1721 - Verschwunden in der Höllengruft
seinen Kopf ein wenig an, sodass ich in sein Gesicht blickte. Es war ein im ersten Augenblick normales Gesicht, aber wenn ich genauer hinschaute, stimmte das nicht mehr.
Vielleicht war der Gedanke auch verrückt, aber ich hatte den Eindruck, als hätte sich das Gesicht der Umgebung angepasst. Da war keine normale Haut mehr zu sehen, hier schien ein Feuer seine Spuren hinterlassen zu haben.
Und plötzlich stieg ein Verdacht in mir hoch. Es lag noch nicht lange zurück, da hatten wir von Jane erfahren, was Ellen Cooper in der vergangenen Nacht erlebt hatte. Ihr eigener Mann hatte sie besucht, und sie hatte ihn auch beschrieben.
Und jetzt kam es mir so vor, als stünde dieser Mann in meiner direkten Nähe.
Ich startete einen Versuch und sagte in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ: »Sie sind Simon Cooper!«
Er zuckte zusammen, aber niemand hatte ihn geschlagen. So sah ich meine Vermutung als Treffer an.
»Stimmt es?«, setzte ich nach.
»Sie – Sie – kennen mich?«
»Nein, das nicht. Aber ich habe von Ihnen gehört. Außerdem suchen wir Sie.«
»Ja, ja, das weiß ich. Es ist meine Frau, die mich sucht, ich bin ja bei ihr gewesen, man hat mich gelassen. Ich wollte Abschied von ihr nehmen. Nun bin ich wieder hier.«
»Wo hier?«
»In der Höllengruft! Ja, es ist die Höllengruft. Haben Sie das nicht gewusst?«
»Doch, man hat es mir gesagt.« Ich war froh, dass er das Thema gewechselt hatte, so musste ich ihm nicht erst erklären, dass seine Frau nicht mehr lebte.
»Und wie sind Sie hierher gekommen?«
»Das ist einfach …«
»Sagen Sie es mir.«
»Durch ihn.«
»Sie meinen Ruben Goya?«
Simon Cooper nickte. »Ja, er ist derjenige, der alles in den Händen hält, er ist die Macht. Er ist der Mensch mit den zwei Leben. Einmal so und dann auch anders.«
»Sein erstes Leben kenn ich ja. Leider weiß ich nicht, wie sein zweites aussieht. Können Sie mir da helfen?«
Er hob die Schultern.
Das war keine Antwort, mit der ich etwas anfangen konnte.
»Ja oder nein?«
»Er ist die Macht«, flüsterte Cooper. »Er hat die Macht über alles hier. Ich bin gegen ihn nur so winzig wie die Maus für einen Elefanten. Manchmal habe ich mich gefragt, ob er überhaupt noch ein Mensch ist. Er ist einfach zu stark.«
»Aha. Und wo holt er seine Stärke her?«
»Wenn Sie einen Schritt nach hinten gehen, dann wissen Sie es.«
»Ach, aus der Höllengruft?«
»Aus dem Zentrum, besser gesagt. Hinter Ihnen ist das Zentrum. Das ist die Macht.«
»Die Sie ebenfalls erleben durften.«
»Lassen Sie den Spott. Ja, ich habe sie erlebt. Ich bin dort gewesen.«
»Sie sind in die Tiefe gestiegen?«
»So ist es. Ich habe mich dazu verleiten lassen. Ich bereue es jetzt, doch es gibt kein Zurück. Ich bin auf ihn reingefallen, es war eine Zufallsbekanntschaft, doch ich muss zugeben, dass mich dieser Mensch vom ersten Augenblick an fasziniert hat. Ich geriet in seinen Bann, als er von der Potenzierung der menschlichen Stärke sprach und von einer Kraft, die es seit Urzeiten gibt. Noch weit vor der Sintflut oder dem Turmbau zu Babel.«
»Da wollten Sie die Kraft haben, denke ich.«
»Ja, das wollte ich. Es war alles so leicht, das wurde mir gesagt, und ich bin ihm gefolgt. Ich habe gedacht, dass es perfekt ist, aber ich irrte mich. Es war nicht perfekt. Da müssen Sie mich nur anschauen.«
»Ja, das sieht nicht gut aus. Sie sind so verwandelt worden, weil Sie in das Loch hinter mir gestiegen sind. Entspricht das den Tatsachen?«
»Ja.«
»Und jetzt?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich sehe aus wie ein Mensch, reagiere wie ein Mensch, aber ich bin keiner mehr.«
»Wer sind Sie dann?«
»Ein Teil von ihm. Von der anderen Seite, das hat mir Ruben Goya mitgegeben. Ich bin der Erste, andere werden folgen, und er wird immer der Chef bleiben.«
»Das habe ich verstanden. Aber was ist mit diesem Brix, den Sie bestimmt kennen.«
»Sicher.«
»Ist er auch so etwas wie Sie? Hat man ihn auch in dieses Feuer geschickt?«
»Nein!«
»Und warum nicht?«
»Er wurde als normaler Mensch gebraucht, und er ist Ruben sehr ergeben, das weiß ich.«
Ich dachte darüber nach, ob ich Simon Cooper aufklären sollte oder nicht. Das schob ich zunächst zur Seite und hob es mir für später auf.
»Wir sind ja so etwas wie Partner«, sprach ich ihn an, »und ich denke, dass Sie jetzt die Waffe wegstecken sollten. Ich schaue nicht gern in Mündungslöcher, und so ein Ding kann leicht losgehen, da reicht oft ein Reflex.«
Bisher hatte er
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