1715 - Gewächs des Grauens
stand.
Das Bier trank ich aus der Flasche. Es war herrlich kühl und gab mir das Gefühl zurück, wieder am Leben teilzunehmen. Jeder Schluck schien die Erinnerung an den letzten Fall zurückdrängen zu wollen. Noch immer wunderte ich mich darüber, dass er so gut ausgegangen war. Der Rote Ryan, der Suko und mich unterstützt hatte, war wieder nach Aibon zurückgekehrt. Er war ein Kind dieses verwunschenen Landes, und nur dort fühlte er sich wohl.
Die Beine hatte ich ausgestreckt, das Whiskyglas war leer, ich wollte mich durch die Programme zappen, als es geschah. Der moderne Quälgeist wollte was von mir.
Das Telefon stand in der Nähe. Ich sah auf dem Display, wer mich anrief.
»Hi, Jane«, meldete ich mich, »wenn du wissen willst, wie es mir geht, dann kann ich dir sagen, dass …«
»Im Moment möchte ich das nicht wissen, John.«
Noch in derselben Sekunde fiel bei mir die Klappe. Diese Antwort hatte sich alles andere als normal angehört, und auch der Klang ihrer Stimme ließ mich Schlimmes ahnen.
»Was ist los, Jane?«
»Erst mal eine Frage. Hast du Zeit?«
»Sicher.«
»Dann komm so schnell wie möglich zu mir.«
Dass etwas passiert sein musste, war mir klar, aber ich wollte wissen, was genau geschehen war.
»Man hat meinen Wagen in die Luft gejagt!«
»Was?« Beinahe wäre ich in die Höhe gesprungen, riss mich jedoch zusammen. »Und ist dir etwas passiert?«
»Nein, zum Glück nicht. Ich war zu weit davon entfernt gewesen. Die Warnung allerdings habe ich verstanden.« Sie senkte ihre Stimme. »Ich glaube schon, dass es einen gewissen Redebedarf gibt.«
»Natürlich, Jane. Ich bin so schnell wie möglich bei dir.« Eine Frage drängte sich trotzdem auf, und die musste ich unbedingt loswerden. »Hat es etwas mit Justine Cavallo zu tun?«
»Nein, das nicht. Ich habe einen Verdacht, John, doch darüber sollten wir nachher sprechen.«
»Okay, bis gleich.«
Plötzlich schlug mein Herz schneller. Ich schaute auf die Bierflasche, die noch bis zur Hälfte gefüllt war. Das würde sie auch bleiben, denn ich befand mich wenige Sekunden später schon auf dem Weg in die Tiefgarage und lauschte dabei auf mein Bauchgefühl, das mir sagte, dass es Ärger geben würde …
***
Ich erreichte Mayfair in Rekordzeit und bog in die kleine Straße ein, in der Jane wohnte. Zur Hälfte war sie abgesperrt, denn ich sah den Wagen der Feuerwehr und auch die beiden Fahrzeuge der Polizei. Schwacher Rauchgeruch stieg in meine Nase, als ich den Rover verließ.
Jane Collins stand hinter der Absperrung, aber in der Nähe ihres Hauses, direkt am Vorgarten. In ihrer unmittelbaren Nähe hielten sich zwei Frauen auf, die mir unbekannt waren. Wahrscheinlich Nachbarn aus den anderen Häusern.
Ein uniformierter Kollege überwachte die Absperrung. Er wollte auch mich aufhalten, schaute dann auf meinen Ausweis und ließ mich passieren.
Jane Collins hatte mich bereits entdeckt. Sie nickte den Nachbarn zu und kam mir entgegen. Ich wusste, was folgen würde und streckte ihr bereits meine Arme entgegen.
Sie ließ sich hineinfallen und sagte nur: »Himmel, dass so etwas passieren muss.«
»Da hast du mehrere Schutzengel zugleich gehabt.«
Jane stemmte sich von mir weg. »Das glaube ich nicht mal. Dieser Anschlag war genau getimt.«
»Wie meinst du das?«
Sie schaute sich um und tippte mir dann gegen die Brust. »Darüber werden wir in meinem Haus reden. Ich habe dir eine Menge zu sagen.«
»Wirst du denn hier nicht mehr gebraucht?«
»Ich denke nicht. Meine Aussagen habe ich gemacht.«
»Wer leitet die Aktion?«
Sie deutete auf einen Beamten, der neben einem Feuerwehrmann stand. Ich ging zu ihnen, wies mich aus und erklärte, dass ich mit Jane Collins etwas zu bereden hätte.
»Seit wann interessiert sich Scotland Yard für einen normalen Brandanschlag?«
»Ganz einfach, meine Herren. Wenn etwas mehr dahintersteckt. Aber darüber kann ich jetzt nicht reden.«
Sie nickten. Begeistert waren sie nicht. Denn die Spurensuche blieb an ihnen hängen.
»Können wir reingehen?«, fragte Jane.
»Ja, man weiß ja, wo man uns finden kann.«
»Gut, dann werde ich uns einen Kaffee kochen.« Sie drehte sich zu mir um. »Du bist ja lange nicht mehr bei mir gewesen.« Sarkastisch fügte sie hinzu: »Wozu eine Zeitbombe doch alles gut ist …«
***
Ich überhörte den Spott und sagte: »Es war also eine Zeitbombe.«
Dabei ließ ich mich in den Sessel fallen und nahm die mit Kaffee gefüllte Tasse an mich.
»Das hat man mir
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