1720 - Die Nacht der Voodoo-Queen
ihn schon einmal ausgeschaltet, und jetzt war die Wirkung doppelt so stark. Ich wartete darauf, dass Matthias zusammenbrach, aber er hielt sich noch auf den Beinen.
Sein Gesicht verzerrte sich. Wut, aber auch Angst mischten sich da. Angst wahrscheinlich nur vor seinem Chef, weil er versagt hatte.
Seine Hände fuhren hoch. Er wollte die Nadeln aus der Stirn reißen, war jedoch zu ungestüm und drückte mit den Handflächen gegen die Enden, sodass er sie noch tiefer in seinen Schädel hineintrieb.
Das war meine Chance.
Ich wollte auf Nummer sicher gehen und erst eine Silberkugel in seinen Kopf schießen, bevor ich mit der Aktivierung meines Kreuzes begann. Die Beretta glitt mir wie von allein in die Hand, während vor mir Matthias mit dem ersten Schwächeanfall zu kämpfen hatte. Er hielt sich zwar noch auf den Beinen, doch an seinen fahrigen Bewegungen erkannte ich, dass er schon nicht mehr ganz bei sich war.
Die Waffe hielt ich in der Hand. Ich musste nur abdrücken, was kein Problem war.
Es wurde trotzdem eines. Plötzlich erwischte es mich. Vor mir jagten die Flammen in die Höhe wie Speere. Von draußen her hörte ich Rufe und merkte, wie die Flammen das erfassten, was in meiner Nähe noch übrig war.
Dazu gehörte auch die Decke, die sich bewegte, wie ich mit einem Seitenblick erkannte. Sie schmolz zusammen, und ich sah, dass sie bald fallen würde.
»John, weg da!«
Ich hatte Suko brüllen hören und wusste, dass es höchste Eisenbahn war. In einer wilden Bewegung schleuderte ich herum und warf mich nach vorn.
Hinter mir krachte etwas zusammen, aber vor mir war die Rettung, die offene Tür. Durch sie hetzte ich ins Freie, gerade noch rechtzeitig, denn hinter mir stürzten jetzt die Reste zusammen und hätten mich unter sich begraben.
Es waren nicht nur die Reste. Alles, was von diesem Haus noch übrig war, brach ineinander, obwohl keine Funken in die Höhe sprühten und es so wirkte, als wäre alles zu dicker Knete geschmolzen.
Reste blieben zurück und unter ihnen ein Toter, den die Hölle gezeichnet hatte, Graham Hill.
Und Matthias?
Von ihm war nichts mehr zu sehen. Er hätte unter den Trümmern liegen müssen, woran keiner von uns glaubte. Auch wenn er eine Niederlage erlitten hatte, Luzifer selbst würde sich kulant zeigen und ihn für neue Aufgaben wappnen …
***
Im Wohnmobil der Voodoo-Queen saßen wir wenig später zusammen, und ich kam endlich dazu, mich für ihre Hilfe zu bedanken.
Sie winkte ab. »Du hättest es auch ohne mich geschafft.«
»Das ist nicht sicher. Ein mächtiger Gegner wie Luzifer hätte am Ende selbst eingegriffen, und so etwas wünsche ich nicht mal meinem ärgsten Feind. Zum Glück hat er sich diesmal auf Matthias verlassen, der es dann nicht gebracht hat.«
»Muss ich mich jetzt vor seiner Rache fürchten?«
Die Frage war berechtigt. Eine konkrete Antwort konnte ich nicht geben.
Marietta winkte ab. »Das ist jetzt auch nicht mehr wichtig. Ich werde mich in meinen Wagen setzen und weiterfahren.«
»Und wo willst du hin?«, fragte Suko.
»Die Welt ist groß. Ich kenne noch zu wenig von ihr.« Sie lächelte breit. »Und vielleicht sehen wir uns irgendwann mal wieder …«
ENDE des Zweiteilers
[1] Siehe John Sinclair Nr. 1719 »Totenmarsch«
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