1719 - Die Totenliste
mitbringen.
Sie hätten sogar Unterkunft für hundert Leute verlangen können.
Uleboe hätte auch dies bewilligt. Der Somer zeigte weiterhin sein Mördergrinsen, das strahlende falsche Lachen und die Hand mit dem feuerbereiten Strahler hinter dem Rücken. Mittlerweile mußte er längst Antwort aus Estartu erhalten haben - falls er tatsächlich dorthin Meldung gemacht hatte und kein absolut falsches Spiel trieb, auch nicht mit seinen Artgenossen daheim.
Doch falls er Antwort und Anweisungen bekommen hatte, mußten sie ihm die Hände binden und ihm seine falsche Freundlichkeit aufzwingen, bis es ausgestanden war und die Galaktiker, so oder so, endlich wieder in Richtung ihres eigenen großen Spiralnebels verschwanden.
Falls er auf eigenes Risiko spielte, mußte er womöglich noch vorsichtiger sein.
Dara Sheenbar ahnte jedoch, daß es irgendwo eine Schmerzgrenze für den Somer gab. Wenn diese überschritten war, würde er wieder sein wahres Gesicht zeigen, und es konnte für sie alle ziemlich ungemütlich im Gom-Tor werden.
Vorerst aber spielte Uleboe seine Rolle mit zusammengebissenem Schnabel. In den ersten Tagen hatte er die Galaktiker tatsächlich durch das Transmittertor geführt und ihnen alles mögliche erklärt, auch völlig unbedeutende Dinge. Vielleicht hatte er gehofft, die wichtigen Fragen dadurch umgehen zu können, doch die Galaktiker ließen sich nicht für dumm verkaufen und gaben erst Ruhe, nachdem ihre Fragen, was Technik und Kapazität betraf, auch die weitere Ausbaufähigkeit des Tores und der gesamten Straße für die Zukunft, zufriedenstellend beantwortet waren.
Das gaben die Galaktiker natürlich nicht zu, solange sie nicht gefunden hatten, was sie wirklich interessierte. Es seien nur technische Dinge bisher, hatte Dara Sheenbar Uleboe erklärt. Was weitaus wichtiger sei, wären hingegen die Arten und Mengen von Fracht, die schadlos durch das Transmittertor befördert werden könnten. Dazu, argumentierte sie, brauchte sie Einblick in die Frachtaufzeichnungen des Gom-Tors, und zwar seit dessen Bestehen.
Der letzte Teil ihrer Forderung war ein weiterer Schachzug in einem Spiel, bei dem niemand dem anderen traute. Hätte die Hanse-Spezialistin nur die Aufzeichnungen der letzten Wochen und Monate zu sehen gewünscht, dann hätte sie das gleich wieder verdächtig gemacht. Aber die gesamte bisher dokumentierte Geschichte des Tores - das war etwas anderes. Uleboe konnte sich nicht widersetzen, ohne seine gesamte verlogene Goodwill-Schau ad absurdum zu führen.
In den folgenden Tagen hatten die Galaktiker dann auch die Gelegenheit bekommen, Einblick in die Aufzeichnungen des Gom-Tor-Logs zu nehmen; schon bald war ihnen klargeworden, daß hier manipuliert worden war.
Allerdings geschickt, und die Somer taten das übrige zur Irritation, indem sie abzulenken und die Arbeit der Galaktiker durch alle möglichen technischen „Pannen" zu behindern versuchten. Uleboe bedauerte dies bei jeder Beschwerde zutiefst und gab vor, nichts von eventuellen Sabotageakten seiner Besatzung zu wissen.
Es war umsonst.
Alle zehn Hanse-Spezialisten verstanden sich darauf, derartige Eintragungen zu lesen, zu verstehen und zu prüfen. Sie fanden heraus, daß die in den Speichern der Somer dokumentierten Frachtbewegungen nie und nimmer in dieser Form stattgefunden haben konnten. Es gab Widersprüche in der Kapazitätsfrage wie in der rechnerischen Abwicklung der angeblichen Transporte. Dara Sheenbar kam es fast so vor, als säße sie mit einer Horde Finanzbeamter alten Schlages über Steuererklärungen, die entweder von Vollidioten oder von absoluten Nichtskönnern auf dem Gebiet des Steuerbetrugs abgegeben worden waren.
Die Somer, soweit es Uleboe und seine Mannschaft betraf, waren keine Meister im Manipulieren ihrer Aufzeichnungen, das stand fest.
Auf der anderen Seite waren sie so geschickt gewesen, daß die Galaktiker bisher nicht hatten herausfinden können, welche Eintragungen über die Bewegungen am Gom-Tor entfach nur gelöscht und welche falsch eingegeben worden waren.
Sie konnten es Uleboe natürlich nicht offen ins Gesicht sagen. Aber es gab vielleicht eine andere Möglichkeit, hinter die Wahrheit zu kommen.
Als Dara mit den beiden Kommandanten darüber sprach, ahnten sie noch nicht, daß sie eigentlich keine Chance hatten.
„Der Nakk", sagte sie. „In jedem Transmittertor gibt es mindestens einen von ihnen als Schaltmeister. Wenn uns hier einer ehrlich antworten kann, dann nur er. Wir müssen von
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