1716 - Assungas Hexensturm
Hocke.
Das war für die Blutsaugerin perfekt. Für sie gab es keine Gnade mehr mit den beiden Geisterjägern. Sie wollte nur noch vernichten, und plötzlich bot sich ihr die Chance.
Suko hockte wehrlos vor ihr, er war nicht mal mehr in der Lage, einen Arm zu bewegen, um an seinen Stab zu gelangen. Der Treffer hatte ihn paralysiert. Auch sein Blick war nicht mehr so klar. Er sah die Vampirin zwar, aber nur verschwommen.
Das alles hatte ich nicht mitbekommen. Zwar war ich von der Cavallo nicht niedergeschlagen worden, sondern einfach nur gestolpert, im Grunde war es jedoch egal. Man hatte mich außer Gefecht gesetzt, aber nicht für immer.
Ich war wieder da!
Um Mike Gentry kümmerte ich mich nicht. Er lag noch immer auf seinem Schreibtisch und wirkte wie eine Puppe, die man dort abgelegt hatte.
Es ging mir um die Cavallo, die noch da war.
Und es ging mir um Suko.
Ich brauchte nur einen Blick, um zu erkennen, was sich da anbahnte. Automatisch löste sich ein Schrei aus meinem Mund, und zugleich riss ich die Beretta hervor.
Geweihte Silberkugeln sorgten für die Vernichtung eines Vampirs. Das zumindest war die Regel, aber es gab leider auch eine Ausnahme davon. Die hieß Justine Cavallo. Eine Kugel, die geweiht war, konnte sie nicht so leicht töten. Es sei denn, man würde ihr den Schädel mit dem geweihten Silber vollpumpen. An meine stärkste Waffe, das Kreuz, kam ich nicht so schnell heran, und so musste ich es eben mit einer Kugel versuchen.
Die Cavallo hatte sich um Suko kümmern wollen. Wahrscheinlich, um ihm den Rest zu geben, doch das gelang ihr nicht mehr. Sie hatte im Rücken zwar keine Augen, aber einen Instinkt, den man nicht unterschätzen durfte.
Plötzlich fuhr sie herum.
Da lief ich bereits mit der gezogenen Waffe auf sie zu. Ich schoss auch und erlebte im nächsten Augenblick etwas für mich Schlimmes. Die Kugel traf ein Ziel, aber nicht die Cavallo. Die war für mich zu einem Schatten geworden, so schnell bewegte sie sich. Dafür klatschte die Kugel über Sukos Kopf in die Tür.
Ich sah plötzlich kein Ziel mehr und musste mich innerhalb einer Sekunde neu orientieren.
Plötzlich sah ich Justine Cavallo in der Luft schweben. Vor und leicht über mir. Aus dem Stand heraus hatte sie einen Salto geschlagen und fiel jetzt wieder nach unten.
Meinen rechten Arm bekam ich so schnell nicht hoch. Etwas tauchte vor meinem Gesicht auf, und einen Moment später dröhnte der Schlag gegen meinen Kopf, der mich in ein tiefes Dunkel tauchte, durch das noch einige Sterne blitzten, die ich sah, bevor ich rücklings auf dem Boden landete, was ich nicht mehr mitbekam.
Ich sah auch alles Weitere nicht, spürte nur im Unterbewusstsein, wie mich zwei Hände so locker hoch rissen, als hätte ich kein Gewicht. Jemand wuchtete mich über seine Schulter, und wie ich aus dem Büro geschafft wurde, bekam ich ebenfalls nicht mehr mit.
Die Cavallo aber hatte einen großen Sieg errungen …
***
Suko lebte noch. Aber er war angeschlagen, was auch nicht jeden Tag vorkam. Er hatte die Augen weit geöffnet, bekam nur eingeschränkt Luft und würgte mehr, als dass er atmete.
Er sah, dass auch John keine Chance gegen die Cavallo hatte, aber er konnte nicht eingreifen, weil er einfach noch zu schwach war. Auch als die Blutsaugerin auf ihn zu rannte, tat er nichts. Er rechnete damit, wieder von ihr angefallen zu werden, doch das geschah nicht. Er war plötzlich uninteressant geworden, denn die Cavallo wollte nur die Tür aufziehen. Dafür musste sie ihn aus dem Weg schaffen.
Mit einem heftigen Tritt schleuderte sie Suko zur Seite, der seitlich auf den Boden prallte und dort liegen blieb. Dass die Tür geöffnet wurde, bekam er nur am Rande mit, und so sah er auch nicht, wie die Cavallo verschwand.
Sie zu verfolgen war nur ein kurzer Gedanke, denn das konnte er bei seiner Schwäche vergessen. Er war froh, wenn er sich überhaupt erheben konnte, denn im Moment hatte er noch immer mit den Folgen des Treffers zu kämpfen.
Die Tür war nicht wieder zurück ins Schloss gefallen. Aus dem Flur hervor hörte er die Rufe der Mitarbeiter, ohne darauf zu achten.
Er wusste, dass er nicht mehr liegen bleiben durfte. Er musste sich zusammenreißen, um endlich auf die Beine zu kommen, trotz seiner Schwäche.
Er richtete sich so weit auf, dass er in eine sitzende Haltung gelangte. Sein Blick hatte sich inzwischen geklärt, und so sah er Mike Gentry noch immer auf dem Schreibtisch liegen und sich nicht bewegen. Und er sah noch etwas.
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