1722 - Flucht in die Finsternis
ich ganz deutlich werden soll, dann will sie unser Blut. Nicht mehr und nicht weniger.«
Beide schwiegen. Beide mussten erst ihren Schrecken überwinden, bis Suzie fragte: »Hast du denn eine Idee?«
»Ja, es gibt nur eine.«
»Und welche?«
»Ich werde John Sinclair und Suko anrufen und ihnen erklären, wo die Musik spielt …«
***
Glenda Perkins hatte uns den Frust angesehen, als wir wieder im Büro saßen. Mit einigen Sätzen erklärten wir ihr, wie es uns ergangen war, und sie nickte.
»Hilft denn ein Kaffee gegen den Frust, John?«
»Der hilft immer.«
»Ich koche ihn.«
Auch Glenda hatte der Humor verlassen. Sie gehörte zu den Eingeweihten und konnte sich vorstellen, dass wir vor einer Aufgabe standen, die nicht leicht zu lösen war.
Informationen über Olivia Peck holten wir uns von ihrem Arbeitgeber und nicht aus dem Internet. Ich bekam ihren Chef ans Telefon, der nur in den höchsten Tönen von ihr schwärmte. Sie war eine Frau, auf die man sich verlassen konnte, und in ihrem Job ging sie dorthin, wo es wehtat. Dass sie plötzlich das Weite gesucht hatte, konnte er sich nicht erklären, möglicherweise aber war der Berufsstress für sie zu groß geworden.
Ich bedankte mich für die Auskünfte und lehnte mich zurück. Olivia Peck war nicht weiter aufgefallen. Sie hatte einen normalen beruflichen Weg eingeschlagen und war dann von ihm abgekommen. Ich konnte mir vorstellen, dass Justine Cavallo dahintersteckte, doch dafür musste ich den Beweis erst noch finden.
Wo konnte man sie aufspüren?
Ob sie noch Verwandte hatte wie Eltern oder Geschwister, wusste ich nicht. Das war mir auch egal, denn ich glaubte nicht, dass sie sich dorthin zurückgezogen hatte. Die ging ihren eigenen Weg, und wie ich sie einschätzte, würde es ein blutiger werden.
Ich bedankte mich mit einem Kopfnicken, als Glenda mir den Kaffee hinstellte und mich fragte: »Lohnt es sich denn, eine Fahndung nach ihr auszurufen?«
»Das kann ich nicht sagen. Wir wissen nicht mal, wie sie aussieht.«
»Das dachte ich mir, denn sie hat auch keine Internetseite.«
»Aber sie wird nicht aufgeben, Glenda, und das bereitet schon große Sorgen, überhaupt alles, was mit der Cavallo in Verbindung steht, denn sie sehe ich immer dahinter, da kannst du sagen, was du willst. Die Cavallo ist die neue Anführerin der Halbvampire, und ich bin mir auch nicht sicher, ob sie es bei den Halbvampiren belässt und sie nicht durch das Trinken des Restbluts zu Vampiren macht.«
»Möglich«, meldete sich Suko von der anderen Seite des Schreibtisches her, »aber nicht wahrscheinlich.«
»Und warum nicht?«
»Manchmal kann es besser sein, wenn man zwei Eisen im Feuer hat.«
Dagegen war nichts zu sagen. Ich trank meinen Kaffee und sprach Suko dabei an.
»Es ist die Frage, ob sie wirklich die Flucht ergriffen hat oder nur irgendwo abwartet.«
»Worauf?«
»Dass es dunkel wird.«
Suko nickte. »Dann gehst du davon aus, dass es sich bei ihr um eine echte Blutsaugerin handelt.«
»Ja, so sehe ich das.«
Suko wiegte den Kopf. »Dann ist es vielleicht möglich, dass sie mit der Cavallo zusammen ist und sich von ihr die Befehle holt.«
»Das kann auch sein.«
Suko blies die Luft aus. »Das ist alles gut und schön, aber weiter bringt es uns auch nicht. Wir haben einfach keine Spur.«
Ich leerte die Tasse, schob sie von mir weg und sagte: »Und trotzdem glaube ich nicht, dass sie aufgegeben hat. Wer immer sie auch sein mag. Sie wird noch einiges in die Wege leiten. Davon bin ich überzeugt.«
Es brachte nicht viel, wenn wir hier lange herumredeten. Wahrscheinlich würden wir wieder dort anfangen müssen, wo wir schon gewesen waren. Eben in dieser Siedlung, denn wenn ich recht darüber nachdachte, war sie ein ideales Jagdgebiet für die Blutsauger. Die Menschen, die dort lebten, waren im Prinzip für solche Typen Freiwild.
Wieder mal meldete sich das Telefon und läutete damit ein neues Kapitel ein. Diesmal hob Suko ab, und ich hörte mit.
Der Anrufer war Jean Katanga. Und was er uns zu sagen hatte, konnte keinem gefallen. Mit leicht stockender Stimme berichtete er von seinen Erlebnissen und gab auch zu, dass er und seine Frau Angst hatten, besonders vor der Dunkelheit.
Das verstanden wir gut. Suko wollte noch wissen, ob er sich sicher war, was die Anruferin anging.
»Ja, ich kenne sie doch. Das ist Olivia Peck gewesen. Sie hat ihre Stimme nicht verstellt.«
»Okay.« Suko warf mir einen Blick zu. Seine Entscheidung hatte er längst
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