1716 - Assungas Hexensturm
noch mehr sagen?«
»Nein, musst du nicht. Aber ich kann dir sagen, dass es rein dienstlich gewesen ist. Es ging um diese Ikone, die ein besonderes Eigenleben geführt hat.«
»Klar, ich weiß schon. Du musst mir nichts erzählen.«
»Dann bin ich ja froh.« Ich schnupperte. »Und jetzt rieche ich den wunderbaren Kaffee.«
»Ich bin nun mal zu dir wie eine Mutter zu ihrem Sohn.«
»Danke, Mama.«
»Keine Ursache.«
Wie immer schenkte ich mir meine etwas größere Tasse voll und ging damit in Richtung Büro.
Wenig später saß ich Suko gegenüber. Ich nahm erst mal ein paar Schlucke und schaute ihn dann an.
Er runzelte die Stirn und sprach davon, dass uns jemand besuchen wollte, weil es da einen Vorfall gegeben hatte, über den er unbedingt mit uns reden müsste.
»Worum geht es denn?«
»Das weiß ich nicht.«
»Hm. Und wer hat den Termin gemacht?«
»Sir James persönlich.«
»Ach. Dann weiß er mehr?«
»Nein, wohl auch nicht. Aber er kennt den Namen Lee.«
»Doch nicht Christopher?«
»Quatsch. Tim Lee ist jemand, dem etwas widerfahren ist, über das er mit uns reden will. Er nicht, aber Tims Vater hat Sir James überzeugen können, dass dieser Tim Lee uns besucht. Was er uns zu berichten hat, weiß ich auch nicht.«
»Dann warten wir mal ab.«
»Genau.«
Ich nuckelte wieder an meinem Kaffee. »Und wann genau wird dieser Tim Lee hier erscheinen?«
»Gegen zehn Uhr.«
»Okay, dann warten wir.«
Besuch zu bekommen war noch immer besser, als hier im Büro zu sitzen und Däumchen zu drehen. Gestillt war meine Neugierde nicht, ich wollte wissen, ob Suko etwas über diesen Mann herausgefunden hatte. Da konnte er nur den Kopf schütteln.
»Und Glenda weiß auch nichts?«
»Nein, ihr wurde nichts gesagt. Jedenfalls hat sich Sir James recht ernst angehört, aber er gab mir kein Stichwort.«
»Dann wollen wir mal gespannt sein.«
Suko nickte nur. Es war noch knapp eine Stunde Zeit, die ich nutzte.
Ein bis zwei Zeitungen lagen für uns am Morgen immer bereit. Ich überlegte, ob ich sie durchblättern sollte, aber schon nach den ersten Seiten konnte ich nur den Kopf schütteln, denn alle hatten nur ein Thema, abgesehen davon, dass in Nordafrika die Welt brannte.
Ich las das genaue Gegenteil. Es ging um die Hochzeit zwischen Prinz William und Kate Middleton, die in einigen Wochen stattfinden würde. Schon jetzt spielte die Presse verrückt und es gab zudem genügend Leser, die jede Zeile über dieses Thema verschlangen. Mich interessierte die Hochzeit ganz und gar nicht.
Glenda tauchte auf, nachdem sie kurz telefoniert hatte. Sie nickte in unser Büro hinein und sagte nur: »Euer Besuch ist da.«
»Tim Lee?«, fragte Suko.
»Genau. Ihr wisst schon Bescheid?«
»So halb.«
»Gut. Dann kann ich ihn hochkommen lassen.«
»Ja, tu das bitte.«
Glenda verschwand wieder. Sie war wohl leicht pikiert darüber, dass sie nicht informiert gewesen war. Aber man konnte eben nicht an alles denken.
Suko und ich grinsten uns an. Irgendwie gingen wir beide davon aus, dass es so ernst wohl nicht sein konnte und Sir James einem Bekannten nur einen Gefallen getan hatte.
Dass dies nicht so war, ahnten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Jedenfalls dauerte es noch, bis wir Stimmen im Vorzimmer hörten. Wenig später erschien Glenda Perkins mit dem Mann, der unbedingt einen Termin haben wollte und ihn auch bekommen hatte.
Vor uns stand jemand, der eine Wollmütze auf dem Kopf trug. Dazu einen dunkelgrauen, recht kurzen Mantel, und der Rücken beulte sich aus, weil dort ein Rucksack hing.
Das Gesicht des Besuchers war offen. Das Lächeln herzlich und in den Augen lag ein Ausdruck, der besagte, es geschafft zu haben. Wir stellten uns selbst vor und baten Glenda um einen Kaffee, den Tim Lee gern annahm.
Er nahm den Rucksack ab, stellte ihn neben dem Stuhl auf den Boden und schälte sich aus dem Mantel, den er an einen Garderobenhaken hängte.
Dann nahm er Platz und stellte den Rucksack auf die Knie. Glenda brachte ihm Kaffee und erntete ein schüchternes Lächeln.
Ich schätzte Tim Lee auf fünfundzwanzig Jahre. Er hatte ein offenes Jungengesicht, seine Haare wuchsen modern struppig auf seinem Kopf und waren leicht gegelt.
»Oh, der Kaffee ist aber super«, sagte er nach dem ersten Schluck. »Das erlebt man selten.«
Ich musste Glenda loben und sprach so laut, dass sie es im Nebenraum auch hörte.
»Es gibt keinen besseren Kaffee auf der Welt, das kann ich beschwören.«
»Dann glaube ich, dass Sie recht
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