1714 - Die Beausoleils
der Zugang zur Zentrale steht euch offen. Es würde allerdings ein zu großes Gedränge herrschen, würdet ihr alle auf einmal kommen. Aber zu deiner provokanten Frage: Die Ayindi haben uns die Funktionsweise der meisten technischen Einrichtungen verschwiegen und alle Schiffssysteme versiegelt.
Wir können kaum Einfluß und schon gar keinen Zugriff darauf nehmen.
Uns ergeht es ebenso wie euch."
„Ich sage nur, was ich denke", rechtfertigte sich Joseph. „Und so habe ich auch dich eingeschätzt. Das soll provokant sein?"
„Schon in Ordnung", sagte Bull entschuldigend. „Ich bin nur etwas angespannt. Ich denke, daß wir schon miteinander auskommen werden."
Joseph war nicht nachtragend, er war nicht einmal wirklich gekränkt gewesen. Er war nur eben der Meinung, daß man nichts „runterschlucken" sollte, was man in die falsche Kehle bekam.
Die Bilder aus der Kommandozentrale zeigten vier der Unsterblichen in ihren schwebenden Kontursesseln vor dem sie allseits umschließenden Holo des Überraumes, der sich als buntes Spektrum ineinanderüberfließender Formen und Farben präsentierte und tatsächlich den Eindruck rasend schnellen Dahinfliegens vermittelte. Das Betrachten dieses Formen- und Farbenspiels war auf eine Weise beruhigend, gleichzeitig aber auch aufwühlend. Es ließ einen nicht kalt, ließ statt dessen die Monotonie eines Überlichtfluges vergessen.
Joseph konnte in der Zentrale nur Bull, Saedelaere, Nadja und den Mausbiber Gucky sehen. Der fünfte Sitz war leer.
„Ihr habt vermutlich auch keine Ahnung, welches Medium für den Überlichtflug genutzt wird?" fragte Joseph in der Zentrale an.
„Natürlich nicht", antwortete ihm Alaska Saedelaere. „Es ist mit einiger Sicherheit ein anderer Bereich des Überraumes als jener, den wir für den Metagravflug benutzen. Tatsächlich präsentiert sich dieser ndimensionale Bereich keineswegs so, wie wir ihn sehen. Auf Moiras STYX war überhaupt nichts während des Überlichtfluges zu erkennen. Die Ayindi haben die Hyperortungsgeräte nur für uns so präpariert, weil sie wohl meinten, daß etwas Abwechslung unserer Psyche guttäte."
Mila tauchte in der Tür des Gemeinschaftsraumes auf und blickte sich suchend um. Sie trug nun wieder, wie alle anderen auch, ihren SERUN.
Joseph winkte ihr und führte sie an einen etwas abseits liegenden Tisch.
„Ich möchte mich für meinen abrupten Abgang aus Hangar acht entschuldigen", sagte sie.
„Das verstehe ich nicht. Du hast doch einen triftigen Grund genannt."
„Es war gelogen. Tatsächlich hatte ich Angst, mich zu weit von Nadja zu entfernen. Wir haben uns zwar weitestgehend normalisiert. Aber die Neunhundert-Meter-Hemmschwelle ist noch nicht überwunden. Das wollte ich dich wissen lassen."
Joseph wußte nicht, was er darauf sagen sollte. Unter normalen Umständen war er Frauen gegenüber sehr locker, die sich ihm von sich aus soweit näherten. Aber manchmal kam es vor, daß er gegenüber Menschen, an denen ihm etwas mehr lag, schüchtern wurde. Joseph, du alter Trottel, sagte er sich und gab sich einen Ruck, um die peinlich werdende Situation zu überbrücken.
„Läßt es sich schon absehen, wann wir in den Einsatz gehen können?"
fragte er deshalb.
„Der Einsatzplan sieht vor, daß wir zuerst einmal alle in jenes Gebiet fliegen, in dem wir das Diamantschiff zuletzt gesichtet haben", antwortete Mila, irgendwie erleichtert. „Das ähnelt zwar einem Flug ins Blaue, aber einen besseren Anhaltspunkt als diese Koordinaten haben wir nun mal nicht. Wir können nur hoffen, daß wir in der Nähe dieses Sektors eine Operationsbasis der Abruse finden. Andernfalls müssen wir uns auf eine langwierige Suche gefaßt machen. Oder Provokationen auslösen, die die Abruse und deren Kommandoeinheiten zu Reaktionen nötigt. Es kann also noch eine Weile dauern, bis ihr zum Zuge kommt."
„Es wäre enttäuschend, wenn wir unverrichteter Dinge zurückkehren müßten", sagte Joseph.
„Bist du so versessen darauf, dein Leben aufs Spiel zu setzen?"
„Für die gute Sache immer. Wenn ich damit etwas zum Guten wenden kann, dann ist mein Tod nicht umsonst gewesen und mein Leben bekommt nachträglich einen Sinn."
„In diesem Fall liegt die Sache nicht so einfach. Kein noch so großes Opfer könnte etwas gegen die Abruse bewirken."
„Sag das nicht", widersprach Joseph. „Ich nehme mir dabei Belizaire, den Cajun, als Vorbild. Zu seiner Zeit hatten es er und die seinen ebenfalls mit einem übermächtigen und eigentlich
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