte am Wochenende die schwerste Hürde seiner Laufbahn genommen, Mr. Ballard, doch irgend jemand war gegen diesen Kampf. Finden Sie den Kerl, er soll im tiefsten Kerkerloch verrotten.«
Sie werden büßen, alle drei, dachte ich grimmig. Sobald ich weiß, wo sie sind, greife ich sie mir und sorge dafür, daß sie nie wieder von der Hölle beurlaubt werden können. Diesmal sollen sie ihren letzten Jenseits-Ausflug gemacht haben.
***
Simon Plummer winkte der hübschen kaffeebraunen Kellnerin. Auf der Speisenkarte stand, daß der Service nicht inbegriffen war – es stand auf jeder Seite, groß und fett gedruckt, damit es niemand übersah –, und da der Amerikaner mit der Bedienung zufrieden gewesen war, schlug er freiwillig 20 Prozent auf den Rechnungsbetrag auf.
Das Mädchen bedankte sich mit einem strahlenden Lächeln.
Bestimmt hätte sie ihm Glück gewünscht, wenn sie gewußt hätte, was er vorhatte.
Seufzend stand er auf. Die Polizei einzuschalten hatte seines Erachtens keinen Sinn, denn er hatte nichts gegen Dean Kowalski in der Hand, und auf bloße Behauptungen und Anschuldigungen hin würden die Behörden nicht aktiv werden.
Wenn man Kowalski nicht richtig festnageln konnte, war er im Handumdrehen wieder frei.
John Jewison kannte bestimmt ein halbes Dutzend Rechtsverdreher, die ihm den Gefallen mit Vergnügen taten.
Mit Vergnügen und für eine schöne Stange Geld.
Plummer verließ das Lokal und begab sich, scheinbar gemächlich, zum Mercedes. Innerlich stand er aber bereits ziemlich stark unter Strom.
In Kürze würde eine wichtige Entscheidung fallen.
Den toten Freund und Partner vor Augen fuhr Plummer los.
Deutlich spürte er die Nachwirkungen der Schläge, die er von Dean Kowalski bezogen hatte.
Der verfluchte Kerl dachte, alles ungestraft tun zu dürfen.
Kowalski mißachtete jedes Gesetz; es war Zeit, ihm das abzustellen.
Das Maß war voll!
***
Ich überließ Skelton seiner brütenden Lethargie. Er war nicht ergiebig gewesen, und es hätte mich auch gewundert, wenn er mir hätte helfen können, denn allem Anschein nach schlugen die
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